Gehaltsplus für den öffentlichen Dienst – aber wann kommt die TVöD-Auszahlung?
Mehr als 2,6 Millionen Beschäftigte im öffentlichen Dienst warten auf die Umsetzung der im April 2025 beschlossenen TVöD-Gehaltserhöhung. Die Vereinbarung sieht rückwirkend zum 1. April 2025 eine Erhöhung der Gehälter um 3,0 Prozent vor – mindestens jedoch 110 Euro. Weitere 2,8 Prozent sollen ab Mai 2026 folgen. Doch obwohl das Bundesinnenministerium für den Bund bereits grünes Licht gegeben hat, bleibt der Auszahlungstermin ungewiss. Die Umsetzung erfolgt nicht zentral, sondern liegt in der Verantwortung der einzelnen Behörden und Kommunen.
Der am 6. April 2025 in Potsdam vereinbarte Tarifabschluss ist das Ergebnis intensiver Verhandlungen zwischen der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA), dem Bund sowie den Gewerkschaften ver.di und dbb beamtenbund. Neben der TVöD-Gehaltserhöhung bringt die Tarifeinigung zahlreiche Verbesserungen: Schichtarbeitende profitieren besonders, denn die Wechselschichtzulage steigt ab Juli 2025 von 105 auf 200 Euro monatlich, die Schichtzulage von 40 auf 100 Euro. Auszubildende, Studierende und Praktikanten erhalten ab April 2025 monatlich 75 Euro mehr, ab Mai 2026 nochmals 75 Euro zusätzlich. Zudem können ab 2026 Teile der Jahressonderzahlung in bis zu drei freie Tage umgewandelt werden – ein sogenanntes „Zeit-statt-Geld“-Modell. Ab 2027 steht Beschäftigten ein zusätzlicher Urlaubstag zu.
Verzögerungen sorgen für Frust bei Beschäftigten
Trotz der klaren Regelungen kommt es bei der TVöD-Gehaltserhöhung zu erheblichen Verzögerungen. Der Grund: Die Redaktionsverhandlungen zur Ausgestaltung der Änderungstarifverträge wurden erst im Juli abgeschlossen. Wie die Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW) mitteilt, waren diese Verhandlungen notwendig, um die genauen Vertragstexte zwischen den Tarifparteien abzustimmen.
In der Praxis bedeutet das: Die mehr als 2,6 Millionen Beschäftigten in Verwaltungen, Schulen, Pflegeeinrichtungen oder im öffentlichen Nahverkehr haben bislang nichts von ihrer TVöD-Erhöhung gesehen. Die Verantwortung für die Umsetzung liegt nun bei den Personalabteilungen der Kommunen. Laut der Komba Gewerkschaft Hessen könnte die Erhöhung „im Idealfall bereits mit der Gehaltsabrechnung für den Monat August 2025 enthalten sein.“
Kommunen hinken hinterher
Während der Bund die nötigen Schritte zur Auszahlung der TVöD-Gehaltserhöhung bereits eingeleitet hat, zeigen sich viele Kommunen deutlich langsamer. Die VKA kündigte an, das notwendige Rundschreiben zur Umsetzung „in Kürze“ zu verschicken – Wochen nach dem Tarifabschluss. Damit liegt die konkrete Umsetzung der TVöD-Auszahlung bei den Städten und Gemeinden. Wie lange das dauern wird, bleibt offen.
Diese Trägheit sorgt für wachsenden Unmut. Der Thüringer Beamtenbund (tbb) spricht von einem „Schlag ins Gesicht der Beschäftigten“. Die Kritik lautet: Die Arbeitgeberseite habe die Verhandlungen absichtlich in die Länge gezogen. Die VKA wiederum sieht die Schuld bei den Gewerkschaften. Ein Info-Schreiben von Anfang Juli betont, dass die Verzögerungen durch die Tarifpartner verursacht wurden.
Verzögerte TVöD-Auszahlung sorgt für Vertrauensverlust bei öffentlichen Arbeitgebern
Die schleppende Umsetzung der TVöD-Gehaltserhöhung hat auch Folgen für das Verhältnis zwischen Beschäftigten und Arbeitgebern. „Was sich hier abspielt, ist keine Kleinigkeit – es ist eine strukturelle Geringschätzung gegenüber den Menschen, die tagtäglich unser Land am Laufen halten“, heißt es seitens des dbb. Das Vertrauen in die Zuverlässigkeit der öffentlichen Arbeitgeber hat deutlich gelitten. Die Gewerkschaften fordern mit Blick auf die kommenden Tarifverhandlungen im Bereich der Länder (TV-L) im Herbst 2025 mehr Verlässlichkeit, schnellere Umsetzungen und eine pünktliche TVöD-Auszahlung.
TVöD-Sonderzahlung: Einheitliche Regelung ab 2026
Auch bei der Jahressonderzahlung, oft als „Weihnachtsgeld“ bezeichnet, gibt es ab 2026 Veränderungen. Für Beschäftigte der allgemeinen Entgelttabelle sowie der Pflege- (Tabelle P) und Sozial- und Erziehungsdienste (Tabelle S) beträgt die TVöD-Sonderzahlung künftig 85 Prozent eines Monatsgehalts und wird kurz vor Jahresende ausgezahlt. Für die Entgeltgruppen 1 bis 8 der besonderen Teile B (Pflege bis 2025) und K (Krankenhaus) gelten 90 Prozent.
Bemessungsgrundlage ist das durchschnittliche Entgelt der Monate Juli bis September. Bei Neueinstellungen ab Oktober zählt der erste volle Beschäftigungsmonat. Fehlzeiten führen zur anteiligen Kürzung – ausgenommen Elternzeit und Mutterschutz. Eine weitere Neuerung ab 2026: Beschäftigte können freiwillig Teile der TVöD-Sonderzahlung in bis zu drei freie Tage umwandeln – ein Modell, das besonders in Zeiten des Fachkräftemangels für Flexibilität sorgen soll.
Flexible Arbeitszeitmodelle als Reaktion auf Fachkräftemangel
Neben der TVöD-Gehaltserhöhung und der vereinheitlichten Sonderzahlung enthält die Tarifeinigung auch neue Modelle für die Arbeitszeit. Ab 2026 ist es möglich, die Wochenarbeitszeit befristet auf bis zu 42 Stunden zu erhöhen – auf freiwilliger Basis. „Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels bieten wir mit diesen flexiblen Arbeitszeitmodellen attraktive Optionen für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“, betonte VKA-Präsidentin Karin Welge bereits im April.
Tariferhöhung steht, doch TVöD-Auszahlung bleibt unsicher
Unklar bleibt weiterhin, wann die TVöD-Tariferhöhung tatsächlich auf den Konten der Beschäftigten ankommt. Je nach Kommune kann dies noch Wochen dauern. Die Gewerkschaften haben darauf keinen Einfluss. Die zähen Verhandlungen und die schleppende Umsetzung zeigen, wie wichtig eine starke tarifpolitische Vertretung ist.
Die TVöD-Gehaltserhöhung ist beschlossene Sache – doch die Umsetzung hapert. Für Millionen Beschäftigte bleibt die Unsicherheit bestehen, wann sie ihr wohlverdientes Geld endlich erhalten. Die Kritik wächst, das Vertrauen sinkt. Klar ist: Wer gute Arbeit will, muss sie auch zeitnah und angemessen entlohnen.