Milliardenhilfen doch nur ein Tropfen auf den heißen Stein?
Die österreichische Regierung prahlt mit milliardenschweren Anreizen für Unternehmen, doch Medien weisen darauf hin, dass die einzige wirklich neue Maßnahme nur die Erhöhung der Investitionsbegünstigung ist.
Die österreichische Wirtschaft stagniert, die Inflation liegt bei 4,1 Prozent – weit über dem Durchschnitt des Euroraums und weit über dem Inflationsziel der EZB von zwei Prozent. Die Regierungskoalition in Wien – bestehend aus Volkspartei, Sozialisten und Neos – rühmte sich mit Maßnahmen für Unternehmen und mit einer stärkeren Attraktivität Österreichs für Investitionen. Eine genaue Analyse zeigt jedoch: Der Berg kreißte und gebar eine Maus.
Das Wirtschaftsblatt Der Standard mahnt, dass die Regierung zwar von milliardenschweren Anreizen spricht, die Detailprüfung aber ein anderes Bild offenbart. Von großen Milliardenpaketen sei keine Rede mehr – das Geld sei schlicht aufgebraucht. Beleg dafür sei auch der jüngste Vorschlag der Regierung. Statt einer Milliarde gibt es nur noch eine Viertelmilliarde. Die meisten Maßnahmen, die als neu beworben werden, sind ohnehin schon Teil des Koalitionsvertrags und im Budget der kommenden zwei Jahre enthalten. Wirklich neu ist lediglich die Erhöhung der Investitionsbegünstigung.
Deutschland liegt mit rund 2 Prozent Inflation genau im Eurozonen-Schnitt. Doch es zeigt sich keine besondere Sorge der Regierung um Kaufkraftverlust und die schwierigen Rahmenbedingungen für Unternehmen. Systematische Überlegungen oder politische Maßnahmen, um den Menschen das Leben zu erleichtern, sind nicht erkennbar.
Die Maßnahmen der österreichischen Regierung im Überblick
Nach Angaben von Der Standard und OE24 umfasst das Paket folgende Punkte:
- Investitionsbegünstigung: Neben der üblichen Abschreibung können Unternehmen künftig zusätzlich 20 Prozent der Anschaffungskosten eines neuen Wirtschaftsguts geltend machen, bei umweltfreundlichen Investitionen sogar 22 Prozent. Kosten für den Staat: 220 Millionen Euro. Die Begünstigung ist auf eine Million Euro pro Unternehmen gedeckelt – große Konzerne profitieren also kaum. Dennoch bezeichnet die Regierung dies als starken Investitionsanreiz.
- Bonus für energieintensive Unternehmen: 150 Millionen Euro in den kommenden zwei Jahren – allerdings bereits im Budget enthalten. Zudem müssen 80 Prozent dieser Subventionen reinvestiert werden.
- Senkung der Abgaben auf grüne Energie: Entlastung bei Steuern, Abgaben und Beiträgen für erneuerbare Energien.
- Mehr Wettbewerb bei Energiepreisen: Gesetzliche Bindung von Energiepreisen an das öffentliche Interesse, Einführung eines Krisenmechanismus.
- Förderung von Breitbandnetzen: 40 Millionen Euro für die Jahre 2027–2029. Wirkung erst in ferner Zukunft.
- Neuer Fonds für Start-ups: Ziel ist die Mobilisierung privater Investitionen. Details noch offen.
- Förderung älterer Arbeitnehmer: Beschäftigung von Senioren soll attraktiver werden – für Arbeitnehmer und Unternehmen.
- Mehr Befugnisse für die Wettbewerbsbehörde: Branchenuntersuchungen in Bereichen wie Energie oder Lebensmittelhandel sollen künftig wirksamere Eingriffe ermöglichen.
- Bekämpfung der „Shrinkflation“: Hersteller müssen klar kennzeichnen, wenn sie die Menge reduzieren, ohne den Preis zu senken.
- Klagen gegen Handelsunternehmen: Vorgehen gegen irreführende Rabatte und unklare Preisgestaltung.
- Maßnahmen gegen steigende Lebensmittelpreise: Bis Jahresende will die Regierung gemeinsam mit der Industrie Lösungen beschließen.
- Mietpreisdeckelung: Erstmals Eingriff auch in private Mieten – ein kontroverser Schritt, da er die Wohnungsknappheit nicht zwingend lindert und in die unternehmerische Freiheit eingreift.
Bedeutung für die deutsche Wirtschaft
Die Entwicklung in Österreich ist für Deutschland relevant. Österreich zählt zu den engsten Handelspartnern der Bundesrepublik und ist Teil derselben Währungszone. Eine dauerhaft hohe Inflation und stagnierende Wirtschaft bei den Nachbarn könnten den deutschen Export belasten, da die Kaufkraft in Österreich sinkt. Zudem signalisiert die österreichische Politik, dass selbst wohlhabendere EU-Staaten kaum noch fiskalischen Spielraum für neue Milliardenpakete haben – ein Hinweis darauf, dass auch Deutschland künftig härter priorisieren muss, wenn es um Investitionsanreize und Entlastungen geht.
Die österreichische Regierung verkauft altbekannte Maßnahmen als neue Milliardenoffensive. In Wahrheit bleibt der Spielraum begrenzt, die Inflation hoch und die Zukunftsaussichten unsicher. Österreichs Wirtschaft steht vor dem Dilemma, Investitionen ankurbeln zu wollen, ohne über die nötigen Mittel zu verfügen. Für Deutschland zeigt sich einmal mehr: Die gesamte Eurozone ringt um Stabilität – und Schönfärberei hilft dabei nicht weiter.


