Unternehmensporträt

Achenbach Buschhütten: Ein Weltmarktführer trotzt den Standortklagen

Hohe Energiepreise, Fachkräftemangel und Bürokratie prägen die Standortdebatte. Achenbach Buschhütten zeigt, wie ein Maschinenbauer in achter Generation dennoch Weltmarktführer bleibt.
03.10.2025 16:45
Lesezeit: 5 min
Achenbach Buschhütten: Ein Weltmarktführer trotzt den Standortklagen
Seit 1452 aktiv, familiengeführt in achter Generation und Weltmarktführer für Walz- und Folienschneidtechnik (Foto zu Automatisierung: Achenbach-Buschhütten).

Maschinenbauer Achenbach Buschhütten: Das Siegerland als Schmiedekammer Europas

Als Achenbach Buschhütten im 15. Jahrhundert im kleinen Ort Buschhütten im Siegerland gegründet wurde, war die Welt eine andere: Amerika sollte erst 40 Jahre später entdeckt werden, der Buchdruck steckte gerade in den Anfängen und die Erfindung der Dampfmaschine lag noch mehr als 300 Jahre in der Zukunft. Von industrieller Produktion konnte damals noch keine Rede sein - heute gilt Achenbach Buschhütten nach fast 600 Jahren als ältester noch aktiver deutscher Weltmarktführer im Maschinenbau.

Die Geschichte der Firma begann im Jahr 1452, als Reinhard von Achenbach am Ferndorfbach in Buschhütten einen Eisenhammer in Betrieb nahm. Ein Eisenhammer war im späten Mittelalter eine Schmiedewerkstatt, in der Roheisen mithilfe von wasserbetriebenen Hämmern zu Geräten wie Zangen, Pflugscharen oder Töpfen weiterverarbeitet wurde.

In dieser Zeit war es vor allem die handwerkliche Qualität, mit der sich Achenbach von anderen Eisenhämmern in der Region unterschied. Entscheidend dafür waren nach Angaben der Unternehmenschronik drei Faktoren: die enge Bindung an die Unternehmerfamilie, die Bereitschaft zur technologischen Erneuerung vom Eisenhammer zum Walzwerktechnik-Spezialisten und eine frühe Ausrichtung auf Absatzmärkte jenseits des Siegerlands.

Über die Jahrhunderte war die Firma ein fester Bestandteil der Siegerländer Eisenwirtschaft. Wasser, Holz und Eisenerz boten die natürlichen Ressourcen, die für die Verhüttung und Weiterverarbeitung von Roheisen benötigt wurden. Das bergige Siegerland, südlich von Hagen und östlich von Köln gelegen, galt seit Jahrhunderten als eines der bedeutendsten Zentren des Eisenerzbergbaus in Europa. Um 1853 waren dort rund 660 Gruben aktiv, die den Grundstoff für Hüttenwerke und Schmieden lieferten.

Diese enge Verzahnung von Rohstoffvorkommen, Handwerk und später auch mechanischer Technik schuf die Voraussetzungen, unter denen Unternehmen wie Achenbach florieren konnten. Ab der Mitte des 19. Jahrhunderts verlagerte sich der Schwerpunkt vom Hammerwerk hin zum Maschinenbau. Mit der Industrialisierung stieg Achenbach in die Walzwerktechnik ein und legte damit den Grundstein für die internationale Ausrichtung, die das Unternehmen bis heute prägt.

Vom Eisenhammer zum Maschinenbauer

Die entscheidende Zäsur erfolgte im Jahr 1846, als Carl Achenbach die Leitung des Betriebs übernahm und ihn zu einem modernen Maschinenbauunternehmen machte. Dies war nur logisch, denn die industrielle Revolution war in vollem Gange und veränderte die Produktionswelt radikal. Walzwerke, Gießereien und mechanische Fertigung verdrängten traditionelle Schmiedewerkstätten. Achenbach stellte den Betrieb auf diesen Wandel ein und spezialisierte sich früh auf den Bau von Walzwerken für Nichteisenmetalle, die später vor allem in der Aluminium- und Kupferverarbeitung zum Einsatz kamen.

Im Jahr 1872 übernahm der Ingenieur Heinrich Barten die Leitung. Damit begann die bis heute andauernde Verbindung zur Familie Barten. Er setzte den Ausbau der Walzwerktechnik konsequent fort und schuf damit die Basis für die Internationalisierung im 20. Jahrhundert. Seitdem liegt die Führung in den Händen der Familie. Über acht Generationen hinweg steuerten Bartens das Unternehmen durch Kriege, Wirtschaftskrisen sowie technologische Umbrüche. Heute leitet André E. Barten als Vertreter der achten Generation die Geschäfte.

Resilienz als genetischer Code

Ein Unternehmen, das seit fast sechs Jahrhunderten existiert, entwickelt zwangsläufig eine besondere Widerstandskraft, die bis heute anhält. 2021 betonte CEO Barten im Magazin karriereführer, Resilienz sei eine Art genetischer Code des Unternehmens. Zwei Jahre später erklärte er in der WirtschaftsWoche, Achenbach habe gelernt, Krisen nicht als Hindernis zu betrachten, sondern als Treiber für Innovation und Spezialisierung. Über fast sechs Jahrhunderte hinweg hat das Unternehmen auf Veränderungen reagiert, ohne seine Identität aufzugeben.

Marc Tenbieg, geschäftsführender Vorstand des Deutschen Mittelstands-Bunds (DMB), schrieb in einem Gastkommentar für die DWN im Februar 2024, dass Resilienz keine Floskel, sondern eine zentrale Managementaufgabe sei, die über die Zukunftsfähigkeit mittelständischer Unternehmen entscheide. „Nur wer seine Widerstandskraft aktiv gestaltet, kann auch in unsicheren Zeiten erfolgreich bleiben”, so Tenbieg. Im Fall von Achenbach Buschhütten manifestiert sich diese unternehmerische Resilienz bis heute in der konsequenten Anpassung an neue technologische Anforderungen.

Walzwerke von Achenbach für den Weltmarkt

Zwischen 1890 und 1910 erfuhr das Geschäftsfeld eine grundlegende Veränderung. Während Eisen und Stahl im Walzwerksbau an Bedeutung verloren, rückte Aluminium in den Fokus. Das Metall galt als leicht, formbar und als vielseitig einsetzbar. Es bildete die Grundlage für die aufkommende Verpackungsindustrie sowie für Anwendungen im Bauwesen. Aus diesem Grund spezialisierte sich Achenbach auf Walzwerke für Aluminium.

Die Walzwerke von Achenbach produzieren heute Aluminiumfolien mit Geschwindigkeiten von bis zu 2.000 Metern pro Minute und Dicken von 4,5 Mikrometern. Das entspricht weniger als einem Zehntel der Dicke eines menschlichen Haares. Genau diese Präzision macht die Walzwerke weltweit begehrt. Unternehmen wie der US-Konzern Novelis, Norsk Hydro aus Norwegen oder UACJ in Japan setzen auf die Technologie aus Buschhütten, um Aluminiumfolien in industriellem Maßstab zu produzieren.

Die Produkte dieser Kunden finden sich in Blisterverpackungen für Medikamente, in Kaffeekapseln, als Basis für Getränkedosen oder als Batteriefolie für Lithium-Ionen-Zellen in Elektroautos.

Laut der IHK Südwestfalen hielt Achenbach im Jahr 2023 in einzelnen Segmenten weltweit Marktanteile von über 75 Prozent. Mit eigenen Servicegesellschaften im US-Bundesstaat Ohio und im chinesischen Taicang ist das Unternehmen zudem in den wichtigen Märkten Nordamerikas und Asiens präsent.

Mit lediglich 500 bis 600 Mitarbeitern erzielt das Unternehmen Umsätze zwischen 96 und 200 Millionen Euro jährlich. Die Exportquote liegt seit Jahren konstant zwischen 85 und 87 Prozent. Und Jahr für Jahr listet das Branchenportal Hidden Champion Ranking Achenbach in seinem Verzeichnis mittelständischer Weltmarktführer. In Branchenkreisen heißt es nicht ohne Respekt, ein einziges Walzwerk von Achenbach könne in nur 15 Tagen so viel Folie produzieren, dass sie ausreichen würde, um den Äquator zu umwickeln.

Green, Lean, Digital als Unternehmensprinzip

In einem Interview mit dem Branchenmagazin Aluminium International, erklärte André E. Barten, dass Green, Lean und Digital untrennbare Facetten derselben Herausforderung seien. Nachhaltigkeit sei nur sinnvoll, wenn sie mit höherer Produktivität verbunden werde.

Das Unternehmen verfolgt das Ziel, die eigene Produktion in Kreuztal CO₂-neutral zu gestalten. Parallel dazu unterstützt es Kunden dabei, energieeffizienter und ressourcenschonender zu produzieren. Digitalisierung spielt dabei eine Schlüsselrolle: Mit der Plattform OPTILINK, ausgezeichnet 2019 vom Handelsblatt mit dem Diamond Star Award, vernetzt Achenbach Maschinen, erstellt digitale Zwillinge und ermöglicht vorausschauende Wartung.

Forschungs-Campus als Commitment zu Deutschland

Ein Beispiel für die Verbindung von Industrie und Forschung ist der Campus Buschhütten. Achenbach arbeitet dort mit der Universität Siegen und der RWTH Aachen zusammen, um KI-gestützte Produktionsprozesse zu entwickeln. Ziel ist es, Verfahren zu erproben, die später auch anderen mittelständischen Betrieben zur Verfügung stehen.

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) bezeichnete den Campus 2023 als „Vorzeigeprojekt“. Mit Fördermitteln in Höhe von 3,75 Millionen Euro entsteht dort das „Cyber Production Management Lab“, in dem Ansätze für den ganzheitlichen Einsatz von Künstlicher Intelligenz in der Fertigung untersucht werden sollen. Die vollständige Inbetriebnahme ist für Herbst 2025 vorgesehen.

Bereits im Jahr 2023 stellte Barten in der WirtschaftsWoche klar, Achenbach produziere bewusst in Deutschland, auch wenn Energiepreise, Lohnkosten und Bürokratie hoch seien. Eine Verlagerung ins Ausland sei kein Thema, solange Spezialisierung und Exportkraft die höheren Standortkosten ausgleichen. Zugleich macht das Unternehmen mit Projekten wie dem Campus Buschhütten deutlich, dass sich Hochtechnologie Made in Germany auch unter schwierigen Rahmenbedingungen im globalen Wettbewerb behaupten kann.

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