Wenn Autozulieferer fallen: Pleitewelle als Signal für Europa
Unter gewaltigem finanziellem Stress steht der US-Autozulieferer First Brands. Medien sind voller Berichte, dass er Bankrott anmelden wird. Es handelt sich um einen weiteren erstklassigen Finanzskandal, obwohl sowohl Amerika als auch Europa nach der Finanzkrise Regeln eingeführt haben, um solche Risiken zu verringern. Dennoch gibt es Unternehmen, in die Ströme von Geld fließen – und im Nachhinein wird an Ehrlichkeit und Qualität der Finanzangaben gezweifelt. Der Schaden ist immens.
First Brands produziert keine Originalteile, sondern gleichwertige Ersatzteile unter eigenen Marken. Sie stellen etwa Bremssysteme, Ölfilter oder Scheibenwischer her, die Standards für Originalteile erfüllen. Das Unternehmen ist nicht börsennotiert. Eigentümer ist Patrick James, ein malaysischer Geschäftsmann. In der Gruppe sind über 20.000 Menschen beschäftigt. In den vergangenen Jahren wuchs die Firma rasant durch Übernahmen, finanziert mit Schulden. Mit untragbaren Schulden. Gescheitert sind Investmentbanken und deren Fonds, darunter Jefferies und die UBS O’Connor aus Chicago. Die Verbindlichkeiten betragen sechs Milliarden Dollar, dazu kommen durch kreative Finanzierungen wie Factoring und Reverse Factoring mindestens weitere vier Milliarden „außerbilanzieller Schulden“. Gläubiger glauben immer weniger daran, dass die Schulden bedient und Verpflichtungen pünktlich erfüllt werden. Auch die geplante Refinanzierung unter Führung von Jefferies ist gescheitert.
Nun suchen Gläubiger Wege, wer im Rahmen des Chapter-11-Verfahrens sechs Milliarden Dollar als sogenanntes Super-Senior-Darlehen bereitstellt. Das hätte absolute Rückzahlungspriorität. Alle anderen Gläubiger würden vollständig beschnitten – ungeachtet von Sicherheiten. Dieser US-Fall unterscheidet sich zwar von den Hauptproblemen europäischer Autozulieferer. Doch die Insolvenz ist Anlass, daran zu erinnern, dass auch europäische Autozulieferer, insbesondere deutsche, in die Pleite gehen. Und es gilt, darzustellen, wie slowenische Autozulieferer überleben.
1. Was die EU-Autozulieferer bremst – fehlende Wettbewerbsfähigkeit
Europäische Zulieferer sehen sich im Vergleich zu China und den USA mit 15 bis 35 Prozent höheren Kosten konfrontiert – wegen teurer Energie, Arbeit, regulatorischer Lasten und zersplitterter Gesetzgebung. China und die USA schützen ihre Hersteller mit Subventionen, was unfaire Konkurrenz schafft, so der europäische Verband der Autozulieferer. Ohne Gegenmaßnahmen der EU sind bis 2030 bis zu 23 Prozent der europäischen Wertschöpfung bedroht – durch neue Antriebstechnologien und Abwanderung von Wertschöpfung aus Europa. Das könnte 350.000 Jobs kosten und Beschäftigung sowie gesellschaftlichen Beitrag der Branche gefährden. Gefordert wird, Strukturkosten und Bürokratie zu senken, die CO₂-Verordnung zu überprüfen und technologische Offenheit beim Klimaschutz zuzulassen. Ebenso müsse die EU lokale Produktion, Forschung, Entwicklung und Schlüsselkapazitäten schützen – nicht nur Batterien, auch Halbleiter und Software. Ähnliches forderte Anfang des Jahres auch eine Gruppe von fünf Chefs führender deutscher Autozulieferer (Bosch, Continental, Mahle, Schaeffler, ZF). In einem Brief an Kanzler Olaf Scholz warnten sie vor 50.000 verlorenen Jobs seit 2019 und weiteren Entlassungen.
2. In Deutschland wächst der Druck auf Autozulieferer
Die Zahl der Insolvenzen in Deutschland steigt. Im ersten Halbjahr stellten 12.000 Unternehmen Antrag – 12 Prozent mehr als im Vorjahr, so Destatis. Besonders betroffen: Autozulieferer. Laut Falkensteg leiden sie unter Nachfragerückgang, langsamer Umstellung auf Elektromobilität und Konkurrenz aus dem Ausland. Creditreform sieht 2024 auf Rekordkurs: In den ersten vier Monaten gingen 19 Unternehmen der Autoindustrie insolvent. 2023 waren es 34, 2022 waren es 35.
3. Deutsche Autozulieferer: Insolvenzen trafen folgende Unternehmen
- AE Group: Alugussteile für Motoren und Getriebe, 650 Jobs bedroht. Insolvenz seit August.
- Boryszew Kunststofftechnik: Plastikteile für VW & Co., 495 Jobs bedroht, Insolvenz seit Mai.
- Mürdter: Plastikteile für Innenräume, seit Oktober 2023 insolvent, 250 Jobs in Gefahr.
- Voit Automotive: Aluguss- und Metallteile für 40 Marken, 2.000 Jobs bedroht, Insolvenz seit Januar.
- Flabeg Automotive: Autoscheiben, Spiegelbeschichtungen, Ende 2023 insolvent, 180 Jobs verloren.
Recaro Automotive: Sportsitze für Porsche und Aston Martin, 2023 insolvent, inzwischen von Proma Group übernommen.


