Politik

Argentinien: Milei feiert überraschenden Erfolg bei Kongresswahl

Trotz Korruptionsskandalen und wirtschaftlicher Schwächen hat Argentiniens ultraliberaler Präsident Javier Milei bei den Zwischenwahlen zum Kongress einen unerwarteten Triumph erzielt. Seine Partei „La Libertad Avanza“ kam auf rund 40 Prozent der Stimmen und erhält damit neuen Rückenwind für ihr radikales Reformprogramm. Die linke Opposition landete knapp dahinter bei 32 Prozent, bei einer Wahlbeteiligung von 68 Prozent.
27.10.2025 15:11
Lesezeit: 2 min
Argentinien: Milei feiert überraschenden Erfolg bei Kongresswahl
Argentiniens Präsident Javier Milei reagiert nach Schließung der Wahllokale bei der Parlamentswahl (Foto: dpa). Foto: Rodrigo Abd

„Heute ist ein historischer Tag. Das argentinische Volk lässt den Verfall hinter sich und entscheidet sich für den Fortschritt“, sagte Milei vor seinen Anhängern. „Heute beginnt der Aufbau des großen Argentiniens.“ Er kündigte an, seine Reformagenda fortzuführen und rief die Gouverneure der Provinzen zur Zusammenarbeit auf.

Stimmungstest für Mileis Präsidentschaft

Die Abstimmung, bei der die Hälfte der Abgeordnetenkammer und ein Drittel des Senats neu besetzt wurden, galt zur Halbzeit von Mileis Präsidentschaft auch als Stimmungstest. Mit seiner harten Sparpolitik ist es ihm zwar gelungen, den Haushalt auszugleichen und die Inflationsrate zu senken. Doch der erhoffte wirtschaftliche Aufschwung blieb bislang aus.

Bisher hatte Milei in der Abgeordnetenkammer und im Senat nur wenige Abgeordnete seiner Partei gehabt. Zuletzt regierte er weitgehend mit Dekreten, aber immer wieder wurden seine Gesetzesinitiativen im Kongress gestoppt. So ist Mileis ambitionierte Reformagenda ins Stocken geraten.

Milei baut Unterstützung im Kongress aus

Mit dem Ergebnis vom Sonntag könnte Milei gemeinsam mit seinen Verbündeten im Kongress zumindest auf ein Drittel der Mandate kommen. Damit wäre das erforderliche Quorum erreicht, um sein präsidentielles Veto gegen Parlamentsbeschlüsse zu verteidigen. Er kann die Abstimmung zudem als Auftrag verstehen, die Liberalisierung des Landes weiter voranzutreiben.

Das gute Wahlergebnis dürfte auch Mileis Verbündete in Washington beruhigen. Über einen Währungstausch in Höhe von 20 Milliarden US-Dollar verschaffte die US-Regierung dem hoch verschuldeten Land zuletzt zusätzliche Liquidität. In einem ungewöhnlichen Schritt kaufte das Finanzministerium in Washington zudem im großen Stil Pesos auf, um den Kurs der argentinischen Landeswährung zu stützen.

US-Finanzhilfen hängen vom Wahlerfolg ab

US-Präsident Donald Trump machte seine Hilfe für Argentinien vom Wahlsieg Mileis bei den Zwischenwahlen abhängig. „Wenn er verliert, werden wir nicht mehr großzügig sein“, sagte Trump jüngst bei einem Besuch Mileis im Weißen Haus. Jetzt hat der Argentinier erst einmal geliefert - und Trump zeigte sich erfreut. „Herzlichen Glückwunsch an Präsident Javier Milei zu seinem Erdrutschsieg in Argentinien“, schrieb er auf seiner Plattform Truth Social. „Er leistet hervorragende Arbeit! Unser Vertrauen in ihn wurde vom argentinischen Volk bestätigt.“

Milei bedankte sich bei seinem Unterstützer: „Sie sind ein großer Freund der Republik Argentinien“, antwortete er Trump auf X, „unsere Nationen hätten niemals aufhören dürfen, Verbündete zu sein.“

Die tieferliegenden Probleme von Südamerikas zweitgrößter Volkswirtschaft bleiben. Trotz anfänglicher Erfolge von Mileis Reformkurs springt die Wirtschaft nicht so recht an. Viele Menschen haben ihren Arbeitsplatz verloren, Investoren halten sich angesichts der unsicheren Lage zurück. Die Industrieproduktion ist wegen der schlechten Wettbewerbsfähigkeit und billiger Importe eingebrochen, die Inflationsrate liegt noch immer bei über 30 Prozent im Jahr. Argentinien ist außerdem mit über 300 Milliarden US-Dollar im Ausland verschuldet.

Korruptionsskandale kratzen an Mileis Image

Zudem kratzen mehrere Korruptionsskandale in Mileis Umfeld an seinem Image als unabhängiger Politrebell, der ganz anders sein will als das Establishment des südamerikanischen Landes. Milei selbst bewarb zudem auf der Plattform X die Krypto-Währung $LIBRA, kurz danach verkauften die Initiatoren ihre Anteile, der Wert brach ein und Anleger verloren schätzungsweise 200 Millionen US-Dollar.

Seiner Schwester und wichtigsten politischen Beraterin, Karina Milei, wird vorgeworfen, bei Pharmabestellungen der öffentlichen Hand für Behinderte Schmiergelder verlangt zu haben. Sie weist die Vorwürfe zurück. Kurz vor der Wahl stieg auch noch Mileis Spitzenkandidat in der Provinz Buenos Aires, José Luis Espert, aus dem Rennen aus. Zuvor war bekanntgeworden, dass Espert 200.000 US-Dollar Berater-Honorar von einem Unternehmer kassiert hatte, der in den USA wegen Drogenhandels gesucht wird.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN-Wochenrückblick

Weniger E-Mails, mehr Substanz: Der DWN-Wochenrückblick liefert 1x/Woche die wichtigsten Themen kompakt und Podcast. Für alle, deren Postfach überläuft.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Hoffnung auf den Aufschwung: Kann 2026 die Wirtschaftswende bringen?
27.12.2025

Nach mehreren Jahren der Stagnation und anhaltend schlechter Stimmung in vielen Branchen richtet sich der Blick der deutschen Wirtschaft...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Handelspolitik ist von Unsicherheit geprägt: Experten erwarten weniger Investitionen
27.12.2025

Die Unsicherheiten in der Handelspolitik lassen die Investitionen schrumpfen und führen zu Wachstumsverlusten. Zölle schaden der...

DWN
Finanzen
Finanzen KI-Blase: Warum der Hype um die Nvidia und Co. gefährlich werden könnte
27.12.2025

Die weltweite Euphorie rund um künstliche Intelligenz treibt Aktien wie Nvidia und Microsoft in immer neue Höhen und heizt die Diskussion...

DWN
Finanzen
Finanzen Inflationskrise USA: Warum 2026 zum gefährlichsten Jahr werden könnte
26.12.2025

Die Warnung eines führenden Ökonomen zeichnet ein düsteres Bild für die USA. Die Rückkehr einer hartnäckigen Inflationswelle könnte...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Familienunternehmen Voelkel: Mit Ingwer-Shots zur größten Bio-Safterei der Welt
26.12.2025

Voelkel ist bekannt für seine Obst- und Gemüsesäfte aus biologischem Anbau. Stefan Voelkel leitet das Unternehmen in dritter Generation...

DWN
Technologie
Technologie Autonomes Fahren: Bolt bringt chinesische Technologie nach Europa
26.12.2025

Europa erlebt eine neue Phase im Wettbewerb um autonome Mobilität, da chinesische Technologieanbieter zunehmend mit großen...

DWN
Panorama
Panorama Die spektakulärsten Weihnachtsbäume weltweit: Wenn Tradition zur Show wird
26.12.2025

Lichtermeere, Rekordhöhen und ungewöhnliche Kulissen: Rund um den Globus werden Weihnachtsbäume zu echten Spektakeln. Von italienischen...

DWN
Immobilien
Immobilien The Line: Saudi Arabiens hochgestapelte Megacity quer durch die Wüste
26.12.2025

Eines der wohl ambitioniertesten und innovativsten Infrastrukturprojekte unserer Zeit ist The Line. Die von Saudi-Arabien geplante...