Rentenpaket: Höhere Leistungen für Rentner, Mütter und arbeitende Senioren
Der Streit um die Rentenpolitik in der Koalition geht im Bundestag in die entscheidende Runde. Worum geht es für Rentnerinnen und Rentner – und welche Folgen hat es für Beitrags- und Steuerzahler?
Nach wochenlangen Auseinandersetzungen will die Koalition heute das Rentenpaket im Bundestag verabschieden. Nach 13 Uhr dürfte feststehen, ob das umstrittene Gesetz für ein dauerhaft stabiles Rentenniveau und die ausgeweitete Mütterrente eine Mehrheit findet. Unmittelbar danach stimmen die Abgeordneten noch über eine Reform der Betriebsrenten sowie über die sogenannte Aktivrente ab. Was bedeutet dieses Rentenpaket konkret für die Menschen in Deutschland?
Haltelinie sorgt für 420 Euro mehr
Ein Rentenniveau von 48 Prozent bis 2031 – das ist der unstrittige Kern des zentralen Rentengesetzes, über das heute entschieden wird. Beim Rentenniveau wird eine Standardrente ins Verhältnis zum Durchschnittseinkommen gesetzt. Fällt der Wert, steigen die Renten bei der jährlichen Rentenanpassung im Sommer weniger stark als die Löhne. Seit 2019 ist das Niveau gesetzlich abgesichert, doch die Haltelinie endet Ende dieses Jahres. Deshalb soll sie verlängert werden. Rentnerinnen und Rentner sollen damit weiter Erhöhungen im Gleichschritt mit der Lohnentwicklung erhalten. Mit dem Rentenpaket soll diese Sicherung fortgeführt werden.
Ohne eine solche Haltelinie würde das Rentenniveau sinken, weil immer mehr Babyboomer vom Einzahler zum Rentner werden – bis 2031 voraussichtlich um rund einen Prozentpunkt auf 47 Prozent. Das Arbeitsministerium rechnet vor: Wird das Niveau bei 48 Prozent stabil gehalten, liegt zum 1. Juli 2031 eine Rente von beispielsweise 1.500 Euro um etwa 35 Euro pro Monat höher. Das ergibt ein Plus von 420 Euro im Jahr.
Für jene rund 52 Prozent der Seniorinnen und Senioren, die im Alter ausschließlich Einkommen aus der gesetzlichen Rentenversicherung beziehen, sind Rentenniveau und Rentenhöhe besonders wichtig. In Ostdeutschland betrifft das sogar rund 74 Prozent der Älteren.
Junge Gruppe bleibt der Knackpunkt
Die Junge Gruppe der Unionsfraktion hatte mit Ablehnung des Gesetzes gedroht. Ihr Kritikpunkt: Das Rentenniveau soll auch nach 2031 um rund einen Prozentpunkt höher liegen als im geltenden Recht. Damit würden die Renten später nicht so rasch absinken, wie es die Demografie mit immer mehr Älteren nahelegen würde. Nach dieser Projektion könnte die Niveaumarke 2035 noch 46,7 und fünf Jahre später 46 Prozent betragen. Die Junge Gruppe rechnet mit bis zu 15 Milliarden Euro jährlich, die dann die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler über Bundesmittel zusätzlich für die Rente aufbringen müssten. Junge-Union-Chef Johannes Winkel bezifferte die Folgekosten auf aufsummiert 120 Milliarden Euro – das dürfe "auf keinen Fall so kommen".
Rentenpaket: So entwickeln sich die Beiträge
Durch steigende Beschäftigtenzahlen und höhere Einkommen in Deutschland sind die Rentenbeiträge seit 2018 stabil. Zu zahlen sind 18,6 Prozent des Bruttolohns, jeweils zur Hälfte von Arbeitgebern und Beschäftigten getragen, und zwar bis zur Beitragsbemessungsgrenze. Rentenpräsidentin Gundula Roßbach wies schon vor einiger Zeit darauf hin: "Ende der 1990er Jahre war der Beitragssatz schon höher als der jetzt für 2030 prognostizierte." Damals lag er bei 20,3 Prozent. Nun soll der Beitragssatz erstmals 2027 steigen, 2030 die 20-Prozent-Marke erreichen und 2040 bei 21,4 Prozent liegen.
Schwerpunkte neben der gesetzlichen Rente
Angesichts wachsender demografischer Belastungen für die Rentenkasse sollen Betriebsrenten stärker verbreitet werden – besonders in kleineren Unternehmen und für Beschäftigte mit niedrigen Einkommen. Auch dafür soll heute ein eigenes Rentengesetz verabschiedet werden. Rund 18 Millionen Beschäftigte haben eine Betriebsrentenanwartschaft, das entspricht 52 Prozent der Beschäftigten.
Neben gesetzlicher und betrieblicher Vorsorge gibt es als dritten Pfeiler die private Absicherung. Die heutigen Riester-Renten sollen deutlich gestärkt werden – mit einem neuen, besseren Modell, einem "neuen Vorsorgeprodukt", wie es im Koalitionsvertrag heißt. Mehr Geringverdienende als bisher sollen dadurch vorsorgen können, unterstützt durch eine einfachere staatliche Förderung. Dieses Vorhaben wird jedoch erst im kommenden Jahr angegangen.
"Gerechtigkeitslücke schließen": Mütterrente und Aktivrente
Zur Abstimmung steht zudem die von der CSU vorangetriebene Ausweitung der Mütterrente. Kindererziehungszeiten, die für die Rente zählen, sollen für vor 1992 geborene Kinder um weitere sechs Monate auf drei Jahre verlängert werden. "Deshalb soll diese Gerechtigkeitslücke ab 1. Januar 2027 geschlossen und die Erziehungsleistung von Müttern oder Vätern in den ersten drei Lebensjahren jedes Kindes, unabhängig vom Geburtsjahr, gleichermaßen gewürdigt", erläutert das Arbeitsministerium.
Mit grünem Licht aus dem Bundestag heute und ab 1. Januar soll außerdem das Weiterarbeiten über das reguläre Rentenalter hinaus attraktiver werden. Wer nach Erreichen des Rentenalters weiterarbeitet, soll ab kommendem Jahr bis zu 2.000 Euro im Monat steuerfrei verdienen können. Durch die Änderung im Einkommensteuergesetz sollen Rentnerinnen und Rentner mit bis zu 890 Millionen Euro jährlich entlastet werden. Die Aktivrente geht auf eine CDU-Idee zurück.
Rentenpolitische Zukunftsmusik: Frühstartrente ist angekündigt
Für die Zeit nach den aktuellen Regelungen ist außerdem die sogenannte Frühstartrente vorgesehen. Jedes Kind, das eine Bildungseinrichtung besucht, soll vom 6. bis zum 18. Lebensjahr monatlich zehn Euro erhalten. Ein Gesetzgebungsverfahren dazu steht noch aus. Ab 18 soll das Geld bis zur Rente privat weiter günstig bespart werden können.
Voraussichtlich in knapp zwei Wochen soll eine Rentenkommission eingesetzt werden. Dort sollen Wissenschaft sowie Politikerinnen und Politiker vertreten sein – ausdrücklich auch die junge Generation, wie es die Koalitionsspitzen versprochen haben. Bis Mitte 2026 sollen Vorschläge vorliegen, die anschließend rasch in ein Gesetzgebungsverfahren münden sollen. Das Rentenpaket ist damit nur ein Schritt in einer längeren Reformdebatte.
In der Rentenkommission sollen außerdem Punkte diskutiert werden, die für Union oder SPD bislang Tabus sind: eine weitere Verlängerung der Lebensarbeitszeit über 67 hinaus für gesetzlich Versicherte und die Einbeziehung zusätzlicher Gruppen in die gesetzliche Rente, wozu Beamtinnen und Beamte zählen könnten. Zudem soll die Kommission auf kosten- und rentendämpfende Maßnahmen hinarbeiten, auf einen Faktor, der ein ungünstigeres Verhältnis von Einzahlenden und Rentnern wieder stärker berücksichtigt, sowie auf einen, der Belastungen aus der Niveausicherung ausgleicht.
Während die Junge Gruppe bereits wenig Vertrauen in den Reformwillen der SPD äußerte, versprechen die Sozialdemokraten, die Reformen entschlossen und offen anzugehen.

