Geld verliert sein einziges Fundament: Vertrauen
Möchten Sie wissen, warum Ihre Ersparnisse immer weniger wert sind? Oder warum Sie sich mit ihnen immer weniger leisten können? Es geht nicht nur um steigende Preise. Es geht um eine gezielte Politik der Aushöhlung des Geldwertes, die von politischen Entscheidungsträgern betrieben wird, um sich aus den immer weniger tragbaren Lasten eigener Schulden und unverantwortlicher Politik zu befreien. Ist der Ausdruck der legalisierten Enteignung, wie ihn viele verwenden, zu hart. Entscheiden Sie selbst.
„Wir sind an einem Punkt angelangt, an dem das globale Geldsystem ein großes Problem hat. Das System, das die meisten Menschen kennen und verstehen, ist eine Anomalie. In seinem Zentrum steht kein hartes Geld. Geld ist ohne Deckung, und das Vertrauen in dieses Geld schwindet zunehmend“, sagt Grant Williams, langjähriger britischer Finanzexperte, Investor und Publizist. „Ich denke, dass das Vertrauen auf der Ebene der Zentralbankpolitik bereits verschwunden ist und auf gesellschaftlicher Ebene gerade dabei ist zu verschwinden. Und wenn das Vertrauen verschwindet, kommt es zu schweren Störungen. Nicht nur im Geldsystem, sondern auch im gesellschaftlichen Vertrag auf der Straße. Das haben wir in der Geschichte bereits mehrfach gesehen“, fügt er hinzu.
Geld, das ausschließlich vom Vertrauen lebt
Das heutige Geldsystem, wie wir es in Euro, Dollar, Pfund oder Franken kennen, wird als Fiat-Geldsystem bezeichnet. Das Wort Fiat bedeutet auf Lateinisch „es werde“. Eine vollständig ungedeckte Form dieses Systems gilt seit dem Nixon-Dekret vor gut einem halben Jahrhundert. Die Währung im Fiat-Geldsystem hat ihren Wert also nicht deshalb, weil sie durch Gold oder andere physische Güter gedeckt wäre, sondern weil der Staat sie zum gesetzlichen Zahlungsmittel erklärt und weil Menschen darauf vertrauen, dass andere sie im Austausch gegen Waren, Dienstleistungen oder zur Begleichung von Schulden akzeptieren. Für das Funktionieren dieses Systems ist Vertrauen zwingend notwendig. Jede Erosion dieses Vertrauens stellt daher eine ernsthafte Gefahr dar.
Im Folgenden werden einige der wichtigsten aktuellen Ursachen für den Vertrauensverlust in Fiat-Geld genannt:
1. Die strukturelle Erosion der Kaufkraft
Chronische monetäre Inflation und eine Politik permanenter Ausnahmezustände sind zum Markenzeichen des heutigen Fiat-Systems geworden. Große Zentralbanken zielen offen auf positive Inflation ab und haben die massive Ausweitung ihrer Bilanzen durch quantitative Lockerung, langfristige Refinanzierungsgeschäfte und ähnliche Instrumente normalisiert. Bei jeder Krise, zuletzt seit 2008 über die Pandemie bis zu den Energieschocks, werden die realen Zinsen erneut gesenkt.
Mit der Zeit verinnerlichen Haushalte und Investoren die Botschaft, dass jedes Problem mit neuer Liquidität gelöst wird. Da die Preise von Wertaufbewahrungsmitteln, Immobilien, Aktien und Alltagsgütern immer schneller den Löhnen und Ersparnissen davonlaufen, erscheint Bargeld zunehmend als ein Geld, das für den Wertverlust konzipiert ist. Die Geldentwertung ist damit eine eingebaute Funktion des Systems und kein Fehler.
Einige Beispiele für den Verlust der Kaufkraft des Geldes: Bei Einführung des Euro-Bargeldes vor fast 14 Jahren konnten mit 100 Euro fast zehn Gramm Gold gekauft werden. Heute erhält man für denselben Geldschein weniger als 0,9 Gramm. Weniger dramatisch, aber immer noch erheblich, war in diesem Zeitraum die Geldentwertung im Vergleich zum Preis des Verbraucherwarenkorbs. Mit derselben Menge Euro lassen sich heute nur noch rund 60 Prozent des Warenkorbs von 2002 erwerben.
Die Politik der Geldentwertung reicht allerdings deutlich weiter zurück als nur bis in die frühen siebziger Jahre. Der heutige Dollar kann nur noch etwa drei Prozent der Güter kaufen, die ein Dollar im Jahr 1913 erwerben konnte. Das entspricht einem Kaufkraftverlust von rund 97 Prozent im Zeitraum des Fiat-Geldsystems.
2. Die stille Kollektivierung fiskalischer Risiken
Fiskalische Dominanz und nicht tragfähige Staatsschulden verändern das Fiat-Geldsystem schleichend. Bei bereits angespannten Schuldenständen haben Politiker in der Praxis drei Optionen. Schuldenschnitte, schmerzhafte Ausgabenkürzungen oder Inflation in Kombination mit finanzieller Repression. Die dritte Option ist politisch mit Abstand am wenigsten schmerzhaft. Wenn Menschen erkennen, dass Zentralbanken faktisch in den Rahmen der Tragfähigkeit öffentlicher Finanzen gezwungen sind, beginnen sie zu zweifeln, ob Preisstabilität tatsächlich oberste Priorität bleibt. Anhaltende Defizite, versteckte Verpflichtungen in Renten- und Gesundheitssystemen sowie wiederkehrende Rettungspakete verstärken den Verdacht, dass künftige Inflation und Geldentwertung der stille Weg zur Lösung fiskalischer Probleme sein werden. Auf Kosten der Sparer.
3. Die Angst vor politischem Missbrauch des Geldsystems
Die zunehmende Politisierung und Militarisierung des Geldsystems ist ein weiterer Schlag gegen das Vertrauen in Fiat-Geld. Das Einfrieren von Reserven, umfassende Sanktionen, Blockaden von Bankkonten, immer invasivere KYC- und AML-Regime sowie die Möglichkeit hochgradig programmierbarer digitaler Zentralbankwährungen senden eine klare Botschaft. Der Zugang zu Ihrem Geld hängt im Extremfall von politischen Entscheidungen ab. Bei Sparern weckt dies die Angst vor künftigen Kapitalverkehrskontrollen, der Übertragung von Bankenverlusten auf Aktionäre und Gläubiger, Sondersteuern auf Gewinne oder sogar gezielten Einschränkungen dessen, was überhaupt gekauft werden darf. Wenn Geld zunehmend nicht mehr als neutraler Wertaufbewahrer und Tauschmittel wahrgenommen wird, sondern als Hebel wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Steuerung, beginnt das Vertrauen zu zerbröckeln. Die Suche nach externem Geld, von Gold bis Bitcoin und anderen realen Vermögenswerten, beschleunigt sich nahezu zwangsläufig.
Zu den weiteren Faktoren, die das Vertrauen der Menschen in das Geldsystem untergraben, zählen negative reale Zinsen auf Einlagen und finanzielle Repression, die Vorsicht bestraft und Menschen in riskantere Anlagen zwingt, nur um Vermögen zu erhalten. Hinzu kommen wiederkehrende Bankenkrisen, Fälle des eingeschränkten Zugangs zu eigenen Ersparnissen sowie Vermögensblasen, die systematisch Eigentümer von Vermögenswerten und Personen mit Zugang zu Insiderinformationen bevorzugen. Auch dies untergräbt die gesellschaftliche Legitimität des Systems.
Kann finanzielle Repression den entgleisten Schuldenzug stoppen?
Nach aktuellen OECD-Daten lag das Verhältnis der Gesamtverschuldung aller Mitgliedstaaten zu ihrem Bruttoinlandsprodukt im Jahr 2007 bei 43 Prozent. Bis dieses Jahr wird es nach Schätzung der Organisation bei rund 85 Prozent liegen. Die Verschuldung hat sich damit innerhalb von 18 Jahren verdoppelt. „Haushaltsdefizite wie jene in den USA oder in Frankreich, ohne ernsthafte Absichten, sie zu begrenzen, machen wenig Hoffnung“, warnte William White, ehemaliger Chefökonom der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich und früherer Vizegouverneur der Bank of Canada, in einem Interview mit dem Portal Reinvent Money.
Er sagt, dass zur Lösung dieser Situation nur schlechte und noch schmerzhaftere Alternativen zur Verfügung stehen. Dazu gehören Kürzungen der Endnachfrage, um Mittel im Zuge struktureller Reformen in Investitionen umzuleiten, gegenseitige Schuldenschnitte, die zahlreiche Pensionsfonds, Versicherungen und andere Gläubiger treffen würden, das Zulassen noch höherer Inflation, die sich über Inflationserwartungen rasch zu Hyperinflation entwickeln kann, sowie finanzielle Repression.
Nach Whites Einschätzung steht uns in den kommenden Jahren eine Kombination all dieser Optionen bevor, mit Schwerpunkt auf finanzieller Repression. Staaten und Währungsräume werden ähnlich wie nach dem Zweiten Weltkrieg voraussichtlich höhere Inflation zulassen, zwischen vier und sechs Prozent, während sie gleichzeitig durch Regulierung und makroprudenzielle Instrumente künstlich niedrige nominale Zinsen aufrechterhalten. Banken, Versicherungen und Pensionsfonds werden gezwungen, Staatsanleihen zu kaufen. Mit der Zeit wird so der reale Wert der Staatsschulden untergraben, ergänzt durch selektive Schuldenschnitte, Kapitalverkehrskontrollen und weitere Eingriffe, bis das System ausreichend stabil ist, um zu normaleren monetären und fiskalischen Arrangements zurückzukehren.
Der Wettbewerb der Währungsabwertung wird sich fortsetzen…
Ein Teil der Schulden wird abgeschrieben. Die Inflation wird steigen. Zentralbanken, die politischem Druck nur begrenzt standhalten können, werden die Renditekurven von Anleihen kontrollieren. Kapitalströme werden voraussichtlich stärker reguliert. Das Misstrauen der Bevölkerung wird die Inflation weiter anheizen. Es bleibt nur zu hoffen, so White, dass dies nicht ein Ausmaß erreicht, bei dem die Behörden die Kontrolle verlieren.
Welcher Ausgang ist realistisch zu erwarten? Der kanadische Ökonom sagt, das System sei zu komplex, um seinen Nachfolger vorhersagen zu können. Ein neues Bretton-Woods-System, bei dem Chinesen, Russen, Amerikaner und Europäer gemeinsam einen neuen Vertrag schließen, hält er für unwahrscheinlich. Wahrscheinlicher sei ein Wettbewerb der verschuldeten Währungsräume um Abwertung. China zur Stärkung seiner Exportwettbewerbsfähigkeit und zur Vermeidung von Deflation. Die USA zur Lösung ihres strukturellen Defizits. Das Schuldenproblem werde im Hintergrund bestehen bleiben und das Vertrauen weiter untergraben. Oder wie es der schottische Ökonom Russell Napier formuliert: Es entsteht ein Nationalkapitalismus. Ein kapitalistisches System, in dem Kapital jedoch strikt national kontrolliert wird, um politische Ziele zu erreichen.
…und mit ihm der Wettlauf um die Akkumulation knapper Güter
Im weiteren Verlauf der systematischen globalen Geldentwertung ist zu erwarten, dass Wertaufbewahrungsmittel langfristig im Fokus all jener bleiben, die sich der Erosion ihrer Ersparnisse entziehen wollen. Dazu zählen teilweise Aktien, deren Wert zumindest der Inflation folgt. Vor allem aber Immobilien, Edelmetalle an der Spitze mit Gold sowie Bitcoin, dessen algorithmisches Design eine maximale Menge von 21 Millionen Einheiten fest verankert.
Interessant ist die Entwicklung der realen Wertentwicklung einer Anlage über die letzten 24 Jahre, also seit Einführung des Euro-Bargelds bis heute, gemessen in Gold. Wer am ersten Arbeitstag des Jahres 2002 hundert Euro auf ein Bankkonto einzahlte und dort beließ, verlor gemessen in Gold mehr als 90 Prozent der realen Kaufkraft. Weniger schlecht erging es diesem Betrag bei einer Anlage an der Börse in Ljubljana oder New York. Trotz ordentlicher nominaler Kursgewinne ging gemessen in Gold rund 40 Prozent des Wertes verloren. Deutlich schlechter schnitt eine Anlage im europäischen Aktienindex Stoxx 600 ab. Sie verlor über 80 Prozent ihres realen Wertes in Gold.
Als bemerkenswerte Randnotiz gilt, dass sich der Goldpreis in den letzten 24 Jahren nominal um das 15-Fache erhöht hat, auch oder gerade aufgrund der Käufe chinesischer, russischer und anderer Zentralbanken außerhalb der amerikanischen Einflusssphäre. Im selben Zeitraum verzehnfachte sich die Bilanzsumme der US-Notenbank, während jene der Europäischen Zentralbank um das 7,5-Fache wuchs. „Wenn wir einige Extrapolationen vornehmen und davon ausgehen, dass der reale Wert der US-Staatsverschuldung in Gold konstant bleibt, dann zeigt der stark steigende Schuldenstand, dass Gold Mitte der dreißiger Jahre die Marke von 10.000 Dollar je Unze überschreiten wird. Bis 2050 wird eine Unze, lange nach meinem Tod, 25.000 Dollar wert sein“, prognostiziert Michael Howell, einer der führenden Experten für Liquidität im Geldsystem und Zentralbankpolitik von CrossBorder Capital in London. Gold werde daher letztlich erneut zum Anker des Finanzsystems werden, wie es dies über weite Teile der Geschichte gewesen sei. Zunächst zur Stabilisierung, danach zum Aufbau eines neuen Systems, so Grant Williams.
Die Geldentwertung ist kein kurzfristiges Phänomen, sondern eine strukturelle Eigenschaft des heutigen Geldsystems. Vertrauen wird systematisch untergraben. In diesem Umfeld gewinnen knappe, nicht beliebig vermehrbare Werte an Bedeutung. Gold und Bitcoin stehen exemplarisch für diese Entwicklung. Wer Kaufkraft erhalten will, muss verstehen, dass Geldentwertung kein Unfall ist, sondern politische Realität.

