Deutschland

Deutsches BIP wächst durch Drogen und Zigaretten-Schmuggel

Aufgrund neuer EU-Regeln erhöht sich das deutsche BIP um rund 3 Prozent. Denn nun fließen auch der illegale Handel mit Drogen und der Zigaretten-Schmuggel in die Statistik ein. Dies führt zumindest optisch zu einer deutlichen Reduzierung der Staatsschuldenquote.
01.10.2014 00:17
Lesezeit: 2 min

Im September sind die neuen EU-Regeln für die Berechnung des Bruttoinlandsprodukts verbindlich in Kraft getreten. Danach müssen die Statistikbehörden der Mitgliedsstaaten auch Aktivitäten wie Prostitution und den illegalen Handel mit Drogen und Tabak in ihre Berechnungen einfließen lassen.

Durch die Umstellung in der Statistik steigt das nominelle BIP in Deutschland nun um rund 3 Prozent. Im EU-Schnitt rechnet die europäische Statistikbehörde Eurostat mit einem BIP-Anstieg von 2 bis 3 Prozent.

Die Hauptursache für die statistische Erhöhung des BIP ist die Behandlung von Ausgaben für Forschung und Entwicklung als Investitionen. Sie ist laut dem Statistischem Bundesamt für etwa 70 Prozent des Gesamteffekts verantwortlich.

Doch auch etwa die Buchung militärischer Waffensysteme als Investitionen und die Erfassung von Drogenproduktion, Drogenhandel und Zigarettenschmuggel steigern das BIP um je rund 0,1 Prozent, so das Statistische Bundesamt. Es begründet die Einbeziehung illegaler Aktivitäten damit, dass BIP-Werte international vergleichbar sein müssten.

„Würden Produktionsaktivitäten, die in einem Land illegal und in einem anderen legal sind, sich unterschiedlich im jeweiligen BIP niederschlagen, wären die BIP-Angaben nicht vergleichbar. Wenn das BIP international vergleichbar sein soll, müssen also klare Regeln gelten.“

Die Statistiker schätzen den Umfang der Drogengeschäfte auf der Grundlage der hochgerechneten Zahl der Drogenkonsumenten. Dazu nutzen sie die Ergebnisse der „Repräsentativerhebung zum Gebrauch und Missbrauch psychoaktiver Substanzen“ vom Institut für Therapieforschung in München.

„Von dieser Vorgehensweise unterscheidet sich nur die Schätzung für Heroin, da die Konsumenten dieser Droge für Befragungen schwer zugänglich sind. Für Heroin wird die Konsumentenzahl daher aufgrund von Behandlungszahlen, Polizeikontakten und Drogentodesfällen abgeleitet.“

Aus Konsumentenzahl und dem geschätzten Konsum ergibt sich die gesamte Konsummenge. Davon ausgehend schätzen die Statistiker die Importmenge.

„Bewertet mit Großhandelspreisen ergibt sich daraus der Importwert. Produktion und Streckungsfaktoren werden auf Basis frei zugänglicher Literaturquellen geschätzt. Diese lassen den Schluss zu, dass Heroin und Kokain nicht in Deutschland produziert werden und Ecstasy sowie Amphetamine nur in sehr geringem Umfang in Deutschland hergestellt werden.“

Cannabiskraut wird zu einem beträchtlichen Teil in Deutschland produziert, es ist jedoch daneben auch von einem hohen Importanteil auszugehen. Aus den Konsumausgaben abzüglich des Importwerts errechnet sich der Produktionswert. Dieser ist um die Vorleistungen zu reduzieren, um schließlich die Bruttowertschöpfung zu ermitteln, die aus der Drogenproduktion und dem Drogenhandel resultiert.“

Die Schätzung des Zigarettenschmuggels basiert auf einer Abfallstudie der Zigarettenindustrie. Dabei werden entsorgte Zigarettenschachteln hinsichtlich ihrer Steuerzeichen analysiert.

Dafür werden in rund 22 repräsentativ ausgewählten Entsorgungsgebieten der Dualen Systeme jeden Monat insgesamt mindestens 12.000 Zigarettenschachteln gesammelt und vom Marktforschungsinstitut Ipsos ausgewertet.

Im Gegensatz zu Geschäften mit illegalen Drogen und Zigarettenschmuggel ist die Prostitution in Deutschland grundsätzlich legal möglich. Wegen der unterschiedlichen Rechtslage in Europa zählt sie aber trotzdem zu den illegalen Aktivitäten.

Die aufgrund der Neuerungen höheren deutschen BIPs haben kaum Auswirkungen auf die von den Statistikbehörden berechneten Wachstumsraten. Denn auch die Vorjahreswerte die werden um die Aktivitäten im Bereich Prostitution und Drogen ergänzt.

Deutliche Veränderungen ergeben sich jedoch bei der Berechnung der Staatsschuldenquoten. Das Statistische Bundesamt gibt das BIP für 2013 heute mit 2,81 Billionen Euro an. Vor der Revision lag der entsprechende Wert bei nur 2,74 Billionen Euro.

Die Schulden Deutschlands lagen im vergangenen Jahr nach Angaben der Bundesbank bei rund 2,15 Billionen Euro. Durch die statistische Anhebung des BIP um rund 72 Milliarden Euro verringert sich die deutsche Staatsschuldenquote von 78,4 Prozent auf 76,4 Prozent.

Staatsschuldenquoten ab rund 80 Prozent des BIP gelten als wachstumsschädlich, ab 140 Prozent ist laut IWF eine Schuldentragfähigkeit nicht mehr gegeben. Im Maastrichter Vertrag wurde ursprünglich eine Obergrenze von 60 Prozent vorgesehen. Doch im EU-Schnitt liegt die Staatsschuldenquote aktuell über 90 Prozent.

Italien Staatsschuldenquote verringerte sich infolge der Umstellung von 132,6 Prozent auf 127,9 Prozent des BIP. Derartige leichte optische Verbesserungen in den Problemstaaten der EU könnte die Politik nun dazu verleiten, ihre Schuldenpolitik noch zu verstärken.

DWN
Finanzen
Finanzen Dax 40: Gewinne trotzen Zollstreit und Konjunkturflaute
14.08.2025

Trotz politischer Spannungen und sinkender Umsätze in den USA und China melden viele Dax-Konzerne solide Quartalszahlen. Während...

DWN
Politik
Politik Ukraine vor großem Gebietsopfer: Trumps Waffenruhe-Plan mit Putin sorgt für Alarm
14.08.2025

Während Donald Trump in Alaska mit Wladimir Putin über eine sofortige Waffenruhe sprechen will, wächst in Kyjiw die Sorge vor einem...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Talanx-Aktie: Versicherer erwartet 2,3 Milliarden Euro Jahresüberschuss
14.08.2025

Versicherer Talanx trotzt massiven Waldbrand-Schäden in Kalifornien und hebt seine Jahresprognose deutlich an. Im ersten Halbjahr stieg...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Thyssenkrupp-Aktie: Marinesparte trotzt schwacher Stahl- und Baukonjunktur
14.08.2025

Thyssenkrupp kämpft mit schwacher Nachfrage und sinkenden Preisen in Kernbranchen. Nur die Marinesparte TKMS wächst – doch sie kann die...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Eon-Aktie: Investitionen in Netzausbau schieben Eon an - Ziele bestätigt
14.08.2025

Deutschlands größter Stromversorger und Netzbetreiber Eon profitiert weiterhin vom Ausbau des Energienetzes. Im ersten Halbjahr...

DWN
Politik
Politik Rentenreform: Warum das Rentenpaket der Regierung keine Lösung ist – und sogar schadet
14.08.2025

Das vergangene Woche verabschiedete Rentenpaket der Bundesregierung umfasst fast 50 Milliarden Euro. Viele Rentenexperten sind entsetzt und...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Luxus für die Chefetage: DAX-Vorstände kassieren das 41-Fache ihrer Mitarbeiter
14.08.2025

Während die Wirtschaft stagniert, steigen die Managergehälter: DAX-Vorstände verdienen im Schnitt das 41-Fache ihrer Mitarbeiter – und...

DWN
Politik
Politik Trump öffnet Chip-Schleusen für China: Sicherheit nur noch zweitrangig
13.08.2025

Trotz jahrelanger Warnungen vor Pekings Militärambitionen gibt Trump den Verkauf modernster US-Chips an China frei – und stellt Profit...