Seit dem ersten Januar müssen Haushalte in der Schweiz höhere CO2-Abgaben auf Brennstoffe zahlen. Beim Heizöl steigt die Gebühr um 68 Prozent von 9,5 auf 16 Rappen pro Liter, bei Erdgas von 7 auf 12 Rappen pro Kubikmeter. Die Anhebung der CO2-Abgabe auf Brennstoffe führte zu Massenkäufen vor dem Jahreswechsel. Hausbesitzer konnten vor Jahreswechsel über 100 Franken sparen, wenn sie ihre Heizöltanks rechtzeitig auffüllten.
Auch Strom wird teurer. Für Haushalte und Unternehmen steigen die Netzkosten. „Weil die Netzbetreiberin Swissgrid Geld an Kraftwerke zurückbezahlen muss, verlangt sie mehr für sogenannte Systemdienstleistungen, was bei einem Durchschnittshaushalt etwa 15 Franken pro Jahr ausmachen dürfte“, berichtet das Magazin Schweiz am Sonntag.
Die Abgabe für die kostendeckende Einspeisevergütung (KEV) steigt um 33 Prozent. Pro Kilowattstunde Strom macht das 0,6 Rappen, sodass die Stromkosten für Kleinkunden durch die Ökostromförderung im Schnitt um 1 Prozent steigen.
Der Zubau an erneuerbaren Kraftwerken, die Wind- und Solarenergie fördern hat dazu geführt, dass in Europa zu viel Strom produziert wird. Das drückt die Preise nach unten. Darunter leidet die Schweizer Wasserkraft, die nicht über die KEV gefördert wird und für ihre Umweltverträglichkeit nicht finanziell entschädigt wird.
Im Gegenzug werden die Betreiber von fossilen und nuklearen Kraftwerken noch immer subventioniert und können sie ihre Anlagen weiterhin auf Hochtouren laufen lassen. Der Stromüberschuss wird vor allem in Deutschland produziert (mehr hier).
„Die Schweizer Stromkonzerne sind vor allem in konventionellen Kraftwerken investiert – den Zubau erneuerbarer Energien haben sie verschlafen“, heißt es in einem Bericht der Schweizerischen Energiestiftung (SES). „Weil sie den Markt falsch antizipierten und die Erneuerbaren unterschätzten, stehen sie heute auf der Verliererseite.“ Die Stromkonzerne fordern Subventionen für Wasserkraft, aus dem die Schweiz bereits 60 Prozent ihres Energiebedarfs deckt.
Sie ignorieren, dass für den Atomausstieg auf die Förderung von Solar- und Windenergie notwendig ist. Die SES spricht von „Stromdinosauriern“, die die Energiewende bekämpfen und „die in der Energiestrategie 2050 angedachte Förderung dezentraler, erneuerbarer Energien in der Schweiz bremsen“ wollen, bevor sie Wirkung entwickelt.
Die Energiestrategie 2050 kostet Schätzungen zufolge jährlich 3 Milliarden Franken zusätzlich. Dem Schweizerischen Gewerbeverband (sgv) ist das zu viel. Die Energiewende soll liberaler gestaltet werden. Der SGV will verhindern, dass Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Wirtschaft aufgrund zu hoher Stromkosten sinkt. Allerdings steckt das größte Potenzial „in der Förderung von Ersatzneubauten, dank denen die Energieeffizienz im Gebäudebereich gesteigert werden kann“.
Der Zürcher Nationalrat Bastien Girod (GP) stellt die wirtschaftlichen Chancen der Energiewende in den Vordergrund. Bei sauberer Energie gebe es die größten Wachstumsraten und sei „das Verkaufsargument der Zukunft“. Die Schweiz brauche nur etwa 33 Prozent aus Wind und Sonne, „den Rest kann Strom aus Biomasse sowie ein Ausbau der grossen Speicherkraftwerke decken“, sagte Girod einem Bericht des Politblogs im Nachrichtenmagazin Der Bund zufolge. Die Strategie des Bundesrates, ab 2015 keine neuen Solarstromprojekte mehr mit der KEV zu fördern, hält er für einen Fehler.
Eine Chance besteht in der Förderung des Eigenverbrauches für Strom. Das bedeutet, dass der erzeugte Solarstrom vor Ort genutzt wird und nicht ins Stromnetz eingespeist werden muss. Das reduziert die Netzkosten.
Zusätzlich sollten Kohle und Gas verteuert werden, um die Wasserkraft zu stärken. Die Einführung einer Abgabe auf nicht erneuerbare Stromerzeugung „liesse sich dank dem Herkunftsnachweis für Strom und dem bestehenden Rückverteilungssystem der CO2-Abgabe einfach umsetzen“, so Girod.
Bis Ostern will der deutsche Energieminister Sigmar Gabriel einen Vorschlag für eine Novelle des Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG) vorlegen. Bis es zu echten Reformen kommt, bleibt Unternehmen nichts anderes übrig, als ihre Energieeffizienz zu steigern.