Politik

Weik und Friedrich: Griechenland hat die EU abgewählt

Lesezeit: 12 min
01.02.2015 00:38
Das offensichtlich für Europas politische Eliten unvorstellbare ist in Griechenland geschehen – sie wurden vom Volk eiskalt abgewählt. So sehen die Wirtschafts-Autoren Mattias Weik und Marc Friedrich den Wahlsieg der Syriza in Griechenland. Die Ökonomen erhoffen sich dadurch den für die "bankrotten Erfinder der Demokratie" dringend erforderlichen Neustart.

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Das offensichtlich für Europas politische Eliten unvorstellbare ist in Griechenland geschehen – sie wurden vom Volk eiskalt abgewählt.

Die Griechen haben nicht nur ihre eigene Elite sondern auch die Troika (EU, IWF und EZB) und deren destruktive Politik und Herrschaft über ihr Land abgewählt. Die griechische sozialdemokratische Arbeiterpartei Pasok ist von 44 Prozent der Stimmen vor nur fünf Jahren auf 4,7 Prozent geschrumpft und somit im Tal der Bedeutungslosen versunken. Der eindeutige Wahlsieg des Links-Bündnisses Syriza ist ein (wohl notwendiger) Schlag ins Gesicht der EU und der korrupten Parteien Griechenlands. Und das trotz aller Drohungen von Banken, IWF, EZB und Politikern aus Brüssel, Berlin, London. Da haben die Erfinder der Demokratie sich doch tatsächlich erdreistet die selbige in die Tat umzusetzen und eine korrumpierte Elite abzuwählen. Frechheit! Das Ergebnis ist kurios: Zwei Extreme Kräfte bilden nun die neue Regierung. Die schicksalhafte und eigentlich unpassende Allianz der radikal-linken Syriza mit den rechten Unabhängigen Griechen verdeutlicht wie verzweifelt die Situation ist und wie massiv das Vertrauen der Menschen in die Politik, leider völlig zurecht, erodiert ist. Dies ist genau die Entwicklung vor der wir in unserem Buch gewarnt haben. Ist dies der Anfang einer neuen Entwicklung in Europa?

Griechenland und die Forderungen von Griechenlands neuer Regierung nach einem weiteren Schuldenschnitt werden in Brüssel und Berlin mit Sicherheit nicht gut ankommen. Schon jetzt wird gemault und lautstark protestiert. Wir alle sollten uns aber verdeutlichen, dass selbst der Exportweltmeister Deutschland mit Rekordsteuereinnahmen es nicht schafft Schulden zu tilgen. Wie bitte schön, soll es dann Griechenland oder sonst ein Land schaffen?

Was wird geschehen, wenn Syriza eine Abkehr vom Spar- und Reformkurs durchsetzt, wenn die spanische Bewegung Podemos und Frau Le Pens Front National in Frankreich ebenfalls die nächsten Wahlen gewinnen und Brüssel die Rote Karte zeigen und dem griechischen Vorbild folgen werden? Spätestens dann wird auch dem Letzten klar sein, dass Europa gravierend umdenken muss, und Angela Merkel dem deutschen Steuerzahler klar machen muss, dass der deutsche Steuerzahler ein Haufen Geld abschreiben muss. Schon jetzt ist klar, dass die Rettungsmedizin seit 2011 niemanden genutzt hat - außer den Banken. In der Medizin wird ein Medikament wenn es nicht wirkt oder gefährliche Nebenwirkungen hat abgesetzt und vom Markt genommen. Nicht so bei der Krisenpolitik obwohl sie beide Attribute problemlos erfüllt. Hier wird so lange immer wieder das gleiche Medikament vergeben bis der Erfolg endlich eintritt und der Patient stirbt. So sehen wir es in den Volkswirtschaften der Krisenländer: Rekordschulden gehen einher mit Rekordsarbeitslosenzahlen! Den Krisenländern ging es mit ihren alten Währungen selbst in den schlechtesten Zeichen besser als aktuell mit dem Euro.

Wenn Tsipras ein Schuldenerlass erreicht, werden sicherlich Italien und der Rest vom Schuldenfest ebenfalls „Ich auch“ schreien. Wir sehen also die griechische Tragödie geht in die Verlängerung.

Ob Tsipras tatsächlich einen Wandel herbeiführen kann, sich nicht vom System inhalieren und korrumpieren lässt, darf natürlich in Frage gestellt werden. Spannend bleibt auch ob er die gleichen, immer wiederkehrenden aber stets beliebten alten Politkfehler z.b. „Mehr Staat, mehr Schulden, mehr Beamte, mehr…“ macht und damit planwirtschaftliche, sozialistische Dogmen wiederholt. Fakt ist schon jetzt: Teuer wird es für die griechische Tragödie so oder so. Auf die Verlängerung würden wir gerne verzichten.

Fazit: So hart es auch klingen mag, aber die bittere Wahrheit lautet, dass Griechenland pleite ist. Nach wie vor hat das Land kein funktionierendes Geschäftsmodell! Der Schaden ist bereits dermaßen weit fort geschritten, dass er irreparabel ist und das Land sich nicht mehr selber heilen kann. Es gibt nur zwei Alternativen: Entweder wird Griechenland durch einen Schuldenschnitt und ewige Transferunion weiterhin vor sich hinvegetieren und verelenden oder es wird in den wohlverdienten Staatsbankrott entlassen und letztendlich erlöst. Griechenland muss sofort aus dem Euro austreten, was zu einer Erstverschlimmerung führen, aber langfristig dem Land helfen wird. Weiterhin im Zinskorsett der EZB wird das Land unweigerlich zugrunde gehen. Griechenland ist, wie viele andere Länder auch, wirtschaftlich, politisch, in weiten Teilen auch gesellschaftlich und moralisch bankrott. Die Hellenen, einst Erfinder der Demokratie, brauchen dringend einen Neustart!

Vielleicht beginnt jetzt der notwendige Neustart.

Auszug aus dem Buch „Der Crash ist die Lösung“ von Matthias Weik und Marc Friedrich

Griechenland in Troikahand

„In keinem Fall ist Griechenland ein wünschenswertes Mitglied der Währungsunion. Das Land ist in einem bemitleidenswerten Zustand: Wirtschaftlich unseriös, von politischen Streitereien gelähmt und finanziell verrottet.“

Es gibt Sätze, die offenbar zeitlos sind. Denn die oben stehende, hoffnungslos negative Analyse der Gemengelage in Griechenland von Henry Parker Willis ist bereits über 100 Jahre alt. Damals ging es um die Mitgliedschaft Griechenlands in der lateinischen Münzunion, dem Vorgänger der jetzigen Währungsunion, die 1927 fatal gescheitert ist. Der Auslöser des Endes der Währungsunion war damals schon wieder – möchte man sagen - Griechenland. Womit wieder einmal bewiesen ist: Die Geschichte ist ein sehr guter Ratgeber. Man muss nur aufmerksam zurückblicken, denn vieles, womit wir uns heute herum schlagen, war schon einmal da.

„Wir werden jeden Cent zurückzahlen. Deutschland bekommt sein Geld zurück - und zwar mit hohen Zinsen.“ Im März 2011 betonte der damalige Regierungschef Griechenlands, Giorgios Papandreou, noch vollmundig, dass sein Land nicht dauerhaft alimentiert werden brauche. Er versicherte auch, bei den Rettungspaketen handele es sich lediglich um Kredite, die das Land natürlich mit hohen Zinsen zurückzahlen werde. Wie aber von jedem rational denkenden Menschen eigentlich abzusehen war, benötigte Griechenland wenige Monate später einen Schuldenschnitt. Dieser betraf zwar zunächst nur private Gläubiger. Allerdings musste auch die deutsche Hypo Real Estate mit dem Schuldenschnitt mehrere Milliarden abschreiben, da sie Griechenland-Anleihen im Wert von rund acht Milliarden Euro besaß. Durch die im Jahr 2009 vollzogene Verstaatlichung der Bank wiederum trägt diese Lasten nun letztlich niemand anderes als der deutsche Steuerzahler. Leider ist der Schuldenschnitteffekt mittlerweile völlig verpufft und Griechenland hat abermals eine Rekordstaatsverschuldung von desaströsen 178 Prozent aufzuweisen. Außer einer kurzen Atempause hat der Schuldenschnitt also zu nichts geführt - die Insolvenzverschleppung wird lediglich immer nur weitergeführt.

Ohne die fragwürdigen Staatsanleihenaufkäufe und Eingriffe der EZB, ohne die Rettungspakete und ohne den Schuldenschnitt hätte der Staatsbankrott Griechenland und seine Bevölkerung schon längst von ihrem Leiden erlöst.

Einmal mehr in der Geschichte ist Griechenland Schauplatz einer Tragödie! Denn das Land befindet sich in einer beispiellosen wirtschaftlichen Depression. Die Industrieproduktion ist heute auf dem Niveau von 1983. Selbst mit der schwachen Währung der Drachme ging es den Griechen besser.

Auch in Griechenland liegt der Automobilmarkt am Boden. Mehr noch: Seit 2009 sind nach Schätzungen des Autohandels mehr als eine Million Fahrzeuge abgemeldet worden. Die Anzahl der Neuzulassungen sank von Januar bis Ende Ende 2014 nach Zahlen des Branchenverbandes ACEA um 40 Prozent auf lediglich rund 55.000 Fahrzeuge. Damit verzeichnet Griechenland den stärksten Rückgang in der Europäischen Union. Seit 43 Monaten in Folge sinken bereits die realen Einzelhandelsumsätze im Vergleich zum Vorjahresmonat. Die gesamte griechische Wirtschaft befindet sich in einer tiefen Krise. Auch wenn vereinzelt behauptet wird, es gehe wieder aufwärts in dem Land, ist das Gegenteil der Fall. Denn es wird vielmehr tagtäglich schlimmer. Immer mehr Menschen rutschen dauerhaft unter die Armutsgrenze, der Mittelstand wird nach und nach ausgelöscht, die Kriminalität ist auf dem Vormarsch und noch dazu ist das Land laut Transparency International weiterhin das korrupteste Land in der EU.

Korruptionsskandale am laufenden Band

Korruption, Vetternwirtschaft und Selbstbereicherung sind omnipräsent und wuchern bis in höchste (Regierungs)-Kreise. Wenn es nicht so traurig wäre, könnten die Fülle und Vielfalt der Anekdoten über die krassesten Fälle der griechischen Korruption Stoff bieten für viele Komödien. Aber leider ist die Welle der Korruptionsskandale nichts anderes als erschreckend und empörend.

Akis Tsochatzopoulos, ehemaliger Verteidigungsminister, Gründungsmitglied der sozialistischen Pasok Partei, 1995 kurzfristig amtierender Regierungschef, und einer der wichtigsten griechischen Politiker wurde im Oktober 2013 der Geldwäsche und Bestechlichkeit schuldig gesprochen. Er soll von deutschen und russischen Unternehmen für verschiedene Waffendeals insgesamt 160 Millionen Euro an Bestechungsgeldern kassiert haben. Er muss nun immerhin für 20 Jahre ins Gefängnis. Bereits im März 2013 wurde er wegen Steuerhinterziehung zu acht Jahren Haft und 520.000 Euro Geldstrafe verurteilt.

In einem ähnlichen Fall ermitteln die griechischen Behörden und die Schweizer Bundesanwaltschaft auch gegen Antonios Kantas, den ehemaligen wichtigsten Waffeneinkäufer Griechenlands. Vorwurf: Korruption. Kantas hat bereits zugegeben, dass er für rund ein Dutzend Rüstungsgeschäfte mehr als acht Millionen Euro an Bestechungsgeldern entgegengenommen hat und diese auf Schweizer Bankkonten gebunkert hat. Die „Schmiergeldparty“ soll indes noch weitere Kreise gezogen haben, auch und im Besondern bis hinein in die hohen Ränge der Militärs.

Auch gegen den ehemaligen Finanz- und Verteidigungsminister Giannos Papantoniou wird wegen der geflossenen Rüstungsmillionen ermittelt und darüber hinaus noch - und dies ist leider kein Spaß - wegen Steuerhinterziehung.

Besonders dreist hat es aber Michalis Liapis getrieben. Bei einer Verkehrskontrolle im Dezember 2013 wurde er nicht nur mit einem gefälschten Nummernschild erwischt, sondern bei dieser Gelegenheit kam auch ans Licht, dass er überhaupt keinen Führerschein besitzt. Noch dazu hatte Liapis sein korrektes Nummernschild abmontiert und das Nummernschild seines Yachtanhängers an seinen 80.000 Euro teuren 8-Zylinder Jeep angebracht, um die ca. 1300 Euro Versicherung für den Jeep zu sparen. Michalis Liapis ist nicht irgendwer. Nein, er war von 2004 bis 2007 griechischer Verkehrsminister und danach zwei Jahre Kulturminister. An seine lukrativen Ministerposten kam er durch den ehemaligen griechischen Regierungschef Kostas Karamanlis, mit dem ihn Familienbande einen, denn er ist sein Cousin. Und um der tollen Geschichte eine letzte bizarre Wendung zu geben, hat Liapis Bücher verfasst mit so eindrücklichen Titeln wie „Für eine neue Moral“, „Für eine radikale Erneuerung“ sowie „Für eine kreative Umwälzung“. Kreativ ist dieser Politiker ohne Zweifel, das muss der Neid ihm lassen. Der ehrenwerte Minister war zuvor auch schon in die Siemens Bestechungsskandale involviert, da er sich einige Luxus-Reisen von dem deutschen Konzern spendieren ließ. Und im Jahr 2011 wurde aufgedeckt, dass der angeblich verarmte Minister Liapis zeitweise Sozialhilfe kassierte, obwohl er und seine Frau im fraglichen Jahr Einkünfte von 140 000 Euro zu verbuchen hatten. Des Weiteren ist der begabte Politiker im Besitz von 28 Immobilien auf Mykonos und in den Nobelvierteln Athens, hat drei angemeldete Pkw in seiner Garage stehen sowie 50 000 Euro auf Sparbüchern gebunkert. Wenn der Fisch wirklich zuerst vom Kopf her stinkt, dann hat Griechenland ein massives Problem.

Leider jedoch reicht die Selbstbedienungsmentalität bis weit in den griechischen Alltag hinein. Ein Athener Finanzbeamter hat ermittelt, dass beim Griechischen Institut für Berufliche Bildung Stundenlöhne von bis zu 610 Euro für das Lehrpersonal bezahlt wurden. Einige der Ausbilder lehrten auf dem Papier bis zu angeblich 225 Stunden im Monat. Anzumerken ist hierbei, dass diese beeindruckenden Stundenzahlen auch zu Zeiten berechnet wurden, als die fraglichen Ausbilder sich nachweislich im Ausland aufhielten. Darüber hinaus scheint die fachliche Qualifikation des Personals an diesem Institut kein ausschlaggebendes Einstellungsmerkmal zu sein. So lehrte eine Politikergattin ohne jede entsprechende Ausbildung beispielsweise Zahntechnik und Geografie. Unter den äußerst „Vielbeschäftigten“ befand sich auch der Sohn eines Kabinettsmitglieds. Dieser unterrichtete unter anderem die Kunst der „Versilberung von Uhren“. Ferner waren auch Verwandte des Institutschefs und sogar Vertreter des Rechnungshofs - die höchste Prüfungsinstanz der Staatsausgaben – bei diesem Institut beschäftigt. Was sollte da schief gehen?

Verelendung schreitet voran

Während also einige wenige Privilegierte sich auf Kosten der Bürger und des insolventen Staates weiter bereichern, macht sich in der breiten Bevölkerung Verzweiflung breit. Infolge der harten Sparmaßnahmen sind die Einkommen der Griechen laut Schätzungen der Gewerkschaftsverbände seit 2009 durchschnittlich um fast 40 Prozent gefallen. Ungefähr 1,4 Millionen Menschen (28 Prozent) sind in dem Elf-Millionen-Land ohne Arbeit, jedoch erhielten nach offiziellen Angaben nicht mehr als 145 000 von ihnen 2013 Arbeitslosengeld. In Griechenland gibt es diese Unterstützung lediglich höchstens ein Jahr. Im Anschluss ist jeder auf die Hilfe der Familie, der Kirchen und der Städte angewiesen. Unter den Jugendlichen sind derzeit fast 60 Prozent ohne Arbeit!

Im folgenden „Chart der Schande“ ist zu erkennen, wie seit der Krise 2008 und damit dem Ende der zügellosen Party niedriger Zinsen, die Jugendarbeitslosigkeit in den Krisenländern explodiert ist. Die Eurozone beraubt eine ganze Generation ihrer Zukunft.

Die flächendeckende Verarmung der Griechen hat für alle Lebensbereiche weitreichende Folgen: Städte wie Athen und Thessaloniki ersticken im Smog, weil viele Griechen kein Geld für teures Heizöl mehr ausgeben können und stattdessen auf selbst und natürlich illegal geschlagenes Brennholz zurückgreifen. Im Dezember 2013 lag die Feinstaubbelastung in Athen mit 102 Milligramm pro Kubikmeter Luft auf doppelt so hohem Niveau wie normal. Viele Griechen können ihren Strom nicht mehr bezahlen, etwa 135.000 Wohnungen sind ohne Elektrizität.

Als weiteren bedenklichen Indikator für die pure Verzweiflung in der Bevölkerung muss man auch werten, dass die Zahl der HIV-Infektionen in Griechenland sprunghaft ansteigt. Der Grund hierfür ist mehr als alarmierend: Viele Menschen stecken sich absichtlich mit dem tödlichen Virus an, weil die staatlichen Hilfsleistungen für Infizierte weit über denen für Arbeitslose liegen.

Am schlimmsten jedoch leiden die Kinder unter der katastrophalen Situation in Griechenland. Mehr und mehr unterernährte, vernachlässigte, depressive oder sogar misshandelte Kinder werden in Arztpraxen abgeliefert oder einfach ausgesetzt wie lästig gewordene Haustiere. Anna Mailli, eine Medizinern, die in einer Praxis in Perama, westlich von Piräus - einem Brennpunkt der Krise mit einer Arbeitslosenquote von rund 60 Prozent - unentgeltlich Dienst tut, berichtet: „Früher waren Fälle von Kindesmisshandlungen in Griechenland die Ausnahme“, „Jetzt sehe ich zunehmend Kinder, die blaue Flecken haben, weil sie geschlagen wurden. Das zeigt: Die Krise lässt immer mehr Familien zerbrechen, und die Kinder als Schwächste haben darunter besonders zu leiden.“ Als wäre dies nicht schon schlimm genug, sehen sich immer mehr Frauen gezwungen ihren Körper zu verkaufen. Die Wachstumsbranche Prostitution hat einen Anstieg um 1500 Prozent zu verzeichnen.

Die weiterhin abwärts gerichtete Spirale in Griechenland ist vorgezeichnet: Aufgrund der seit langem anhaltenden hohen Arbeitslosigkeit können immer weniger Griechen ihre Schulden bezahlen und damit rutschen immer mehr Banken in ernsthafte Engpässe. Mittlerweile sind knapp 40 Prozent aller Kredite ausfallgefährdet. Das bedeutet im Klartext, dass Kredite mit einem Volumen von über 80 Milliarden Euro seit mehr als 90 Tagen nicht mehr bedient werden.

Wie schon so oft in der Geschichte fördert und beschleunigt die verheerende wirtschaftliche Situation den Vormarsch von extremistischen Kräften. Auch wenn die Regierung mittlerweile massiv gegen Parteien wie beispielsweise gegen Goldene Morgenröte (Chrysi Avgi) vorgeht, wird dies das Problem auf lange Sicht nicht lösen. Mittlerweile bekriegen sich in Griechenland nicht nur Kräfte vom extrem linken und rechten Rand untereinander, die Aggressionen richten sich jetzt auch verstärkt gegen Ausländer. Und eine weitere Stufe der Eskalation ist damit erreicht, dass nun auch Diplomaten und somit Repräsentanten ausländischer Staaten gezielt angegriffen werden. Ende Dezember 2013 feuerten Unbekannte mit einem Kalaschnikow-Sturmgewehr auf die Residenz des deutschen Botschafters im Norden Athens. Verletzt wurde glücklicherweise niemand.

In Anbetracht der Faktenlage klingen die Äußerungen unseres amtierenden Finanzministers Wolfgang Schäuble vom November 2013 äußerst fahrlässig. Schäuble diagnostizierte nämlich gelassen, dass von den Krisenstaaten in Südeuropa nun „keine Ansteckungsgefahr mehr“ für die Euro-Zone als Ganzes ausgehe, und dass selbst Griechenland auf gutem Wege sei. Diese Sätze sind ein Schlag in das Gesicht der notleidenden griechischen Bevölkerung. Trotz enormer Probleme, sei das Land laut Schäuble, dennoch voraussichtlich zu „ordentlichem Wachstum“ zurückgekehrt und anscheinend beim Abbau des staatlichen Defizits rascher als gedacht vorangekommen. Schäuble: „Dafür muss man dem Land Respekt zollen.“ Angesichts der tatsächlichen Entwicklung in Griechenland klingen Schäubles Einschätzungen wie blanker Hohn.

 Weiterhin Lug und Betrug

Es ist allgemein bekannt, dass Griechenland sich den Beitritt in die Eurozone mit Zahlen erschlichen hat, die von Goldman Sachs frisiert wurden. Für dieses kriminelle Manöver wurde jedoch bis heute niemand belangt. Weder wurde Griechenland bestraft und aus der Eurozone verbannt noch wurde Goldman Sachs die Banklizenz für Europa entzogen. Und bis heute hat sich an den zweifelhaften Prognosetricks nichts geändert. Im November 2013 mussten hochrangige Troika-Verantwortliche zugegeben, dass ihre Prognosen für Griechenland deshalb fehlerhaft waren, weil die griechische Regierung bereits 2010 falsche Zahlen geliefert habe. Die Troika musste also zugeben, dass alle ihre Beamten mit falschen Zahlen gearbeitet hatten. „Alle makroökonomischen Prognosen beruhen auf einem gemeinsamen Datensatz von Prognosen und Multiplikatoren. Wir verwenden dieselben Daten wie der IWF, wir haben also einen ähnlichen Ansatz“, zitiert EUobserver den Belgier Servaas Deroose. Dieser war bis 2011 der Troika-Chef für Griechenland. Ebenfalls 2013 hat der IWF bereits zugeben müssen, dass seine Formeln zu falschen Prognosen geführt hatten. Der IWF hat jahrelang also bewusst viel zu optimistische Prognosen für Griechenland abgegeben, obwohl die miserable Situation des Landes eigentlich gar nicht wegzudiskutieren war. Laut Harvard-Ökonom Dani Rodrik traf tatsächlich keine einzige der Vorhersagen des IWF für die Wirtschaftsentwicklung Griechenlands zu. Somit tragen Technokraten zweifelsohne eine Mitschuld an der Zuspitzung der Lage. Allerdings gab es selbst innerhalb des IWF massive Bedenken.

„Die Risiken des Programms sind enorm. … Die Wachstumsprognosen erscheinen optimistisch,“ so der chinesische Exekutivdirektor He Jianxiong in einem vorbereiteten Statement an den Verwaltungsrat für das Treffen am 9. Mai 2010.

Auch der brasilianische Exekutivdirektor Nogueira Batista hatte bereits 2010 ähnliche Bedenken: „Die Risiken des Programms sind immens. … So wie die Dinge stehen, riskiert das Programm, private durch öffentliche Finanzierung zu ersetzen. In anderen und drastischeren Worten: Es könnte nicht als Rettung von Griechenland gesehen werden, das sich einer schmerzhaften Anpassung unterziehen muss, sondern als Rettungspaket für die privaten Gläubiger von griechischen Schulden, vor allem europäische Finanzinstitute.“

Der argentinische Kollege schert ein: „Eine freiwillige Umschuldung hätte als Alternative auf den Tisch gelegt werden müssen. Die europäischen Behörden wären gut beraten gewesen, wenn sie einen geordneten Umschuldungsprozess vorgelegt hätten. Das Fazit ist, dass die abgesegnete Strategie nur einen marginalen Effekt auf die Solvenzprobleme Griechenlands haben wird. … Sehr wahrscheinlich steht Griechenland nach der Umsetzung des Programms schlechter da.“

 Bei der Umsetzung der vorgegebenen und äußerst realitätsfernen Sparmaßnahmen sind die Griechen natürlich im Verzug. Von 135 Sparmaßnahmen sind nur knapp 60 erfüllt worden. Im Juli 2013 wurden 28 von 35, im August 15 von 26, im September 13 von 47, und im Oktober nur vier von 20 avisierten Maßnahmen erfüllt. Im November wurde sogar keine einzige der sieben vereinbarten Sparmaßnahmen in Angriff genommen.[i] Ganz zu schweigen von den vielen geplanten Privatisierungen, die ebenfalls bis heute nicht realisiert wurden.

„Griechenland kann seine Schulden niemals zurückzahlen.“

George Soros; Investor

Ab Januar 2014 führt ausgerechnet Griechenland für sechs Monate die EU-Ratspräsidentschaft. Annähernd 80 Millionen Euro soll eine EU-Präsidentschaft im Schnitt kosten. Jetzt also sitzen Politiker jenes Landes in der ersten Reihe, welches das korrupteste in der ganzen EU ist und dessen Eliten das Land auf das Übelste ausgeplündert haben. Angesichts dessen ist man geneigt, erneut das Bild der „spätrömischen Dekadenz“ zu bemühen.

***

Die beiden Finanzexperten, Querdenker und Honorarberater Matthias Weik und Marc Friedrich schrieben 2012 zusammen den Bestseller “Der größte Raubzug der Geschichte“. Es war das erfolgreichste Wirtschaftsbuch 2013. Seit April 2014 gibt es eine aktualisierte und überarbeitete Taschenbuchausgabe. Auch mit ihrem zweiten Buch, „Der Crash ist die Lösung“, haben Sie wieder das erfolgreichste Wirtschaftsbuch 2014 geschrieben. Es steht seit 7 Monaten auf allen Bestsellerlisten. In ihm haben sie u.a. die EZB Leitzinssenkung und Minuszinsen für die Banken, die Absenkung des Garantiezins bei den Lebensversicherungen sowie den Ausgang der EU-Wahl richtig prognostiziert. Auch einen Austritt Griechenlands aus der Eurozone sowie einen heftigen Börsencrash haben sie darin in Aussicht gestellt. Es war das erfolgreichste Wirtschaftsbuch 2014. Am 14. November 2014 ist das Hörbuch zu „Der Crash ist die Lösung“ erschienen. Matthias Weik und Marc Friedrich jetzt auch bei Facebook. Die beiden Autoren live erleben: Hier finden Sie die Vortragstermine.

Weitere Informationen über die Autoren finden Sie unter: www.friedrich-weik.de


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