Politik

Milliarden-Kredite ohne Wirkung: Der Euro hat Griechenland ruiniert

Lesezeit: 1 min
23.05.2015 17:32
Der Euro hat Griechenland nicht den erwarteten Aufschwung gebracht, im Gegenteil: Trotz 240 Milliarden Euro an neuen Krediten ist das Land Schlusslicht im OECD-Vergleich. Doch wegen seiner geopolitischen Bedeutung muss das Land im Euro bleiben - whatever it takes.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Griechenland belegt im Standortvergleich der Industrieländer weit abgeschlagen hinter den anderen OECD-Staaten. Das ist das Ergebnis einer Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft BDO und des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts (HWWI), die am Samstag in der Hansestadt veröffentlicht wurde. Danach zählen die politisch-rechtlichen, die soziokulturellen und die ökonomischen Rahmenbedingungen zu den schlechtesten in den OECD-Ländern. Wirtschaftlich liegt Griechenland am Boden, die Arbeitslosigkeit ist weiter extrem hoch.

Auch im direkten Vergleich mit den EU-Ländern Portugal und Spanien, die Krisen durchlaufen haben, sei Griechenland das klare Schlusslicht, etwa bei Rechtsstaatlichkeit, Beschäftigung und Verschuldung und ganz besonders eklatant bei der Korruptionskontrolle. Im weltweiten Vergleich der 174 untersuchten Länder findet sich Griechenland mehrfach am Ende des Rankings, etwa hinsichtlich der Arbeitslosenquote (Platz 171) und der Staatsverschuldung (Platz 173). Nur bei der Lebenserwartung erreiche Griechenland mit Rang 18 das mittlere Niveau der übrigen OECD-Länder.

Der linke griechische Regierungschef Alexis Tsipras steht an diesem Wochenende vor einer neuen Kraftprobe - diesmal in der Heimat: Er muss dem Zentralkomitee (ZK) seiner Linkspartei Syriza Rede und Antwort stehen über die Verhandlungen mit den internationalen Geldgebern. Sie bewahren Griechenland seit mehr als zwei Jahren mit Krediten vor der Pleite. Aus dem Ende Juni auslaufenden Kreditprogramm stehen noch 7,2 Milliarden Euro zur Verfügung. Die Kassen in Athen sind leer. Im Juni müssen allein an den IWF gut 1,5 Milliarden Euro zurückgezahlt werden.

Tsipras erklärte bei seiner Eröffnungsrede, mit der Verhandlungstaktik seiner Regierung habe Athen «vieles erreicht». Voraussetzung für eine für alle Seiten günstige Lösung seien zunächst weniger ehrgeizige Haushaltsziele, eine gerechtere Verteilung der Steuerlasten und eine «Umstrukturierung der Schulden».

«Es wird Kritik hageln, aber Tsipras wird es schon schaffen», sagte ein hoher Parteifunktionär der Syriza der Deutschen Presse-Agentur. Tsipras will den Puls seiner Partei fühlen. Mehr als ein Viertel der Mitglieder des ZK gehören dem linken Flügel an und laufen Sturm gegen weitere Einschnitte im Sozialsystem. Es geht unter anderem um eine Immobiliensteuer, die nicht abgeschafft wird, und das mögliche Einbehalten einer 13ten Monatsrente von Rentnern mit weniger als 700 Euro Rente. Zudem soll der Mindestlohn vorerst nicht erhöht werden. Tsipras ging jedoch bei seiner Rede auf keine Details ein.

Bereits am Vortag hatte sich Tsipras mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem französischen Präsidenten François Hollande getroffen. Diese hatten ihm zwar ihre Hilfe angeboten, aber verlangt, Athen müsse sich zuerst mit den Experten der Gläubiger vom Internationalen Währungsfonds (IWF), von der Europäischen Zentralbank (EZB) und der EU auf ein neues Programm einigen.


Mehr zum Thema:  

DWN
Finanzen
Finanzen Derivate Erklärung: So funktionieren Zertifikate, CFDs und Optionsscheine
07.09.2024

Derivate wie Futures, Optionen, Zertifikate, Optionsscheine, Swaps und CFDs sind heftig umstritten. Einige sehen darin notwendige...

DWN
Immobilien
Immobilien Tag des offenen Denkmals: 7 ungewöhnliche Monumente in Deutschland
07.09.2024

Ob Schloss Neuschwanstein oder Siegessäule: Viele Denkmäler in Deutschland sind international bekannt. Hier werfen wir einen Blick auf...

DWN
Technologie
Technologie Stromerzeugung aus Windkraft: Die Dynamik nimmt ab
07.09.2024

Im vergangenen Jahr war Windkraft erstmals die Hauptquelle der hiesigen Stromerzeugung, weit vor Kohle. Doch in diesem Jahr ist eine...

DWN
Politik
Politik Trump-Erfolg im Schweigegeld-Prozess: Urteil erst nach US-Wahl
07.09.2024

Im New Yorker Prozess wegen Schweigegeldzahlungen von Ex-Präsident Donald Trump wird das Strafmaß erst nach der Präsidentschaftswahl...

DWN
Panorama
Panorama Studie: Ungesunde Ernährung bereits bei Kleinkindern weit verbreitet
07.09.2024

Laut einer aktuellen Studie ernähren sich bereits Kleinkinder zu süß und ungesund. Wie das Max Rubner-Institut (MRI) in Karlsruhe, ein...

DWN
Politik
Politik CDU nach den Wahlen in der Klemme: Wird Ostdeutschland für Merz zum Problem?
07.09.2024

Die Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen bringen für die CDU sowohl alte als auch neue Spannungen ans Licht. Parteichef Merz sieht...

DWN
Politik
Politik DWN-Gastautor Stieglitz: Ist die Demokratie wirklich auf dem Rückzug?
07.09.2024

Die freiheitliche Demokratie ist erneut weltweit bedroht. Wir haben derartige Herausforderungen in vielerlei Hinsicht schon früher erlebt...

DWN
Politik
Politik Merz fordert Scholz auf: Notfalls Machtwort zur Migration sprechen
06.09.2024

Im Streit um strengere Maßnahmen zur Migration setzt CDU-Vorsitzender Friedrich Merz nun direkt Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) unter...