Finanzen

Crash bei Staatsanleihen: Südeuropa stürzt ab

Die Turbulenzen auf dem europäischen Anleihen-Markt hören aufgrund der EZB-Geldschwemme nicht auf. Vor allem in den Südländern stürzten die Kurse ab, die Rendite stiegen im Gegenzug um zweistellige Prozentzahlen. Auch deutsche Anleihen sind von den enormen Schwankungen betroffen.
05.06.2015 16:24
Lesezeit: 1 min

Innerhalb von vier Wochen ist es am europäischen Markt für Staatsanleihen zu zwei rasanten Einbrüchen gekommen.

Die heftigen Verluste trafen vor allem Bundesanleihen, die auch von vielen Privatanlegern wegen ihrer Sicherheit eigentlich besonders geschätzt werden. Es zeigten sich binnen weniger Tage Kursbewegungen, die es zuvor nur im Verlauf eines ganzen Jahres gegeben hatte.

Während die Kurse der Bundesanleihen einbrachen, schossen im Gegenzug die Renditen nach oben. Am Donnerstag war der Zinssatz für deutsche Staatsanleihen zeitweise bis knapp unter die Marke von einem Prozent gestiegen. Die Rendite war damit so hoch wie seit September 2014 nicht mehr. Zum Vergleich: Mitte April noch wurden zehnjährige Bundesanleihen mit einer Rendite von nahezu null Prozent gehandelt.

Beobachter sehen die Kurseinbrüche als Folge der umstrittenen Geldpolitik der EZB, berichtet das Wall Street Journal. Im Kampf gegen eine nach Einschätzung der EZB zu geringe Inflation hatte die Notenbank zahlreiche Maßnahmen gestartet. Zuletzt war sie im März in ein insgesamt billionenschweres Staatsanleihen-Kaufprogramm eingestiegen, um das angestrebte Ziel einer Teuerungsrate von knapp zwei Prozent zu erreichen. Mit dem Kauf von Staatsanleihen wird die Geldflut der EZB verstärkt, was in der Regel zu einer höheren Inflation führen soll.

Mit der vermehrten Nachfrage nach Anleihen durch die EZB stiegen zunächst auch die Kurse. Während viele Anleger dem folgten und ebenfalls bei Anleihen zugriffen, trat aber plötzlich das Unerwartete ein: Es kam zu heftigen Einbrüchen, und Investoren wurden auf dem falschen Fuß erwischt.

Womit an den Finanzmärkten nämlich kaum einer gerechnet hatte: In der Eurozone legen die Verbraucherpreise schneller und stärker zu als erwartet. Im Mai lag die Inflation wieder bei 0,3 Prozent.

Die Käufe von Staatsanleihen durch die EZB haben aber noch eine andere Konsequenz: Es gibt im freien Handel immer weniger verfügbare Papiere. Am Markt für europäische Staatsanleihen herrsche daher eine „mangelhafte Liquidität“, die solche außergewöhnlichen Kursbewegungen erst möglich macht.

Die Botschaft, die EZB-Chef Mario Draghi am Mittwoch im Anschluss an die letzte Zinsentscheidung an die Anleger gerichtet hatte, lautete: „Eine Lektion ist, dass wir uns an Perioden mit größeren Kursausschlägen gewöhnen müssen.“

 

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft „Made in America“ wird zur Hypothek: US-Marken in Europa auf dem Rückzug
11.05.2025

Eine neue Studie der Europäischen Zentralbank legt nahe: Der Handelskrieg zwischen den USA und der EU hat tiefgreifende Spuren im...

DWN
Finanzen
Finanzen Tech-Börsengänge unter Druck: Trumps Handelskrieg lässt Startup-Träume platzen
10.05.2025

Schockwellen aus Washington stürzen IPO-Pläne weltweit ins Chaos – Klarna, StubHub und andere Unternehmen treten den Rückzug an.

DWN
Finanzen
Finanzen Warren Buffett: Was wir von seinem Rückzug wirklich lernen müssen
10.05.2025

Nach sechs Jahrzehnten an der Spitze von Berkshire Hathaway verabschiedet sich Warren Buffett aus dem aktiven Management – und mit ihm...

DWN
Finanzen
Finanzen Silber kaufen: Was Sie über Silber als Geldanlage wissen sollten
10.05.2025

Als Sachwert ist Silber nicht beliebig vermehrbar, kann nicht entwertet werden und verfügt über einen realen Gegenwert. Warum Silber als...

DWN
Technologie
Technologie Technologieinvestitionen schützen die Welt vor einer Rezession
10.05.2025

Trotz der weltweiten Handelskonflikte und der anhaltenden geopolitischen Spannungen bleibt die Nachfrage nach Technologieinvestitionen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Starbucks dreht den Spieß um: Mehr Baristas statt mehr Maschinen
10.05.2025

Starbucks gibt auf die Maschinen auf: Statt weiter in teure Technik zu investieren, stellt das Unternehmen 3.000 Baristas ein. Nach...

DWN
Panorama
Panorama EU-Prüfer sehen Schwächen im Corona-Aufbaufonds
10.05.2025

Milliarden flossen aus dem Corona-Topf, um die Staaten der Europäischen Union beim Wiederaufbau nach der Corona-Pandemie zu unterstützen....

DWN
Finanzen
Finanzen Estateguru-Desaster: Deutsche Anleger warten auf 77 Millionen Euro – Rückflüsse stocken, Vertrauen schwindet
10.05.2025

Immobilien-Crowdfunding in der Vertrauenskrise: Estateguru kann 77 Millionen Euro deutscher Anleger bislang nicht zurückführen – das...