Politik

Peinlich für Merkel: Obama und Hollande wollen Euro-Krise lösen

In Washington steigt die Verärgerung über das abenteuerliche Krisen-Management von Angela Merkel. Die Unzufriedenheit geht so weit, dass nun US-Präsident Obama mit Frankreichs Präsident Hollande die Krise selbst lösen wollen – eine echte Blamage für Deutschland.
29.06.2015 17:39
Lesezeit: 3 min

Frankreichs Präsident Francois Hollande rückt offenbar von Angela Merkel ab und wendet sich in der immer gefährlicher schwelenden Euro-Krise an US-Präsident Barack Obama. Hollande hat nach Angaben seines Amtes am Montag mit Obama telefoniert. Beide Staatschefs wollten sich darum bemühen, beim Neustart des Dialogs in der Griechenland-Krise zu helfen, heißt es aus dem Elysée-Palast.

Angela Merkel sorgt in der Finanzwelt nämlich für ungläubiges Staunen: Nachdem sie sich in der gesamten Euro-Krise bisher stets bedeckt gehalten hatte und lediglich verlauten ließ, dass die Troika zu entscheiden habe, wie es weitergeht, hat sie am Sonntag trotz der dramatischen Entwicklungen kein staatsmännisches Wort von sich gegeben.

Am Montag traf sie mit den Parteichefs zusammen. Danach gab Merkel ausschließlich Plattitüden zum Besten. Ihre aalglatten Formulierungen, wie sie von den Nachrichtenagenturen am Montag Nachmittag über den Äther liefen:

«Der Bundesfinanzminister hat noch mal deutlich gemacht, dass wir uns, was unsere finanziellen Herausforderungen anbelangt, keinerlei Sorgen zu machen brauchen.

«Alle Spekulationen mit riesigen Milliardenbeträgen sind aus der Luft gegriffen.» (Die Spekulationen kamen von der SPD, also dem Koalitionspartner, und sind vermutlich noch weit untertrieben)»

«Bundeskanzlerin Angela Merkel hat der griechischen Regierung vorgeworfen, die Verhandlungen mit den Partnern der Euro-Zone über die Schuldenkrise durch die Entscheidung für eine Volksabstimmung am 5. Juli beendet zu haben. Nach dem Auslaufen des zweiten Hilfsprogramms für Griechenland am kommenden Dienstag gebe es keine Programmgrundlage mehr, sagte die Kanzlerin am Montag weiter nach einer Unterrichtung der Partei- und Fraktionschefs von Union, SPD, Grünen und Linken im Kanzleramt. Der Wille zu einem Kompromiss sei auf griechischer Seite nicht dagewesen. Eigenanstrengungen der Griechen und Solidarität der Euro-Partner gehörten weiter zusammen. "Sonst scheitert der Euro, und das wollen wir nicht", sagte Merkel.»

«Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sieht derzeit keinen Grund für einen Sondergipfel der EU-Staats- und Regierungschefs vor dem Referendum in Griechenland. «Wir müssen sehr vorsichtig sein, was für Botschaften wir senden», sagte Merkel am Montag nach einem Treffen mit den anderen Partei- und Fraktionschefs im Kanzleramt. «Ich reise jederzeit zu einer Einladung. Aber es gibt im Augenblick für mich keinen zwingenden Grund, einen solchen Sondergipfel zu machen.» Zugleich stellte Merkel klar, dass sie vor der Volksabstimmung am Sonntag nicht erneut nach Athen reisen will.»

«Der Bundestag debattiert am Mittwoch über die Lage in Griechenland. Das kündigt Bundeskanzlerin Angela Merkel nach einer Unterrichtung der Partei- und Fraktionschefs der Bundestagsparteien an.»

«Keiner will von außen das Abstimmungsverhalten mündiger griechischer Bürger und eines stolzen Volkes beeinflussen.»

«Kanzlerin Angela Merkel sieht im Euro nach eigenen Worten mehr als nur eine Währung. Er sei ein großartiges Projekt. Scheitere der Euro, scheitere Europa, bekräftigt sie auf einer CDU-Veranstaltung.»

«Bundeskanzlerin Angela Merkel zeigt sich nach dem Scheitern der Schuldengespräche für weitere Verhandlungen mit der griechischen Regierung offen. "Selbstverständlich steht sie auch weiterhin für Gespräche mit Ministerpräsident Tsipras zur Verfügung, wenn er das denn möchte", sagt Regierungssprecher Steffen Seibert.»

Diese nichtssagenden Sprüche dienen offenkundig nur dem Versuch, die Schuld des Fiaskos auf die Griechen abzuwälzen. Schon seit Monaten versuchen die Konservativen und die Sozialdemokraten, die linke Syriza-Regierung in Europa unmöglich zu machen. Dazu werden sämtliche diplomatischen Gepflogenheiten verletzt. Viele kleine EU-Staaten beobachten vor allem die herablassende und belehrende Art Deutschlands mit zunehmendem Argwohn. Von Diplomaten aus einigen Hauptstädten ist hinter vorgehaltener Hand zu hören, man sei eigentlich der „Europäischen Union“ beigetreten und nicht einem von Deutschland dominierten Staatenbund.

Die Amerikaner haben schon vor geraumer Zeit klar gemacht, dass sie erwarten, dass Griechenland aus strategischen Gründen im Euro gehalten werden müsse. Diese geopolitischen Erwägungen mag man aktuell lästig finden – im Vergleich zu dem, was dem griechischen Volk bei einem Zusammenbruch an Leid widerfahren wird, ist eine geopolitische Abhängigkeit ja schon das kleinere Übel als der Zustand des Ausgeliefertseins an eine völlig desorientierte Euro-Elite in Brüssel und in den Nationalstaaten.

Vor dem Notruf Hollandes an Obama hatte bereits US- Finanzminister Jack Lew versucht, die Euro-Retter zur Raison zu bringen und gefordert, dass die EU-Finanzminister und der IWF weiterhin miteinander kooperieren sollten, um eine „dauerhafte Lösung“ für Griechenland auszuarbeiten, berichtet Kathimerini. Am Samstag hatte sich Lew mit den Finanzministern Deutschlands und Frankreichs und der IWF-Chefin Christine Lagarde per Telefon über die Griechenland-Krise ausgetauscht.

Der US-Finanzminister schlug vor, dass unter anderem über einen Schuldenschnitt für Griechenland diskutiert werden müsse. Das sei angesichts des Referendums am 5. Juli sehr wichtig.

In Telefongesprächen mit dem griechischen Regierungschef Alexis Tsipras hatte Lew Tsipras ermuntert, die Banken zu schließen und Kapitalverkehrskontrollen durchzuführen – allerdings nicht mit dem Zweck, die Euro-Zone in die Luft zu jagen, sondern um nicht zuletzt der deutschen Bundesregierung klarzumachen, dass das länderübergreifende Parteien-Gezänk der sicherste Weg in den Total-Crash in der Euro-Zone ist.

Doch offenbar konnte sich Lew noch kein Gehör verschaffen: Die Euro-Retter sind aktuell ausschließlich mit der Frage beschäftigt, wie sie die Geschichte so umschreiben können, dass niemand außer einem bis vor vier Monaten weitgehend unbekannte Herrn Tsipras aus Griechenland Schuld an der Vernichtung von mindestens 360 Milliarden Euro an europäischen Steuergeldern trägt.

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