Politik

(13.9.2015 DWN Archiv) Flüchtlinge: Deutschland zieht Reißleine und macht die Grenzen dicht

Anmerkung der Redaktion: Dieser Artikel stammt, wie an der URL zu sehen ist, vom 13.9.2015. Er wurde am 16.11.2015 von Facebook-Nutzern in Umlauf gebracht, die offenbar dachten, der Artikel sei aktuell. Achtung - dies ist ein alter Artikel. Die Redaktion
13.09.2015 17:13
Lesezeit: 3 min

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Anmerkung der Redaktion vom 16.11.2015: Dieser Artikel stammt, wie an der URL zu sehen ist, vom 13.9.2015. Er wurde am 16.11.2015 von Facebook-Nutzern in Umlauf gebracht, die offenbar dachten, der Artikel sei aktuell. Achtung - dies ist ein alter Artikel. Die Redaktion

Die Bundesregierung macht die Grenzen dicht und führt an den Binnengrenzen die Grenzkontrollen wieder ein. Betroffen davon sei vorerst die Grenze zwischen Deutschland und Österreich, hieß es. Die Pläne wurden der dpa aus Kreisen der Koalition bestätigt. Das teilte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) am 13. September 2015 mit. Dies geschehe aus Sicherheitsgründen, weil Deutschland die Flüchtlingsströme nicht mehr kontrollieren könne. Es könne auch zu Einschränkungen im Reiseverkehr kommen, auch mit der Bahn. Die Hilfsbereitschaft Deutschlands dürfe nicht überstrapaziert werden. Der Schritt sei auch ein Signal an Europa. Deutschland stelle sich seiner humanitären Verantwortung, betonte der Minister. Die Lasten müssten aber solidarisch verteilt werden. Die Einführung der Grenzkontrollen werde nicht alle Probleme lösen.

Der bayrische Ministerpräsident Joachim Herrmann sagte, dass die Grenzkontrollen nicht befristet seien. Er geht davon aus, dass die Kontrollen für einen längeren Zeitraum aufrecht bleiben. Die Kontrollen werden zunächst zu Österreich eingeführt. Man werde jedoch prüfen, welche Ausweich-Routen die Flüchtlinge nehmen werden. Je nachdem werden die Kontrollen auch auf andere Grenzen ausgeweitet. Die Kontrollen werden von der Bundespolizei durchgeführt und werden so abgehalten wie vor der Schengen-Zeit. Demnach werde die Polizei schauen, "wer so aussieht, dass er durchgewunken werden kann".

Tschechien hat bereits auf die Wiedereinführung der Grenzkontrollen zwischen Deutschland und Österreich reagiert. "Die tschechische Polizei verstärkt ihre Kontrollen an der Grenze zu Österreich", sagte Innenminister Milan Chovanec am Sonntag im Sender CT24. Das weitere Vorgehen sei davon abhängig, wie viele Flüchtlinge auf die Route über Tschechien auszuweichen versuchten.

Die Einreise nach Deutschland soll nur noch mit gültigen Reisedokumenten möglich sein. De Maizière den Schritt für notwendig, um Sicherheit und Ordnung aufrechtzuerhalten und zu einem geordneten Verfahren zurückzukehren. Nach dem geltenden europäischen Recht sei Deutschland für den größten Teil der Schutzsuchenden gar nicht zuständig. Die Regeln des Dublin-Abkommen seien unverändert gültig, betonte de Maizière. Er forderte alle EU-Mitgliedsstaaten auf, sich wieder daran zu halten, also die in die EU einreisenden Flüchtlinge nicht nur zu registrieren, sondern auch das Asylverfahren durchzuführen.

Die EU-Kommission erklärt, die Wiedereinführung von Grenzkontrollen sei nach erster Prüfung rechtens. Im Schengen-Abkommen sei ein solches Ausnahmevorgehen für Krisensituationen ausdrücklich vorgesehen.

De Maizière sagte, dass der Vorrang der Beratung der EU-Innenminister am Montag auf der Errichtung von Auffanglagern - er nannte dies "Wartezonen" - an den EU-Außengrenzen liegen werde. Außerdem müsse die EU darauf drängen, den Krieg in Syrien zu beenden. Dieser Krieg sei die Ursache der Flüchtlingswelle.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte bereits am Samstag gesagt, Russland müsse in Syrien einbezogen werden.

Angesichts der dramatischen Flüchtlingsbewegungen scheint sich die EU nun darauf zu besinnen, dass die Beendigung des Krieges in Nahost nicht nur im Interesse der Zivilbevölkerung in diesen Ländern, sondern auch im Interesse der Europäer ist.

Deutschland stellt angesichts des Flüchtlingszustroms den Zugverkehr nach Österreich ein. Nach Angaben der Österreichischen Bundesbahnen ÖBB ist der Zugverkehr nach Deutschland am Sonntagnachmittag gegen 17.00 Uhr eingestellt worden. Der bayrische Innenminister Herrmann sagte, dies sei auf Anweisung des Bundesverkehrsministers geschehen und gelte für zunächst 12 Stunden.

Zuvor habe es ein Gespräch zwischen dem deutschen Bahnchef Rüdiger Grube und ÖBB-Chef Christian Kern gegeben. Über das weitere Vorgehen werde noch beraten. Zur Zeit befinden sich 1800 Flüchtlinge und reguläre Passagiere in Zügen Richtung Deutschland.

Nach Bild-Informationen schickt der Bund 21 Hundertschaften der Bereitschaftspolizei des Bundes nach Bayern, die bei der Grenzsicherung helfen sollen. Die Bundespolizei wird diesen Informationen zufolge auch ihre Schleierfahndung in der Nähe der Grenzen zu Tschechien und Polen ausbauen, damit die Grenzkontrollen zu Österreich nicht umgangen werden können.

Die österreichische Regierung unter Leitung von Bundeskanzler Werner Faymann hält zur Stunde eine Sondersitzung ab. Eine Regierungssprecherin bestätigte, dass Faymann und Bundeskanzlerin Angela Merkel am Sonntag telefoniert hatten.

Der anhaltend starke Andrang von Flüchtlingen hatte Deutschland am Wochenende vor immer größere Herausforderungen gestellt. In München trafen am Samstag mehr als 12.000 Menschen ein. Die Stadt sieht die Belastungsgrenze erreicht. Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) appellierte an Merkel und andere Länder, München nicht im Stich zu lassen.

Erstmals wurde ein regulärer ICE der Deutschen Bahn für Flüchtlinge geräumt. Die Passagiere dieses Zuges von München nach Berlin mussten auf andere Züge umbuchen.

Die Stadt München hat seit Ende August 63.000 Flüchtlinge empfangen und versorgt. Und über die Balkanroute drängen immer mehr Flüchtlinge nach Westeuropa. In Ungarn registrierte die Polizei am Samstag mit 4.330 Neuankömmlingen einen Tagesrekord. An der österreichisch-ungarischen Grenze in Nickelsdorf trafen am Samstag 6.600 Flüchtlinge ein.

Noch bei der Haushaltsdebatte vergangene Woche hatte de Maizière gesagt:

"Die intensiv und kontrovers geführte gesellschaftspolitische Diskussion zum Thema Asyl bezeichnete der Minister als 'berechtigt' und 'wichtig', um dann aber sogleich für eine maßvollere Führung der Debatte zu werben: 'Bitte leugnen wir nicht die großen Herausforderungen, die nach der freundlichen Aufnahme im Alltag von morgen und übermorgen anstehen, aber bitte erliegen wir auch nicht der Versuchung, das Problem so groß zu beschreiben, [...] dass alle, die zuhören, schon den Mut verlieren, an Lösungen überhaupt erst zu arbeiten', so de Maizière."

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Geldanlage: Mit einem Fondsdepot mehr aus dem eigenen Geld machen

Wer vor zehn Jahren 50.000 Euro in den Weltaktienindex investiert hat, kann sich heute über mehr als 250.000 Euro freuen! Mit der...

DWN
Finanzen
Finanzen ROI: Return on Investment und warum eine hohe Kapitalrendite wichtig ist
23.02.2025

Eine hohe Kapitalrendite entscheidet über den finanziellen Erfolg von Unternehmen und Investoren. Erfahren Sie, warum sie so wichtig ist...

DWN
Finanzen
Finanzen BlackRock: Die unsichtbare Macht eines Finanzgiganten
23.02.2025

BlackRock ist der weltweit größte Vermögensverwalter – doch wie groß ist sein Einfluss wirklich? Buchautor Werner Rügemer erklärt,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wirtschaft in der Krise – Welche Pläne haben die Parteien für Deutschland?
23.02.2025

Deutschland steckt in der Wirtschaftskrise – und die Bundestagswahl steht bevor. Wie wollen die Parteien Wachstum fördern, Steuern...

DWN
Politik
Politik Bundeswehr verstärkt Heimatschutz – neue Truppe startet im März
23.02.2025

Die Bundeswehr richtet ihre Verteidigung neu aus: Mit der Heimatschutzdivision will sie kritische Infrastruktur schützen und auf mögliche...

DWN
Politik
Politik Wahlkampf 2025: CDU/CSU zwischen Neustart und Tabubruch
23.02.2025

CDU und CSU setzen auf Steuererleichterungen, das Ende des Bürgergeldes und eine härtere Migrationspolitik. Doch wie realistisch sind die...

DWN
Politik
Politik Wie wähle ich bei der Bundestagswahl? Deutschland verweigert wahlberechtigten Auslandsdeutschen ihre Stimme abzugeben
22.02.2025

Mehrere Auslandsdeutsche berichten, zu spät oder bislang noch gar keine Wahlunterlagen erhalten zu haben. Nun drohen die Stimmen dieser...

DWN
Politik
Politik Rente mit 63: Wer wirklich von der abschlagsfreien Rente profitiert
22.02.2025

Die abschlagsfreie Rente nach 45 Beitragsjahren ist für Menschen gedacht, die beruflich sehr stark belastet sind. Doch aktuelle DIW-Zahlen...

DWN
Politik
Politik Alternativen zu Trumps Appeasement-Politik gegenüber Russland
22.02.2025

US-Präsident Donald Trump sagt, er wolle der Ukraine Frieden bringen. Aber sein Ansatz kann nicht funktionieren, weil er das Problem der...