Politik

Sparguthaben in Deutschland sind nicht mehr lange sicher

Lesezeit: 3 min
23.12.2015 02:55
Die Einlagensicherung der EU wird kommen. Bundeskanzlerin Angela Merkel führt einen halbherzigen Abwehrkampf. Die Beschlusslage spricht gegen deutsche Ausnahmen. Sollte es zu einem größeren Banken-Crash kommen, müssen die deutschen Sparer in die Haftung.
Sparguthaben in Deutschland sind nicht mehr lange sicher
Das neue Buch von Michael Maier. (Foto: FBV)

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Deutschland hat die Abwehrschlacht gegen die gemeinsame Einlagensicherung in der EU so gut wie verloren. Zwar warnt die Bundesbank nun ganz offiziell vor den Folgen und sagt, es werde dann eine Haftung ohne Kontrolle geben. Doch die Warnungen der Bundesbank sind auch in anderen Themen ungehört verhallt: Dies betrifft die Niedrigzinsen ebenso wie die verschiedenen Euro-Rettungsmanöver. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel, die heute noch kategorisch ausschließt, dass es dazu kommen wird, hat in allen anderen Fragen der Euro-Rettung ihre ursprünglich scheinbar harte Position nie durchgesetzt: Dass der ESM kurz vor Weihnachten eine weitere Milliarde Euro an die Regierung in Griechenland für den Schuldendienst auszahlt, ist für viele kaum noch der Rede wert, von Kritik ganz zu schweigen.

Ein hochrangiger Banker schildert den Deutschen Wirtschafts Nachrichten die Lage als eindeutig:

Die Vergemeinschaftung der Einlagensicherungssysteme ist beschlossen (Regulation oft he European Parliament and of the Council, Stand 24. November 2015, ausgegeben in Straßburg). Es ist ein ausgefeiltes „Proposal“, das auf 69 Seiten die genauen Regulierungen enthält. Über den Entwurf stimmen das Europaparlament und der Rat der Europäischen Union ab. Für beide reichen einfache Mehrheitsentscheidungen. Das Parlament hat seine Bereitschaft schon erklärt. Der Rat der Europäischen Union entscheidet so, wie die ihm untergegebene Eurogruppe der Finanzminister entscheidet. Deren Vorsitzender Jeroen Dijsselbloem, Niederlande, hat in diesem Monat zweimal hintereinander erklärt, dass die Vergemeinschaftung gemäß dem Entwurf kommen und es keine Sonderrolle für die deutschen Einlagensicherungen geben wird. Im Augenblick geht es nur noch um den Zeitrahmen, ob spätestens 2024 oder früher.“

In der Praxis werde dies, so der Banker, bedeuten:

„Schon heute sind nur Einzelguthaben bis 100.000 Euro geschützt. Die Einlagensicherungssysteme der Sparkassen und Genossenschaftsbanken bauen auf einer freiwilligen Institutssicherung auf, das der privaten Banken auf Eigenkapitalbezug. Diese Sonderheiten finden sich im Entwurf nicht wieder, dafür steht dort, dass alle Bürger einzeln mit ihrem Sparvermögen insgesamt für die Gemeinschaftseinlagensicherung haften bis zu 100.000 Euro je Bürger. Diskutiert wird noch, ob eine Einlagensicherung der EU für die EU oder nur für den Euroraum sein soll.

Für den deutschen Einleger, nicht nur dem normalen Sparer, bedeutet die Vergemeinschaftung, dass andere über sein Eigentum entscheiden werden, ohne ihn zu fragen. Die 100.000er Grenze soll so ausgestaltet werden, dass Sozialkriterien entwickelt werden, so dass der generelle Zugriff schon darüber eingeschränkt wird.“

Die britische Regierung hat erklärt, dass die britischen Bürger weder für den EU- noch für den Euro-Raum haften werden. Die Einlagensicherung der EU ist wichtiger Baustein für den „Brexit“. Der britischen Regierung wurde mitgeteilt, dass über die Teilnahme der britischen Sparer nicht diskutiert werden wird, selbst wenn Großbritannien die Regulierung nicht unterzeichnen wird.

Als Vorbild nennt die EU die USA mit ihrem Sozialversicherungs- und Einlagensicherungssystem. Das ist ein Zwangssystem eines Staates. Damit wird auch klar, warum die EU dieses System einführen will: Sie strebt unverändert den Einheitsstaat an. Nach der Einführung des Euro, der Aufgabe der nationalen Grenzen und dem direkten Schutz der EU-Außengrenzen durch eine eigene Grenzschutzeinheit und der gemeinsamen Polizei-Kompetenz ist die gemeinsame Haftung für die Banken der logische nächste Schritt auf diesem Weg.

Die Spitzenverbände der Sparkassen und Genossenschaftsbanken haben zwar an EU-Präsident Jean-Claude Juncker geschrieben, jedoch lediglich eine Antwort hinhaltende Antwort bekommen. Die Verbände vertrauen der Bundesregierung und hoffen, dass sie den Kampf bis zum bitteren Ende durchficht. Wie viel Aussagen von Juncker wert sind, haben die Russland-Sanktionen gezeigt: Juncker hatte noch vor wenigen Wochen gesagt, die EU müsse zu einem partnerschaftlichen Verhältnis mit Russland zurückkehren. Wenig später wurde die Verlängerung der Sanktionen beschlossen – ohne weitere Diskussionen. Eine Wortmeldung Junckers zu dem Thema ist nicht bekannt.

Die deutschen Sparer sind also gut beraten, sich zu orientieren, wie sie ihre Guthaben oder Ersparnisse verwalten wollen. Noch sind diese in den aktuellen Systemen relativ sicher. Allzu lange sollten sich die Sparer jedoch nicht in dieser falschen Sicherheit wiegen.

***

DWN-Herausgeber Michael Maier erklärt in seinem neuen Buch, warum der Zugriff auf die Sparguthaben Teil der modernen Kriege und daher unausweichlich ist: Die Staaten haben sich alle über die Maßen verschuldet. In der Geschichte sind in solchen Situationen stets zwei Ereignisse eingetreten: Kriege wurden geführt, um einen äußeren Feind zu identifizieren. Zugleich wurden die Sparer enteignet, um die Kriege zu finanzieren und die Staaten unauffällig zu entschulden. 

Das Management-Journal urteilt: „Wer die globalen politischen, wirtschaftlichen und militärischen Probleme dieser Welt verstehen will, muss ,Das Ende der Behaglichkeit‘ lesen.“

Michael Maier: „Das Ende der Behaglichkeit. Wie die modernen Kriege Deutschland und Europa verändern“. FinanzBuch Verlag München, 228 Seiten, 19,99€. Bestellen Sie das Buch hier direkt beim Verlag.

Oder kaufen Sie es im guten deutschen Buchhandel das Buch ist überall erhältlich. Wir unterstützen den Buchhandel ausdrücklich, er muss gefördert werden!

Oder bestellen Sie das Buch bei Amazon. Mit einem Kauf unterstützen Sie die Unabhängigkeit der Deutschen Wirtschafts Nachrichten.

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

DWN
Politik
Politik Verfassungsgericht stärken: Mehrheit der Parteien auf dem Weg zur Einigung?
28.03.2024

Das Verfassungsgericht soll gestärkt werden - gegen etwaige knappe Mehrheiten im Bundestag in aller Zukunft. Eine Einigung zeichnet sich...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Deutschlands maue Wirtschaftslage verhärtet sich
28.03.2024

Das DIW-Konjunkturbarometer enttäuscht und signalisiert dauerhafte wirtschaftliche Stagnation. Unterdessen blieb der erhoffte...

DWN
Politik
Politik Corona-Aufarbeitung: Lauterbach will RKI-Protokolle weitgehend entschwärzen
28.03.2024

Gesundheitsminister Karl Lauterbach hat angekündigt, dass einige der geschwärzten Stellen in den Corona-Protokollen des RKI aus der...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Brückeneinsturz in Baltimore trifft Importgeschäft der deutschen Autobauer
28.03.2024

Baltimore ist eine wichtige Drehscheibe für die deutschen Autobauer. Der Brückeneinsturz in einem der wichtigsten Häfen der...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft „Made in Germany“ ist wieder gefragt - deutsche Exporte steigen deutlich
28.03.2024

Der Außenhandel in Deutschland hat wider Erwarten zu Jahresbeginn deutlich Fahrt aufgenommen. Insgesamt verließen Waren im Wert von 135,6...

DWN
Finanzen
Finanzen Der Ukraine-Krieg macht's möglich: Euro-Bonds durch die Hintertür
28.03.2024

Die EU-Kommission versucht, mehr Macht an sich zu ziehen. Das Mittel der Wahl hierfür könnten gemeinsame Anleihen, sogenannte Euro-Bonds,...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Osterfreude und EM-Fieber: Hoffnungsschimmer für Einzelhandel
28.03.2024

Das Ostergeschäft verspricht eine Wende für den deutschen Einzelhandel - nach einem düsteren Februar. Wird die Frühlingshoffnung die...

DWN
Immobilien
Immobilien Immobilienkrise für Banken noch nicht überwunden
28.03.2024

Die deutschen (Pfandbrief-)Banken sind stark im Gewerbeimmobilien-Geschäft engagiert. Das macht sie anfällig für Preisrückgänge in dem...