Politik

EU-Staaten machen Front gegen Merkels Flüchtlings-Pakt mit der Türkei

Die Aussichten für den von Angela Merkel forcierten Deal der EU mit der Türkei haben sich weiter verschlechtert. Der zyprische Präsident Anastasiades droht mit einem Veto gegen die Vereinbarung. Auch andere europäische Staaten warnen vor einer Erpressung durch die Türkei.
16.03.2016 01:17
Lesezeit: 2 min

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Anastasiades kritisierte die Verknüpfung der Flüchtlingsfrage mit den türkischen Beitrittsgesprächen zur EU. Es sei „inakzeptabel, die Last der Verantwortung in der Flüchtlingskrise auf meine Schultern oder die der Republik Zypern zu legen“, sagte er nach Gesprächen mit EU-Ratspräsident Donald Tusk in Nikosia.

Die Türkei hatte in der vergangenen Woche überraschend angeboten, alle neu ankommenden Flüchtlinge aus Griechenland zurückzunehmen – für jeden so abgeschobenen Syrer soll die EU einen syrischen Flüchtling aufnehmen, der sich schon in der Türkei befindet. Als Gegenleistung verlangt Ankara insgesamt sechs Milliarden Euro von der EU, Visafreiheit für türkische Bürger schon ab Juni sowie beschleunigte Beitrittsverhandlungen mit Brüssel.

Das EU-Land Zypern hatte die seit 2005 laufenden EU-Beitrittsverhandlungen mit Ankara immer wieder blockiert. Die Insel ist seit 1974 geteilt, als türkische Truppen den Nordteil der Insel als Reaktion auf einen Putschversuch besetzten. Die dortige Türkische Republik Nordzypern ist international nicht anerkannt, Ankara erkennt seinerseits die Regierung des EU-Mitglieds Zypern nicht an.

Tusk reiste am Nachmittag nach Ankara weiter, um vor dem Gipfel mit der türkischen Regierung über das angestrebte Flüchtlingsabkommen zu beraten. Der EU-Ratspräsident sagte in Nikosia, der mit Deutschland und den Niederlanden ausgearbeitete, türkische Vorschlag müsse noch „ausbalanciert“ werden, damit er von allen 28 EU-Staaten akzeptiert werden könne.

Wichtig sei insbesondere die Frage der Rechtmäßigkeit geplanter Massenabschiebungen von Griechenland in die Türkei, sagte Tusk. Diese müssten vollständig im Einklang mit europäischem und internationalem Recht sein.

Vor Zypern hatten schon Frankreich und Österreich Widerstand gegen den Flüchtlings-Pakt angemeldet. Frankreichs Premierminister Manuel Valls sagte am Dienstag, sein Land strebe zwar eine „effiziente Zusammenarbeit mit der Türkei“ an, wolle aber keine „Erpressung“.

Auch der tschechische Präsident Milos Zeman warf der Türkei „Erpressung“ vor: Ursprünglich habe die EU drei Milliarden Euro an Unterstützung zugesagt, „jetzt verlangt die Türkei sechs Milliarden Euro und es ist sogar schon die Rede von 20 Milliarden“, sagte Zeman in Prag. „Unhöfliche Leute wie ich nennen das Erpressung.“

Für die Flüchtlinge, die im griechischen Grenzlager Idomeni unter erbärmlichen Bedingungen auf die Öffnung der mazedonischen Grenze warten, sind die Aussichten weiter düster. Rund 1500 Männer, Frauen und Kinder, die am Vortag durch einen reißenden Fluss auf die mazedonische Seite gekommen waren, wurden am Dienstag von mazedonischen Soldaten wieder nach Griechenland zurückgebracht.

Die griechischen Behörden zeigten sich von der einseitigen Initiative der mazedonischen Behörden ebenso überrascht wie von der Zahl der Rückkehrer – sie hatten zuvor von 700 Menschen gesprochen, die es auf die andere Seite geschafft hatten.

Griechenlands Regierungschef Alexis Tsipras warf den mutmaßlichen Organisatoren der Flucht ein „kriminelles Vorgehen“ vor. Er rief die festsitzenden Flüchtlinge auf, die Hoffnung auf eine Weiterreise Richtung Deutschland aufzugeben und ihre Umsiedlung in bereitstehende Lager zu akzeptieren: „Wir halten es für ausgeschlossen, dass die Balkanroute wieder öffnet“, sagte Tsipras.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen Milliardärsmanager fliehen aus US-Aktien: Der stille Countdown zur Rezession hat begonnen
17.04.2025

Eine neue Erhebung der Bank of America zeigt: Die Stimmung unter den großen Vermögensverwaltern kippt dramatisch. Während die Finanzwelt...

DWN
Politik
Politik Merz und EU offen für Tauruslieferung an Ukraine: Kreml warnt vor direkter Kriegsbeteiligung
17.04.2025

In der Opposition war Merz offen für eine Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine. Als voraussichtlicher Kanzler ist er das...

DWN
Panorama
Panorama Die Macht der WHO: Internationaler Pandemievertrag kommt
17.04.2025

Fünf Jahre nach Beginn der Corona-Pandemie haben sich die WHO-Mitgliedstaaten auf ein Pandemieabkommen geeinigt. „Ich habe keinen...

DWN
Technologie
Technologie Mechanische Speicher als geopolitische Alternative: Lithium-Batterien geraten unter Druck
17.04.2025

Angesichts wachsender Abhängigkeit von China bei Lithium-Batterien rücken mechanische Energiespeicher in den Fokus. Eine...

DWN
Technologie
Technologie Japanisches Genie revolutioniert Energiewende – Supermagnet jetzt 20 Milliarden Euro wert
17.04.2025

Im globalen Wettrennen um Energiesouveränität und technologische Vorherrschaft hat sich ein unscheinbares Element als strategischer...

DWN
Politik
Politik Taiwan, Sanktionen und Respekt - China stellt klare Bedingungen für Handelsgespräche mit den USA
17.04.2025

China fordert mehr Respekt und klare Signale der USA, bevor Handelsgespräche beginnen – eine Einigung ist entscheidend für die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Steht das Verbrenner-Verbot vorm aus? Europas Rechte bläst zum Gegenschlag gegen EU-Establishment
17.04.2025

Konservative und rechte Kräfte im EU-Parlament wollen das Aus für Verbrennungsmotoren kippen – mit wachsender Unterstützung auch aus...

DWN
Politik
Politik Geheime Chatgruppe: EU-Außenminister betreiben Diplomatie über Signal - auf Einladung Kaja Kallas
17.04.2025

Die Außenminister der Europäischen Union kommunizieren in einer privaten Chatgruppe der verschlüsselten App Signal. Dies bestätigte der...