Das ukrainische Parlament hat den umstrittenen Generalstaatsanwalt Viktor Schokin seines Amtes enthoben. Mit einer überwältigenden Mehrheit von 289 Stimmen votierten die Abgeordneten am Dienstag für die Absetzung Schokins. Der im Februar zurückgetretene Wirtschaftsminister Aivaras Abromavicius begrüßte die Entscheidung laut AFP in einer Botschaft im Kurznachrichtendienst Twitter mit den Worten „Hallelujah! Endlich!“
Dem Generalstaatsanwalt wird vorgeworfen, nichts gegen die verbreitete Korruption im Land zu tun und in gewissen Fällen sogar die Ermittlungen zu hintertreiben. Schokin hatte den Posten seit Februar vergangenen Jahres inne. Im Juli wurden bei einer Razzia bei zwei ranghohen Staatsanwälten große Mengen Diamanten und Bargeld gefunden. Ein weiterer Vorwurf: Auch die Ermittlungen zu den Todesschüssen während der Maidanproteste 2013/2014 würden verschleppt. Das Parlament hat nun bereits zum dritten Mal seit dem Umsturz vom Februar 2014 den Generalstaatsanwalt entlassen.
Präsident Petro Poroschenko hatte seinen engen Vertrauten Schokin sowie Regierungschef Arseni Jazenjuk während einer Parlamentssitzung Mitte Februar zum Rücktritt aufgefordert. Schokin hatte daraufhin bereits vor anderthalb Monaten seinen Rücktritt eingereicht. Kurz vor der Abstimmung entließ Schokin noch seinen als Reformer geltenden und aus Georgien eingebürgerten Stellvertreter David Sakwarelidse, meldet die dpa.
Der Machtkampf in der Regierung geht weiter, während sich schon die potenziellen Nachfolger von Jazenjuk positionieren: In der vergangenen Woche erneuerte Poroschenko seine Rücktritts-Aufforderung an Jazenjuk, der sich bislang jedoch weigert. Als neuen Regierungschef nominierte die Partei Poroschenkos bereits den Parlamentspräsidenten Wolodimir Groisman. Doch auch die in den USA geborene jetzigen ukrainische Finanzministerin Natalja Jaresko wird als Nachfolgerin von Jazenjuk gehandelt. Und der mit den US-Neocons eng verbundene Gouverneur von Odessa, Michail Saakaschwili, sieht seine Mission ebenfallls im kompletten Austausch der „politischen Klasse“ in Kiew.
Doch nach ukrainischer Verfassung muss Jazenjuk, der Mitte Februar bereits ein Misstrauensvotum überstand, nun aus eigenem Entschluss zurücktreten, bevor ein Nachfolger bestimmt werden kann. Die größten Fraktionen wollten zeitnah über ihr weiteres Vorgehen und die Zukunft der durch Austritte mehrerer Koalitionspartner stark geschwächten Regierung beraten.
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