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Pegida-Chef Bachmann erscheint mit „Zensur-Brille“ vor Gericht

Lesezeit: 2 min
19.04.2016 17:38
Pegida-Gründer Lutz Bachmann erschien mit „Zensur-Brille“ und Zahnbürste in der Brusttasche am Dienstag vor Gericht. Er ist der Volksverhetzung angeklagt. Doch die Beweislage ist einigermaßen kompliziert.

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Martin Fischer von der dpa liefert einen interessanten Bericht vom ersten Prozesstag gegen den Pegida-Chef in Dresden. Bachmann ist wegen Volksverhetzung angeklagt:

Er ist bekannt für seine Stimmungsmache gegen Flüchtlinge. Seine Anhänger lieben ihn dafür, quittieren es bei den Pegida-Kundgebungen in Dresden regelmäßig mit «abschieben, abschieben»-Rufen. Erst am Montagabend sprach Lutz Bachmann bei einer Kundgebung seiner «Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes» (Pegida) von «Fickilanten», auch dafür erntete er Gelächter und Applaus. Dass er im Zusammenhang mit Flüchtlingen Begriffe wie «Viehzeug», «Gelumpe» und «Dreckspack» verwendet hat, bestreitet der 43-Jährige neuerdings. Neuerdings steht er aber auch wegen Volksverhetzung in Dresden vor Gericht.

Als Bachmann Dienstagmorgen rund eine Stunde vor Prozessbeginn vor dem Gerichtsgebäude erscheint, wird er schon von Dutzenden Anhängern erwartet. Deutschlandfahnen wehen, es wird gesungen. Eine Handvoll Gegendemonstranten, die die konsequente Bestrafung rechter Hetze und Gewalt fordern, wird kaum beachtet.

Bachmann kommt in Begleitung seiner Frau Vicky. Beide tragen schwarze Balken-Brillen. «Das sind Zensur-Brillen», erläutert einer, der ein Plakat trägt, auf dem er «Freispruch für Bachmann» fordert. Eine Zahnbürste guckt aus der Brusttasche seiner Jeansjacke. Mitglieder der Pegida-Führung und ihre Anhänger sind umringt von Kamerateams, Fotografen, Reportern. Das Ehepaar Bachmann genießt die öffentliche Aufmerksamkeit sichtlich. Mit Reportern sprechen will Bachmann nicht.

Auch im Gerichtssaal, wo auf den gut 60 Zuschauerplätzen vor allem Pegida-Anhänger sitzen, sagt er kaum etwas. Der Richter lässt es geschehen, dass Frau Vicky neben ihm auf der Anklagebank Platz nimmt. Das Publikum applaudiert, als die beiden den Saal betreten.

Ihr Mandant werde keine Angaben zur Sache machen, sagt Anwältin Katja Reichel. Während sie Beweisanträge vorträgt, liest Bachmann in den Akten fleißig mit, macht Notizen, schiebt ihr Zettel rüber, tuschelt. Je nach Redner kommentiert Frau Bachmann das Gesagte mal mit interessierter, mal mit spöttischer Miene.

Reichel streitet ab, dass die Facebook-Kommentare mit den Beschimpfungen überhaupt von Bachmann stammen. Staatsanwalt Tobias Uhelmann präsentiert zwei Zeugen, die genau das belegen sollen: Eine 38 Jährige Dresdnerin und ihre 60 Jahre alte Mutter. Die Tochter hatte nach eigenen Angaben im September 2014 - einen Monat vor Gründung der Pegida - bei Facebook an ihre «Lieben Freunde» geschrieben und angesichts eines erschütternden Zeitungsberichts um Mitgefühl für Flüchtlinge geworben.

Unter diesen Freunden sei damals auch Bachmann gewesen. Und der habe dann in harschen Worten versucht, sie von ihrem durch die «gleichgeschalteten Medien» beeinflussten Mitleid abzubringen. In diesem Zusammenhang seien dann auch die Bezeichnungen «Viehzeug», «Gelumpe» und «Dreckspack» für Flüchtlinge gefallen. Nach dieser schroffen Auseinandersetzung hätten sich beide dann gegenseitig bei Facebook entfreundet.

Eigentlich sei es das dann für sie gewesen, sagt die 38-Jährige. «Bis dann Pegida kam.» Denn als Bachmann vier Monate später als Kopf der immer erfolgreicher werdenden Bewegung aufgetreten sei, habe sie sich an dessen «boshafte» Kommentare erinnert. Ein Posting auf dem Internetportal einer Tageszeitung mit Hinweis auf den Chat von damals brachte den Stein dann ins Rollen: Reporter hätten sich bei ihr gemeldet und Belege gefordert. Daraufhin habe ihre Mutter den Gesprächsverlauf ausgedruckt und einer Zeitung übergeben, die die Unterlagen dann an die Staatsanwaltschaft übergeben habe. Die Kommentare Bachmanns seien da bereits gelöscht gewesen.

Eine komplizierte Beweisführung. Bachmanns Anwältin bezweifelt, dass man sich in einem solchen Zusammenhang überhaupt der Volksverhetzung schuldig machen kann, und fordert ein Rechtsgutachten. Wenn die Kommentare tatsächlich von Bachmanns Facebook-Account stammen sollten, müsse der Nachweis geführt werden, dass dieser nicht manipuliert gewesen sei. Der Staatsanwaltschaft wirft sie vor, sich nicht ausreichend bei Facebook um eine Klärung bemüht zu haben.

Reichel spricht von einer Vorverurteilung ihres Mandanten durch Politik und Medien, will Facebook-Vertreter als Zeugen laden und fordert die Einstellung des Verfahrens, weil kein fairer Prozess zu erwarten sei. Über den Antrag wird Richter Hans Hlavka wohl am nächsten Verhandlungstag in zwei Wochen entscheiden. Dann soll auch ein Zeitungsreporter aussagen.

Als Bachmann nach rund vierstündiger Verhandlung vor dem Gericht vor seine Anhänger tritt, gibt er sich siegesgewiss. «Wie zu erwarten: Es sieht gut aus», sagte er, ohne weitere Einzelheiten zu nennen. «Einstellen, einstellen», ruft die Menge.

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