Finanzen

Zentralbanken können der Weltwirtschaft nicht mehr helfen

Lesezeit: 2 min
27.06.2016 01:51
Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich sieht die Zentralbanken am Ende ihrer Möglichkeiten – mit ihrer expansiven Geldpolitik ließe sich die Weltwirtschaft nicht mehr stimulieren. Dringend notwendig sei eine radikale Neuausrichtung und ein Abbau der hohen Schulden.
Zentralbanken können der Weltwirtschaft nicht mehr helfen

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) – eine Art Zentralbank der Zentralbanken – plädiert für eine grundlegende wirtschaftspolitische Neuausrichtung. Anders sei der Abschwung der Weltwirtschaft und die hohe Verschuldung nicht mehr in den Griff zu bekommen, schreibt die BIZ in ihrem aktuellen Jahresbericht.

Eine „riskante Dreierkonstellation“ aus einem ungewöhnlich niedrigen Produktivitäts-Wachstum, beispiellos hohen Schuldenständen weltweit und einem äußerst engen wirtschaftspolitischen Handlungsspielraum verhindere eine nachhaltige Erholung der Weltwirtschaft nach der Krise von 2008/2009, so die BIZ.

Zwar „lag das globale BIP-Wachstum pro Person im erwerbsfähigen Alter leicht über seinem historischen Durchschnitt, und die Arbeitslosenquoten waren im Allgemeinen rückläufig“, von einer grundlegenden Erholung der Volkswirtschaften könne aber keine Rede sein, schreibt die BIZ. Dafür machen die Ökonomen insbesondere die Nachwirkungen zahlreicher Auf- und Abschwünge an den Finanzmärkten und den immensen Schuldenaufbau verantwortlich.

Während die Industrieländer kaum nennenswerte Impulse lieferten, kühle sich gleichzeitig das Wachstum in den aufstrebenden Schwellenländern ab. „In den rohstoffexportierenden aufstrebenden Volkswirtschaften verstärkte der Abschwung im inländischen Finanzzyklus zumeist den Verfall der Exportpreise und die Währungsabwertungen, während sich gleichzeitig die Wirtschaftslage verschlechterte. Im Allgemeinen verschärfte der restriktivere Zugang zu Dollarmitteln diese Entwicklungen noch“, heißt es im Jahresbericht.

Die Zentralbanken, so die BIZ, hätten ihre Möglichkeiten fast ausgeschöpft und seien offenbar nicht mehr in der Lage, nachhaltige Impulse für die Realwirtschaft zu liefern. Zwar unterstütze eine expansive Geldpolitik die Volkswirtschaften prinzipiell, aber ihr Handlungsspielraum werde immer enger und eine Normalisierung der Geldpolitik immer weiter verschoben. Das Phänomen von Null- oder Negativzinsen als Konsequenz verzerre die Märkte und stelle Sparer und Anleger vor ernsthafte Schwierigkeiten: „Die inflationsbereinigten Leitzinssätze sind noch weiter unter null gefallen und verlängern damit die längste Negativzinsphase seit dem Zweiten Weltkrieg.  Diese Zinssätze sagen einiges aus: Die Marktteilnehmer blicken mit einer gewissen Besorgnis in die Zukunft; trotz der massiven Zentralbankmaßnahmen seit der Krise verharrt die Inflation hartnäckig auf niedrigem Niveau und das Produktionswachstum ist enttäuschend; und von der Geldpolitik wird schon viel zu lange zu viel verlangt.“

Die Schulden, beklagen die BIZ-Ökonomen, nähmen weltweit unvermindert zu und würden Unternehmen und Staaten an Investitionen hindern. Dieser Befund ist eigentlich keine Neuigkeit: es ist bekannt, dass ein auf Zinseszinsen aufgebautes Finanzsystem zwangsläufig zur Folge hat, dass sich immer größere Guthaben ansammeln, während die Schulden spiegelbildlich weiter anwachsen. „In den von der Krise am stärksten betroffenen fortgeschrittenen Volkswirtschaften stand einer begrüßenswerten Verringerung bzw. Stabilisierung der Verschuldung des privaten Sektors tendenziell ein weiterer Anstieg der Verschuldung des öffentlichen Sektors gegenüber. In anderen Ländern nahm die Verschuldung im privaten Sektor entweder im Gleichklang mit der Verschuldung im öffentlichen Sektor zu oder ihr Anstieg überwog den Schuldenabbau im öffentlichen Sektor“, lautet der Befund der BIZ.

Die BIZ plädiert für eine grundlegende und international koordinierte Neuausrichtung der Wirtschaftspolitik. Diese gehe mit einer Entlastung der Geldpolitik einher. Um harte Strukturreformen kämen die allermeisten Staaten nicht mehr herum. Diese sollten zudem die verbliebenen fiskalischen Spielräume nutzen, um Schulden abzubauen.

Die Zentralbanken der G7-Staaten haben nach Angaben der Gruppe Schritte eingeleitet, um eine angemessene Liquidität zu gewährleisten und das Funktionieren der Märkte zu unterstützen. Die G7 gingen weiter davon aus, dass die britische Wirtschaft und der Finanzsektor widerstandsfähig blieben.

IWF-Chefin Christine Lagarde fordert die Verantwortlichen in Großbritannien und Europa auf, bei der Gestaltung der neuen Wirtschaftsbeziehungen zwischen dem Königreich und der EU nach dem Brexit auf einen sanften Übergang hinzuarbeiten (Video am Anfang des Artikels). Sie befürworte die Maßnahmen der Bank of England und der EZB, das Bankensystem mit ausreichend Liquidität zu versorgen.

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Ratgeber
Ratgeber Sichere Mobilgeräte für Ihr Business: Das Samsung Security Ecosystem

In vielen Unternehmen sind Smartphones und Tablets längst zum unverzichtbaren Arbeitsmittel geworden. Je nach Einsatzgebiet sind die...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Das wahre Problem mit Chinas Wirtschaft
22.09.2023

Chinas Wirtschaft ist auf einem stetigen Konjunkturabschwung. Beobachter sind sich einig: die BIP-Raten werden vergangene Jahre nicht...

DWN
Immobilien
Immobilien Preise für Wohnimmobilien fallen in Rekordtempo
22.09.2023

Deutsche Wohnimmobilien waren im zweiten Quartal knapp 10 Prozent billiger als im Vorjahreszeitraum. Die Neubaupreise in Großstädten sind...

DWN
Politik
Politik Russland plant massiven Anstieg der Militärausgaben
22.09.2023

Russland plant für 2024 einen massiven Anstieg der Verteidigungsausgaben, da kein Ende des Kriegs absehbar ist. Doch offenbar kann das...

DWN
Politik
Politik Steuererhöhung bei Silber: „Der Staat nimmt jetzt weniger ein“
22.09.2023

Der Staat hat die Steuern auf viele Silbermünzen drastisch erhöht. Anleger bezahlen seit knapp einem Jahr über 10 Prozent mehr. Dennoch...

DWN
Politik
Politik Wieder Straßenblockaden fürs Klima in Berlin
22.09.2023

Man wolle Berlin mit Straßenblockaden lahmlegen, hatte die Letzte Generation ihre Aktionswochen angekündigt. Autofahrer sind genervt und...

DWN
Panorama
Panorama Hochsensibilität in der Arbeitswelt – Das verkannte Potential
22.09.2023

Es ist ein recht junges Forschungsfeld, über das es noch nicht allzu viele Erkenntnisse gibt. Das Thema Hochsensibilität findet in der...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Kleiner Lichtblick für deutsche Wirtschaft
22.09.2023

Die deutsche Wirtschaft schrumpft weiter, aber nicht mehr so schnell, wie der Einkaufsmanagerindex für September zeigt. Dennoch ist kein...

DWN
Immobilien
Immobilien Verbände boykottieren Wohnungsgipfel mit Bundesregierung
22.09.2023

Die Wohnungswirtschaft erhebt vor dem Gipfel im Kanzleramt schwere Vorwürfe gegen die Bundesregierung. Zwei Verbände bleiben dem Treffen...