Politik

Think Tank: Österreichs Bürger sind bei TTIP geblendet

Lesezeit: 2 min
12.08.2016 23:24
Fast zwei Drittel der österreichischen Bevölkerung spricht sich derzeit gegen TTIP aus. Für den Think Tank Agenda Austria ist das jedoch scheinheilig. TTIP kritisieren und den Genuss der Internationalisierung leben, passe eigentlich nicht zusammen. Die Bürger hätten sich bisher zu sehr von der Anti-TTIP-Kampagne vereinnehmen lassen. Denn Österreich würde von TTIP profitieren.
Think Tank: Österreichs Bürger sind bei TTIP geblendet

Mehr zum Thema:  
Europa >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Europa  

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Kaum ein Abkommen bekommt so viel Aufmerksamkeit wie die Freihandelsabkommen TTIP und CETA mit den USA und Kanada. In zahlreichen Ländern gehen regelmäßig zehntausende Menschen auf die Straße, um dagegen zu demonstrieren. Der Vorwurf der Verwässerung des Verbraucherschutzes, der Intransparenz und der Bevorzugung von Großunternehmen steht dabei genauso im Fokus wie das gern angeführte Chlorhühnchen. In Österreich ist dem Eurobarometer die Zustimmung zu TTIP am geringsten. Nur etwa 22 Prozent der Bevölkerung befürworten TTIP. Das sind sogar noch weniger als in Deutschland. 70 Prozent der Österreicher sind klar gegen TTIP. In Deutschland sind es keine 60 Prozent.

Doch der massive Widerstand der österreichischen Bevölkerung ist dem Think Tank Agenda Austria zufolge meist unbegründet und nicht stichhaltig:

„Wir schlüpfen noch schnell in die Sneakers von Nike, stecken das iPhone in die Tasche und eilen gestärkt mit einem Espresso von Starbucks zur nächsten Anti-TTIP-Veranstaltung. Weil der Freihandel ja so schrecklich ist.“

Tatsächlich werde Österreich dem Think Tank zufolge zu den größten Gewinnern des TTIP-Abkommens zählen. Österreich profitiere vom Handel. Mehr als die Hälfte der hier produzierten Waren geht ins Ausland. Die USA sind dabei schon jetzt der zweitwichtigste Handelspartner. Sowohl große als auch kleine und mittlere Unternehmen würden von TTIP profitieren, so die Studie. Und eine Vielzahl der ausländischen Waren wäre günstiger. Warum aber die Österreicher so gegen TTIP sind, könne „mit einer sehr erfolgreichen Kampagne der TTIP-Gegner erklärt [werden], die auf ohnehin tiefsitzende antiamerikanische Ressentiments trifft“. Ähnlich sei es beim Beitritt Österreichs zur EU gewesen. „Ein Schreckensszenario jagte das nächste, der Untergang der hohen „österreichischen Standards“ schien nah. „Damals wurde sogar vor der Blutschokolade gewarnt, die nie gekommen ist, und vor Billigware aus dem (europäischen, Anm.) Ausland, die uns überrollt. Das Gegenteil war der Fall“, so Katharina Koßdorff, Geschäftsführerin vom Fachverband der Lebensmittelindustrie.

„Es geht weniger um konstruktive, inhaltliche Kritik, sondern darum, ganz grundsätzlich ein Abkommen zwischen der EU und den USA zu verhindern – unabhängig von dessen konkreter Ausgestaltung“, so die Autoren der Studie. In einer gewaltigen Kampagne würden Ängste und Befürchtungen der Bevölkerung gezielt angesprochen und verstärkt, obwohl viele Kritikpunkte nicht Teil des Abkommens zwischen den USA und der EU sein werden. „Die fehlende Transparenz in den Verhandlungen war und ist ein idealer Nährboden für haltlose Behauptungen.“ Bürger sollten das Transparenz-Angebot der Kommission wahrnehmen und sich über TTIP an der Quelle der Verhandlungen informieren.

In seiner Studie nimmt der Think Tank entsprechend auch Stellung zu einzelnen Kritikpunkten, die gegen TTIP benutzt wurden:

„Ägypten wurde wegen der Einführung von Mindestlöhnen verklagt!

Der Fall Veolia (Frankreich) gegen Ägypten wird in der Öffentlichkeit gerne als skandalöser Fall inszeniert, der zeigt, wie ein Konzern über Schiedsgerichte die Schwächsten der Schwachen schwächen will. Veolia Environment hat mit der Stadtverwaltung in Alexandria (Ägypten) einen Vertrag zur Entsorgung und Verwertung des anfallenden Mülls geschlossen. In den Verträgen wurde festgehalten, unter welchen Umständen Vertragsänderungen vorgesehen sind. So sollte die Vergütung an den Wechselkurs, die Bevölkerungsentwicklung in Alexandria und die Lohnkosten angepasst werden. Die Einführung des Mindestlohns führte zu einem Anstieg der Lohnkosten für Veolia. Die Stadtregierung verweigerte aber eine Anpassung der Vergütung an das französische Unternehmen. Veolia klagt aufgrund eines Investitionsschutzabkommens aus dem Jahr 1975 zwischen Frankreich und Ägypten auf Entschädigung. Geklagt wird nicht gegen den Mindestlohn, sondern auf Schadensersatz durch die Vertragsverletzung der nicht angepassten Vergütung. Die Entscheidung durch das Schiedsgericht ist noch offen.“

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..


Mehr zum Thema:  
Europa >

Anzeige
DWN
Ratgeber
Ratgeber Umweltbewusst und günstig: Hondas Leasing-Modell für die elektrifizierten Fahrzeuge von Honda

Der Managing Director der Honda Bank Volker Boehme spricht mit den DWN über die neuesten Entwicklungen im Leasinggeschäft für die...

DWN
Politik
Politik Bund der Steuerzahler: Die Schuldenbremse ist unverzichtbar
01.12.2023

Der Präsident des Bundes der Steuerzahler, Reiner Holznagel, hält die Schuldenbremse in ihrer gegenwärtigen Form für unverzichtbar. Im...

DWN
Politik
Politik Israel jagt Hamas mit Superbombe
02.12.2023

Die Vereinigten Staaten haben Israel hundert sogenannte Blockbuster-Bomben geliefert, mit denen Israel die Terroristen der Hamas in den...

DWN
Politik
Politik Haushaltskrise: Wo Finanzminister Lindner den Rotstift ansetzen will
02.12.2023

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat erstmals konkretisiert, in welchen Bereichen er Einsparungen für möglich hält, um die...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Die Verwalter des Wohlstands sind mit ihrem Latein am Ende angekommen
02.12.2023

In Deutschland und Österreich sinkt die Wirtschaftsleistung. Was ist passiert? Welche geheimnisvollen, bösen Mächte sind da am Werk,...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Europas Petrochemie steht mit dem Rücken zur Wand
01.12.2023

Die petrochemische Industrie in Europa gerät in schweres Fahrwasser. Wenn von Seiten der Politik nicht rasch und grundlegend...

DWN
Finanzen
Finanzen Anleger ignorieren Warnungen der EZB, wetten auf Zinssenkung
01.12.2023

Entgegen allen Warnungen der EZB wetten die Märkte auf baldige Zinssenkungen. Damit stellen die Geldpolitik auf eine harte Probe. Gibt...

DWN
Finanzen
Finanzen Raus aus den Schulden – Wie mit Kreditkarten-, Immobilien- und Konsumschulden umgehen?
30.11.-0001

Gerade in der aktuellen Wirtschaftslage steigt für viele Menschen das Risiko einer Überschuldung enorm, da Zinsen steigen, Arbeitsplätze...

DWN
Finanzen
Finanzen Deutsche Banken fordern ein Comeback der Verbriefungen
01.12.2023

Nachdem schon Commerzbank-Chef Knof ein Ende ihrer Stigmatisierung gefordert hat, macht sich nun auch Deutsche-Bank-Chef Sewing für...