Politik

Griechische Koalition entmachtet Finanzminister, will Bailout sofort neu verhandeln

Die griechische Koalition übt Kritik an ihrem neuen Finanzminister. Er ist mit leeren Händen nach Griechenland zurückgekehrt. Nun wollen die drei Parteiführer die Verhandlungen so schnell wie möglich selbst in die Hand nehmen.
12.07.2012 10:22
Lesezeit: 1 min

Eigentlich hatte der neue griechische Finanzminister Yannis Stournaras den Auftrag, beim Eurogruppen-Treffen Anfang der Woche das Sparpaket für Griechenland zu thematisieren und in Richtung Neuverhandlung zu lenken. Doch er kam mit leeren Händen zurück. Dementsprechend kam es am Mittwochabend zu einem Treffen zwischen dem griechischen Finanzminister, Evangelos Venizelos (Pasok), Fotis Kouvelis (Demokratische Linke) und Premier Antonis Samaras. Offiziell ging es nur darum, die drei Parteiführer über die Ereignisse beim Eurogruppen-Treffen zu informieren.

Verschiedene griechische Medien, wie Kathimerini und Skai, berichteten jedoch, dass in der Koalition großer Unmut über die Unfähigkeit des griechischen Finanzministers herrsche. So soll Evangelos Venizelos, der frühere Finanzminister, Yannis Stournaras dafür kritisiert haben, dass er weder die Frage nach einer Neuverhandlung noch nach einer zeitlichen Lockerung beim Treffen der Finanzminister thematisiert habe. Venizelos habe die Macht und das Ansehen von Yannis Stournaras ausgehöhlt, hieß es. Das Pasok-Büro wies diese Berichte jedoch zurück.

Yannis Stournaras selbst hatte gesagt, dass dies erst angesprochen werden könne, wenn Griechenland sein wirtschaftliches Reformprogramm wieder auf Kurs gebracht hätte (so hatte es ihm auch die Troika gesagt – hier). Bei dem Treffen der Parteispitzen mit dem griechischen Finanzminister sollen sich die Parteiführer nun darauf geeinigt haben, ab sofort hinsichtlich der Verhandlungen zum Sparpaket eine aktivere Rolle einzunehmen, statt wie von der Troika angekündigt bis September zu warten. Yannis Stournaras wird dementsprechend bereits beim nächsten Treffen der Eurogruppe am 20. Juli die erneute Forderung nach Verhandlungen auf den Tisch legen.

Allerdings ist das Vertrauen der drei Parteispitzen in den neuen Finanzminister beschädigt. Denn nicht nur Yannis Stournaras soll die Verhandlungen durchführen. Höchstwahrscheinlich werden die drei Parteispitzen, Venizelos, Samaras und Kouvelis das Kerntteam der Verhandlungen bilden. Auch Beamte aus anderen Bereichen sollen beteiligt werden, so Kathimerini.

Besonders Evangelos Venizelos befürchtet, dass die Koalition nach dem Eurogruppen-Treffen den Eindruck vermittle, sich nicht um eine Neuverhandlung zu bemühen. „Es ist sehr wichtig, dem griechischen Volk vermitteln, dass wir alles tun, um die Bedingungen des Förderprogramms zu verbessern", sagte Evangelos Venizelos nach den Gesprächen. Der Ausgangspunkt sei zunächst eine Lockerung des Zeitplans. „Wir müssen unsere Partner davon überzeugen, dass die Rezession viel tiefer ist, als die Prognose ist.“ So könne man erreichen, mehr Zeit für die haushaltspolitischen Anpassungen zu erhalten, fuhr er fort.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Brüssel bremst Billig-Boom: EU erklärt Temu und Shein den Zoll-Krieg
22.05.2025

Die EU greift zur Zollkeule: Mit einer neuen Pauschalabgabe sollen Temu und Shein ausgebremst werden – doch am Ende zahlen Europas...

DWN
Finanzen
Finanzen Immobilien: Banken vergeben deutlich mehr Kredite für Wohnimmobilien
22.05.2025

Die Immobilienpreise waren zeitweise spürbar gefallen, nun kommt der Markt wieder in Fahrt. Verbraucher und Investoren schließen deutlich...

DWN
Finanzen
Finanzen WHO verabschiedet Pandemie-Abkommen inmitten der Finanzkrise: Deutschland sagt weitere Millionen zu
22.05.2025

Der Weltgesundheitsorganisation fehlen in den kommenden zwei Jahren 1,7 Milliarden Dollar (rund 1,5 Mrd Euro), unter anderem, weil die USA...

DWN
Panorama
Panorama Einwanderungsland Deutschland: Jeder vierte Mensch hat einen Migrationshintergrund
22.05.2025

Rund 21,2 Millionen Menschen mit Einwanderungsgeschichte haben im vergangenen Jahr in Deutschland gelebt. Das sind vier Prozent mehr als im...

DWN
Politik
Politik AfD Ausschussvorsitz: Schwarz-Rot verhindert AfD-Politiker - Alle sechs AfD-Kandidatin scheitern
22.05.2025

In sechs Ausschüssen des Bundestags hat die Partei „Alternative für Deutschland“ ein Vorschlagsrecht. Wie die SPD haben CDU und CSU...

DWN
Finanzen
Finanzen Erfolgreich in Kunst investieren: Warum Gemälde, Märkte und NFTs neue Anlagechancen bieten
22.05.2025

Wenn Aktien schwanken und Märkte auf Sicht fahren, wird Kunst zur strategischen Alternative. Wie Gemälde, Sammlerstücke und digitale...

DWN
Politik
Politik Russisches Schatten-Schiff vor Polens Küste: NATO greift ein
22.05.2025

Ein russisches Schiff kreuzt verdächtig nahe eines NATO-Kabels in der Ostsee – dann greift ein Bündnisstaat ein. Was steckt hinter dem...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Ohne Bürokratieabbau, kein Handwerk: KMU geben Politik klare Handlungsempfehlung für Bürokratieabbau
22.05.2025

Rund 75 Arbeitstage pro Jahr verlieren Betriebe im Handwerk an produktiver Zeit durch Bürokratie. Eine Studie der Handwerkskammer Dresden...