Deutschland

AKW-Betreiber wollen Abriss-Risiken auf Steuerzahler abwälzen

E.ON, RWE und EnBW prüfen die Auslagerung ihrer Atomkraftwerke in eine Stiftung. Auf diese Weise könnten sie die Abriss-Risiken loswerden. Dem Steuerzahler hingegen drohen massive finanzielle Belastungen. Denn niemand weiß, was Stilllegung, Rückbau und Endlagerung tatsächlich kosten.
12.05.2014 00:05
Lesezeit: 2 min

Die von der Energiewende hart getroffenen deutschen Atomkraftwerksbetreiber prüfen nach Angaben aus Konzernkreisen, ihre Meiler loszuwerden. Erwogen werde, die Kraftwerke in eine Stiftung auszulagern. „Darüber gibt es Gespräche mit der Bundesregierung“, sagte ein Branchenvertreter am Sonntag der Nachrichtenagentur Reuters. Die Stiftung könne den Betrieb der Anlagen und auch den Abriss der Kernkraftwerke organisieren.

„Gespräche über ein solches Modell werden schon seit einiger Zeit geführt“, sagte eine weitere mit der Angelegenheit vertraute Person aus dem Umfeld der Versorger. Auf diesem Wege könnten die Versorger die mit dem AKW-Abriss verbundenen Risiken auf die Steuerzahler abwälzen und dafür einige ihrer Schadenersatzforderungen fallen lassen, fügte der Insider hinzu. Das Bundeswirtschaftsministerium sagte, ihm sei ein solcher Vorschlag nicht bekannt. E.ON, RWE und EnBW lehnten eine Stellungnahme ab.

Die Energieriesen könnten den Angaben zufolge ihre Rückstellungen für den Abriss und die Endlagerung des Atommülls von rund 30 Milliarden Euro in die Stiftung einbringen.

Für die Konzerne wäre ein Auslagerung der Atomkraftwerke auch deswegen interessant, weil diese wegen der gefallenen Strom-Großhandelspreise keine großen Gewinnbringer mehr sind. E.ON hatte jüngst angekündigt, seinen Meiler Grafenrheinfeld sogar früher als vom Bund verlangt vom Netz zu nehmen, da sich die sonst notwendigen Investitionen nicht mehr lohnten.

Zudem ist ein Ende der Atomkraft in Deutschland ohnehin absehbar. Nach dem Ausstiegsbeschluss von 2011 soll der letzte Meiler bis Ende 2022 stillgelegt werden.

Der Spiegel hatte zuvor unter Berufung auf Konzern- und Regierungskreise berichtet, es solle eine öffentlich-rechtliche Stiftung eingerichtet werden, die dem Bund gehöre. Die Konzerne hätten die Bundesregierung bereits vor Wochen über die Grundzüge ihres Plans informiert und strebten nun Verhandlungen darüber an.

Umweltministerin Barbara Hendricks sagte, die Konzerne seien für den sicheren Auslaufbetrieb, die Stilllegung, den Rückbau und die Zwischenlagerung des Atommülls verantwortlich. „Diese haben uneingeschränkt sämtliche Kosten der Stilllegung, des Rückbaus sowie der Endlagerung zu tragen.“ E.ON hat dafür Rückstellungen in Höhe von gut 14 Milliarden Euro gebildet, RWE rund zehn Milliarden.

Doch was Abriss und Endlagerung tatsächlich kosten werden, weiß niemand. Die Endlagerfrage spaltet seit Jahrzehnten die Nation, einen Standort gibt es nicht. Auch die Erfahrungen mit dem Abriss von Atomkraftwerken sind überschaubar. Der Staat würde daher im Fall einer Übernahme der Anlagen wohl hohe finanzielle Risiken eingehen.

Er sieht sich aber auch mit erheblichen Schadenersatzforderungen der Betreiber konfrontiert, deren Ausgang ungewiss ist. E.ON und RWE fordern Schadenersatz in insgesamt zweistelliger Milliardenhöhe wegen des beschleunigten Atomausstiegs. Sie haben zudem wie auch EnBW gegen die Brennelemente-Steuer geklagt, die nach ihrer Einschätzung gegen das Wettbewerbsrecht verstößt. Auch hierbei geht es um Milliardenbeträge. Wann die höchsten Gerichte darüber entscheiden, ist noch nicht absehbar.

Die Klagen könnten nach Angaben aus Branchenkreise Teil der Gespräche sein. Auch der Spiegel berichtete, dass die Konzerne bei einer Einigung möglicherweise bereit sind, die eine oder andere Klage zurückzuziehen oder auf Schadenersatz zu verzichten.

Die Rückstellungen der Atomkraftwerksbetreiber sind immer wieder ein Thema gewesen. Umweltschützer haben gefordert, sie von den Betreiber einzukassieren, damit sie im Fall eine Pleite der Unternehmen nicht verloren sind. Die Gelder liegen in der Regel aber nicht frei auf den Konten, sondern sind in verschiedene Anlagen investiert.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Panorama
Panorama Fast alle haben in Spanien und Portugal wieder Strom
29.04.2025

Ein massiver Stromausfall stürzt die Iberische Halbinsel ins Chaos. Erst nach vielen Stunden können die meisten aufatmen. Eine wichtige...

DWN
Politik
Politik Kanada-Wahl: Liberale siegen knapp – Trump mischt sich ein
29.04.2025

Auf dem Wahlzettel stand Trump in Kanada nicht – trotzdem wirbelte der US-Präsident die Parlamentswahl im Nachbarland durcheinander. Den...

DWN
Politik
Politik Trumps nächster Coup: Tiefseebergbau in internationalen Gewässern
29.04.2025

US-Präsident Donald Trump verfolgt eine neue wirtschaftspolitische Linie, die das umstrittene Thema Tiefseebergbau in den Fokus rückt....

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis aktuell: Jetzt in Gold investieren – warum Edelmetalle unbedingt ins Portfolio gehören
29.04.2025

Goldpreis aktuell? Weiterhin auf Rekordkurs! Während der US-Dollar und die Weltwirtschaft unter Druck geraten, ist das gelbe Edelmetall...

DWN
Politik
Politik Ehemaliger NATO-Generalsekretär Rasmussen warnt: Der Westen steht vor dem Kollaps – Europa muss sich von den USA emanzipieren
29.04.2025

Der frühere NATO-Generalsekretär und dänische Premierminister Anders Fogh Rasmussen warnt vor dem endgültigen Bruch der...

DWN
Technologie
Technologie AI Continent Action Plan: Wie Europa die USA und China vom KI-Thron stoßen will
28.04.2025

Die Europäische Kommission hat einen ehrgeizigen Plan vorgestellt, um Europa zur führenden Kraft im Bereich der Künstlichen Intelligenz...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft E-Auto-Förderung: Wie geht es weiter und was plant die neue Bundesregierung?
28.04.2025

Das Ziel bleibt eindeutig – der genaue Weg aber offen. "Wir werden die E-Mobilität mit Kaufanreizen fördern", steht im...

DWN
Politik
Politik Üppige Übergangsgelder für Ex-Minister: Steuerzahlerbund kritisiert Selbstbedienung
28.04.2025

Dauerversorgung auf Kosten der Steuerzahler: Bisher bekommen Minister und Kanzler nach ihrem Ausscheiden bis zu 2 Jahren staatliche...