Politik

Neue Krise in Athen: Merkel warnt vor neuer Euro-Krise

In Griechenland sind die Zinssätze für Staatsanleihen auf 9 Prozent gestiegen. Auch Spanien muss plötzlich höhere Zinssätze für seine Schulden bezahlen.Die Investoren fürchten Neuwahlen und glauben offenbar der EZB nicht mehr, dass sie alle Euro-Staaten retten kann. Die EU kündigt an, dass sie den griechischen Banken weitere Steuergelder aus Europa zur Verfügung stellen könnte. Angela Merkel klingt indes ungewöhnlich düster.
16.10.2014 13:11
Lesezeit: 2 min

Nervosität auf dem Bondmarkt: die Zinssätze für Staatsanleihen der südeuropäischen Staaten sind am Donnerstag überraschend stark gestiegen. Spanien enttäuschte die Anleger, weil es der Regierung in Madrid nicht gelungen war ein Schuldenpaket im erwarteten Umfang zu verkaufen.

Auch Portugal (+ 13%), Irland (+13,5%) und Italien (+9,9%) müssen deutlich mehr führ ihre Schulden bezahlen. Die Zinssätze dieser Länder sind durch die Interventionen von Mario Draghi auf künstliche Rekord-Niveaus gedrückt und stehen heute auf Ständen, die den realen Risiken nicht im mindesten entsprechen: 10jährige Bonds aus Spanien notieren bei 2.29, Irland 1.94 und Italien 2.64.

Besonders irritiert ist der Bond-Markt allerdings wegen Griechenland: Hier deutet sich bereits seit einigen Tagen eine Kehrtwende an. Am Donnerstag stiegen die Zinssätze für 10jährige Staatsanleihen auf knapp 9 Prozent, nachdem sie noch vor einem Monat von der EZB auf 5 Prozent gedrückt worden waren.

Ungewöhnlich düster äußerte sich Bundeskanzlerin Angela Merkel, die noch vor wenigen Wochen dem griechischen Premier zu dessen "Reformerfolgen" gratuliert hatte. Merkel warnte vor einem Wiederaufflammen der Euro-Krise. "Die Krise ist noch nicht dauerhaft, noch nicht nachhaltig überwunden", sagte Merkel am Donnerstag in einer Regierungserklärung zum anstehenden Asem-Gipfel Europas und Asiens.

Ihr Rezept gegen die Krise ist bemerkenswert inhaltsleer: "Wir müssen Europa zu neuer Stärke führen", forderte Merkel. Darauf müsse die EU ihre Ressourcen konzentrieren. Was den richtigen Kurs angehe, zeige Deutschland, dass Wachstum, Investitionen und ein Konsolidierungskurs bei der Haushaltsführung einhergehen könnten. Merkel unterstrich die Notwendigkeit weiterer Strukturreformen in Europa. Sie betonte aber auch, dass angesichts des schwachen Wachstums mehr Investitionen in Europa nötig seien, auch mit der Mobilisierung privaten Kapitals.

Nachdem nun mehrere hundert Milliarden Euro in die Rettung der Gemeinschaftswährung gepumpt wurden, offenbart dieser Appell eine gewisse Hilflosigkeit. Der Grund dürfte darin liegen, dass sich die Entwicklung in der Euro-Zone langsam wieder dem Zugriff der zentralen Steuerung durch Brüssel entziehen.

Die Entwicklung in Griechenland deutet darauf hin, dass sich Griechenland aus dem Bailout-Programm der Troika verabschieden will, Premier Antonis Samaras konnte vergangene Woche nur knapp ein Misstrauensvotum überstehen. Die Links-Partei von Alexis Tsipras liegt nach Umfragen bereits an der Spitze. Weitere Einschnitte im Sozialsystem sind für die Regierung in Athen faktisch nicht mehr durchsetzbar.

Wenn Griechenland jedoch aus dem Bailout-Programm aussteigt, wird die offizielle Staatspleite wieder eine reale Möglichkeit.

Die europäischen Steuerzahler haben bisher 240 Milliarden Euro nach Griechenland gepumpt. Im Fall einer offiziellen Pleite wäre das Geld weg. Nach den jüngsten Turbulenzen an den griechischen Börsen- und Anleihemärkten hat die Europäische Union der Regierung in Athen demonstrativ Unterstützung zugesichert. "Europa wird Griechenland weiter beistehen, in welcher Form auch immer nötig", sagte Kommissionssprecher Simon O'Connor am Donnerstag. Das gelte auch für die Zeit nach dem auslaufenden Hilfsprogramm. Die Kommission werde sicherstellen, dass es eine "sanfte Entwicklung der Unterstützung" geben werde.

Die Athener Aktienbörse war innerhalb von zwei Tagen um mehr als elf Prozent eingebrochen. Die Renditen für zehnjährige griechische Staatsanleihen waren zugleich in die Höhe geschnellt. Investoren zweifeln zunehmend daran, dass Griechenland sich am Markt aus eigener Kraft refinanzieren kann.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Experten-Webinar: Ist Bitcoin das neue Gold? – Chancen, Risiken und Perspektiven

Inflation, Staatsverschuldung, geopolitische Unsicherheiten: Viele Anleger fragen sich, wie sie ihr Vermögen in Zeiten wachsender...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Technologie
Technologie Fahrerlose Taxis in Hessen: Chinesische Technik, deutscher Pilotbetrieb
01.06.2025

In Deutschland startet das erste Pilotprojekt für autonome Taxis: Ohne Fahrer, aber mit Überwachung aus der Ferne. Ein Modell mit...

DWN
Technologie
Technologie Goldrausch 2.0: Wie Google KI neu definiert – und Europa zuschaut
01.06.2025

Google I/O 2025 bietet einen tiefen Einblick in die nächste Ära der Künstlichen Intelligenz – von echten 3D-Videocalls bis hin zu...

DWN
Panorama
Panorama Nur noch fünf Minuten: Schlummertaste in Deutschland beliebt
01.06.2025

Mit der Schlummertaste kann man das Aufstehen verzögern. Ärzte raten davon ab, aber die Praxis ist gerade in Deutschland gängig....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Gesundheitscheck vor der Einstellung: Rechte und Grenzen für Bewerber
01.06.2025

Ein Vorstellungsgespräch ist erfolgreich verlaufen, doch bevor der Arbeitsvertrag unterschrieben wird, fordert der potenzielle Arbeitgeber...

DWN
Technologie
Technologie SaaS ist tot – die Zukunft gehört der KI, nicht Ihrer Plattform
01.06.2025

Niemand will die Nutzung Ihrer Plattform lernen – Unternehmen wollen Ergebnisse. Künstliche Intelligenz ersetzt Tools durch fertige...

DWN
Panorama
Panorama EU-Reform könnte Fluggastrechte deutlich schwächen
01.06.2025

Von Verspätungen betroffene Fluggäste haben in Zukunft möglicherweise deutlich seltener Anspruch auf Entschädigung. Die EU-Staaten...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wettlauf um die Zukunft: Wie die USA ihre technologische Überlegenheit retten wollen
01.06.2025

China wächst schneller, kopiert besser und produziert billiger. Die USA versuchen, ihre Führungsrolle durch Exportverbote und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Freelancer: Unverzichtbare Stütze in flexiblen Arbeitswelten
01.06.2025

Trotz Homeoffice-Boom bleibt die Nachfrage nach Freelancern hoch. Warum Unternehmen auf Projektarbeiter setzen, wo die Vorteile liegen –...