Politik

Absurd: Bundesbank muss wegen EZB Staatsanleihen kaufen

Die EZB kauft seit dem Vormittag Staatsanleihen: Der historische Vorgang gilt als Vorstufe zur umfassenden Finanzierung von staatlichen Schulden durch die Zentralbanken. Es kommt zwangsläufig zu grotesken Szenarien, wie etwa den auf diese Weise erzwungenen Ankauf von Bunds durch die Bundesbank.
09.03.2015 14:37
Lesezeit: 2 min

Die EZB hat am Montag mit dem Ankauf von Staatsanleihen begonnen. Wie bei der EZB üblich, soll alles der Geheimhaltung unterliegen – weshalb bestimmte Agentur-Meldungen bestenfalls als spekulativ zu bezeichnen sind. So meldet Reuters unter Berufung auf einen anonymen Händler, „deutsche, französische und belgische Bonds seien an die entsprechenden nationalen Notenbanken verkauft worden“.

Wenn das stimmt, wird die ganze Groteske des Draghi QE sichtbar: Die Bundesbank, früher einmal Hüter der währungspolitischen Disziplin und Wahrerin einer strikten Unabhängigkeit von der Politik, muss Bunds kaufen – obwohl sich Deutschland locker auf einem „Markt“ refinanzieren können müsste.

Doch ganz so sicher ist die deutsche Position tatsächlich nicht mehr. Denn bei der Geldschwemme handelt es sich nicht um einen Markt, sondern um eine Manipulation von oben. Entsprechend sehen auch die „Kurse“ aus: Wer Frankreich, Belgien, Österreich, den Niederlanden, Finnland und Deutschland für zwei Jahre Geld leiht, muss dafür Strafzinsen zahlen. Bis auf Frankreich gilt das auch für die fünfjährigen Papiere dieser Staaten. Die zweijährigen Bunds übertrafen am Mittag mit einem Strafzins von 0,21 Prozent sogar den offiziellen Negativ-Zins der EZB. Zehnjährige Staatsanleihen der genannten Staaten erzielen kaum noch Renditen – Deutschland 0,32 Prozent, Frankreich 0,56 Prozent.

Wie absurd das Spiel ist, zeigen die österreichischen Papiere: Das Land steckt in einem handfesten Banken-Krach. Mögliche Landeshaftungen von Kärnten könnten auch auf Bundesanleihen durchschlagen. Und doch liegen die österreichischen Papiere nur knapp über den Bunds. Ähnliches gilt für Frankreich, wo keinerlei Reformen zu erkennen sind und der Front National „ante portas“ steht. Auf die Bewertung der Schuldenfähigkeit haben diese Fakten keinen Einfluss.

Interessanterweise konnten Spanien und Portugal nicht von dem Trend profitieren: Die Renditen für fünf- und zehnjährige Papiere stiegen. Dennoch können auch diese Länder – in denen die Krise ebenfalls ungebrochen ist – billig Schulden aufnehmen.

Die EZB weiß im übrigen einem Bloomberg-Bericht zufolge selbst nicht, wie sie die Verluste verbuchen soll, die sich aus den Negativ-Zinsen ergeben. Auf diese Weise entsteht die absurde Situation, dass die Zentralbank erstmals die Folgen ihrer eigenen Politik zu spüren bekommt: Die Geschäftsbanken haben nämlich bereits damit begonnen, Straf-Zinsen auf Bank-Guthaben zu erheben. Die EZB dürfte darauf verzichten, solche Zinsen bei den Staaten zu erheben - schließlich ist die Fortsetzung der Schuldenpolitik der Staaten das eigentliche Ziel der Aktion. Schwierigkeiten könnten sich für die EZB außerdem ergeben, wenn nicht genug Bond-Halter ihre Papiere verkaufen. Dies ist zu erwarten - denn für die Banken ist das QE-Business wegen der Negativ-Zinsen ein schlechtes Geschäft.

Die EZB will einmal wöchentlich über die Ankäufe berichten. Doch schon jetzt zeichnet sich ab, dass das Programm eher schleppend anläuft: Bloomberg berichtet, dass das Volumen am ersten Tag nur zwischen 15 Millionen Euro und 50 Millionen gelegen haben soll. Das würde bei weitem nicht reichen, um das Ziel von 60 Milliarden Euro monatlich zu erreichen.

Griechenland spielt ohnehin in einer eigenen Liga. Bemerkenswert ist, dass die zehnjährigen Papiere trotz des Pleite-Risikos noch relativ moderat notieren, allerdings stiegen die Renditen im Lauf des Nachmittags auf 10,05 Prozent. Auch die CDS (Kreditausfallversicherungen) sind deutlich gestiegen - ein Indiz, dass die Finanzindustrie nun doch ein mulmiges Gefühl bekommt und zu zweifeln beginnt, ob die Euro-Retter auch diesmal wieder erfolgreich agieren werden.

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