Politik

Schäuble: Griechenland bleibt in jedem Fall im Euro

Wolfgang Schäuble erklärt, dass Griechenland auch als säumiger Schuldner weiter im Euro plant. Das ist mit Sicherheit zutreffend: Es gibt keine rechtliche Möglichkeit zum Euro-Austritt. Hinter den Kulissen wird offenbar über eine Lösung verhandelt. Sie könnte aus einer Mischung von Schuldenschnitt und weiterer Austerität bestehen.
30.06.2015 14:43
Lesezeit: 2 min

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hat vor Unionsabgeordneten erklärt, dass Griechenland auch bei einem «Nein» beim Referendum am Sonntag in der Euro-Zone bleibt. Das sagte ein Teilnehmer der Sitzung. Damit hat Schäuble zwar alle jene überrascht, die sich in den vergangenen Tagen eingeredete haben, es werde zu einem Rauswurf Griechenlands aus dem Euro kommen. Das ist nicht möglich - und das weiß sogar die griechische Regierung: Der griechische Finanzminister Yanis Varoufakis hat im Falle eines Ausschlusses aus dem Euro mit einem juristischen Vorgehen seines Landes gegen EU-Institutionen gedroht. «Die EU-Verträge haben keine Regelung für einen Ausstieg aus dem Euro, und wir weigern uns, diesen zu akzeptieren», sagte Varoufakis der britischen Zeitung Daily Telegraph. Griechenlands Mitgliedschaft sei nicht verhandelbar. Die Regierung in Athen lasse sich derzeit beraten und ziehe nötigenfalls eine gerichtliche Verfügung des Europäischen Gerichtshofs gegen EU-Institutionen in Erwägung. Die Regierung werde von all ihren Rechten Gebrauch machen, sagte Varoufakis.

Tatsächlich streiten beide Parteien hinter den Kulissen über eine Lösung. Zu diesem Zweck signalisiert die EU-Kommission Gesprächsbereitschaft. Präsident Juncker hat erklärt, dass alles gut werden könne, wenn Alexis Tsipras die Bedingungen der EU unterschreibt und das Gegenteil dessen behauptet, was er gestern verkündet hat.

Damit soll den Griechen signalisiert werden, dass sie keine Chance haben, ohne schwerwiegende Folgen aus der Sache herauszukommen. Athen ist offenbar auch bereits verunsichert. Nachdem die Regierung den wahnwitzigen Juncker-Vorschlag zunächst ignoriert habe, denkt Alexis laut einem Bericht von Kathimerini nun über den Vorschlag nach. Das ist mit Sicherheit eine taktische Variante.

Doch vermutlich wird ein neuer Deal für das griechische Volk ebenso unerfreulich wie für die europäischen Steuerzahler: Die Troika besteht weiter auf Austerität, weil sie aktuell keinen anderen Ansatz verfolgen kann als einen, der sich in einem Excel-Sheet darstellen lässt. Das wird verheerend für die griechische Wirtschaft.

Zugleich wird Griechenland in irgendeiner Form einen Schuldenschnitt bekommen, weil die aktuellen Schulden nicht tragfähig sind.

Wie dieser Vorschlag umgesetzt wird, ist noch unklar. Angela Merkel hat am Dienstag erstmals mehr gesagt als bisher - und das klang weder für die Griechen noch für den Rest Europas sehr vertrauenserweckend. Reuters berichtet:

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat Hoffnungen gedämpft, dass es in letzter Minute noch eine Einigung mit der griechischen Regierung über eine Verlängerung des Hilfsprogramms geben könnte. Das zweite Programm laufe um Mitternacht aus, sagte Merkel am Dienstag in Berlin. "Ich kenne keine belastbaren anderen Hinweise", sagte sie auf die Frage, wie sie Gesprächsbemühungen der EU-Kommission mit Athen am Dienstag einschätze. "Alles was ich weiß, ist, dass das letzte Angebot der Kommission, das mir bekannt ist, eines vom Freitag letzter Woche ist. Mehr kann ich nicht beisteuern."

Merkel betonte, dass es aber weiter beim Angebot von Gesprächen mit Athen bleibe: "Natürlich" würden nach Mitternacht nicht die Gesprächsfäden gekappt, das sei in der EU nicht üblich. "Das heißt, die Tür steht offen für Gesprächsfäden."

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Experten-Webinar: Ist Bitcoin das neue Gold? – Chancen, Risiken und Perspektiven

Inflation, Staatsverschuldung, geopolitische Unsicherheiten: Viele Anleger fragen sich, wie sie ihr Vermögen in Zeiten wachsender...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wettlauf um die Zukunft: Wie die USA ihre technologische Überlegenheit retten wollen
01.06.2025

China wächst schneller, kopiert besser und produziert billiger. Die USA versuchen, ihre Führungsrolle durch Exportverbote und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Freelancer: Unverzichtbare Stütze in flexiblen Arbeitswelten
01.06.2025

Trotz Homeoffice-Boom bleibt die Nachfrage nach Freelancern hoch. Warum Unternehmen auf Projektarbeiter setzen, wo die Vorteile liegen –...

DWN
Politik
Politik „Choose Europe“: Brüssel will Gründer mit Kapital halten
31.05.2025

Die EU startet einen neuen Wachstumsfonds, der Start-ups mit Eigenkapital unterstützen und in Europa halten soll. Doch Geld allein wird...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Energiewende umgekehrt: US-Firmen fliehen vor Trumps Klimapolitik – nach Europa
31.05.2025

Während Trump grüne Fördermittel in den USA kürzt, wendet sich die Clean-Tech-Branche von ihrer Heimat ab. Jetzt entstehen in Europa...

DWN
Politik
Politik Ärztepräsident warnt vor „Versorgungsnotstand“
31.05.2025

Ärztepräsident Klaus Reinhardt warnt vor Beeinträchtigungen im medizinischen Netz für Patienten, wenn nicht bald Reformen zu mehr...

DWN
Finanzen
Finanzen Gesetzliche Erbfolge: Wer erbt, wenn es kein Testament gibt
31.05.2025

Jeder kann selbst bestimmen, wer seine Erben sein sollen. Wer das allerdings nicht durch ein Testament oder einen Erbvertrag regelt und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Datensammeln ohne Richtung: Warum der falsche Analyst Ihrem Unternehmen schadet
31.05.2025

Viele Unternehmen sammeln Daten – doch ohne den richtigen Analysten bleiben sie blind. Wer falsche Experten einsetzt, riskiert...

DWN
Panorama
Panorama Umfrage: Vielen Bädern fehlt das Personal
31.05.2025

Viele Bäder in Deutschland haben laut einer Umfrage mit Personalengpässen zu kämpfen. So hatten 38 Prozent der befragten Hallen- und...