Politik

Obama zeigt Mut: USA sollen Reiche nicht bei Steuern bevorzugen

US-Präsident Obama zeigt zum Ende seiner Amtszeit Mut: Er fordert, dass auch die Steuer-Oasen in den USA geschlossen werden. Tatsächlich haben die US-Banken damit begonnen, Steuerflüchtige aus aller Welt in die USA zu locken. Sie profitieren davon, dass Konkurrenten wie Panama nun am Pranger stehen.
06.04.2016 01:26
Lesezeit: 2 min

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Kurz nach der Enthüllung von 214.000 Briefkastenfirmen in Panama hat US-Präsident Barack Obama den Kongress zur Schließung von Steuerschlupflöchern aufgefordert. Reiche Unternehmen und Individuen sollten das System nicht manipulieren können, sagte Obama am Dienstag. Firmen müssten daran gehindert werden, Vorteile aus Steuerlücken zu ziehen, die es ihnen ermöglichen, Abgaben einzusparen. Da fühle sich der hart arbeitende Amerikaner betrogen.

Der Demokrat Obama hat den von Republikanern kontrollierten US-Kongress bereits mehrmals gedrängt, aktiv zu werden, wenn es bei Fusionen um die Verlegung von Firmensitzen ins Ausland geht, um dort geringere Steuern zu zahlen. Bisher ist wenig geschehen. Allerdings wurde nun das US-Justizministerium aktiv und kündigte entschiedene Schritte an. Insidern zufolge könnte das dazu führen, dass die 160 Milliarden Dollar schwere Übernahme des Konkurrenten Allergan durch Pfizer platzt. Laut Obama erschweren die Maßnahmen des Ministeriums den Deal, nur der Kongress kann ihn allerdings endgültig verhindern.

Jahrelang haben die USA andere Staaten dafür gerügt, weil diese reichen Amerikanern dabei geholfen haben sollen, das US-Finanzamt durch Offshore-Geschäfte zu umgehen, berichtete bereits vor geraumer Zeit Bloomberg. In derselben Zeit hat sich die USA zu einer Steueroase für Offshore-Geschäfte entwickelt. Durch den Widerstand gegen neue globale Offenlegungsstandards schafft Washington einen neuen Markt, um ausländisches Vermögen unter Geheimhaltungskriterien anzuziehen.

Wie mutig Obama allerdings wirklich ist, wird er nicht mehr beweisen müssen: Denn zahlreiche US-Bundesstaaten sind längst die perfekten Steuer-Oasen. Sie erlauben die Gründung von Briefkastenfirmen, ohne dass der Kunde auch nur die geringste Legitimation vorweisen muss. Obama wird in seiner Amtszeit keine neue Regeln aufstellen können. Auch sein Nachfolger hat wenig Spielraum, weil die Bundesstaaten in dieser Materie autonom agieren können.

Zahlreiche internationale Anwaltskanzleien und Treuhandgesellschaften helfen seit Jahren, die Gelder der Reichsten von Steueroasen wie den Bahamas oder den British Virgin Islands in die neuen Offshore-Zentren Nevada, Wyoming oder South Dakota zu transferieren. „Wie ironisch – nein, wie pervers – , dass die USA in ihrer Verurteilung von Schweizer Banken so scheinheilig ist und dabei zur Gerichtsbarkeit des Bankgeheimnisses  geworden ist (…) Können Sie das Riesen-Sauggeräusch hören? Es ist der Klang des Geldes, das in die USA rauscht“, so Peter A. Cotorceanu, ein Anwalt der Anaford AG in Zürich, in einem Artikel von Oxford Journals.

Derzeit fließen zahlreiche Geldströme aus den gängigen Offshore-Zentren in die USA. Dazu gibt es zahlreiche Beispiele. Eine wohlhabende türkische Familie verschiebt ihre Vermögenswerte über die Rothschild-Treuhandgesellschaft von den Bahamas in die USA. Ein weiterer Rothschild-Kunde, eine Familie aus Asien, verschiebt das Vermögen von den Bermudas nach Nevada. „Die Kunden sind oftmals internationale Familien mit Nachwuchs in den USA“, zitiert Bloomberg Scott Cripps von der Rothschild-Treuhandgesellschaft.

In den US-Steueroasen hat weder das von den USA erfundene internationale Steuergesetz Foreign Account Tax Compliance Act (FATCA) noch der Automatische Informationsaustausch nach OECD-Standards (AIA) eine Funktion. Die USA verlangen die Umsetzung des FATCA, doch sie selbst halten sich nicht an die Informations- und Meldebestimmungen des Gesetzes, so Cotorceanu. Die Amerikaner können auf Grundlage des FATCA weltweit Informationen einholen, müssen aber selbst keine Informationen liefern, berichtet Finanz und Wirtschaft. Somit können sie ihren Steueranspruch problemlos geltend machen. Dasselbe Recht gesteht sie den anderen Staaten nicht zu. Diese Haltung dient offenbar dem Zweck, die eigenen Offshore-Zentren – Delaware ist eines der größten Offshore-Zentren der Welt – zu schützen und eine Informationen über die eigenen Kunden rauszugeben.

Am AIA, der nach Angaben der AIA-Teilnehmerliste in den kommenden zwei Jahren komplett umgesetzt werden soll und von bisher 80 Staaten anerkannt wurde, nimmt die USA nicht teil.

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