Politik

Türkei spricht mit Syrien: Erstmals Chance auf Ende der Flüchtlings-Tragödie

Regierungsvertreter aus Syrien und der Türkei haben sich offenbar in Algerien getroffen. Das geheime Treffen könnte schon bald zu einem Ende der Flüchtlingsströme aus Syrien führen: Die Türkei fürchtet wegen der vielen Flüchtlinge Chaos im eigenen Land. Sollte dies tatsächlich so sein, wäre dies auch ein Erfolg für Angela Merkel.
12.04.2016 02:04
Lesezeit: 2 min

Nach Angaben der algerischen Online-Publikation El-Watan haben die Vertreter der türkischen und syrischen Regierungen ein Geheim-Treffen in Algier durchgeführt, um sich über die Situation in der türkisch-syrischen Grenzregion zu unterhalten. Dort hatten zuvor Kurden-Milizen eine Autonomie ausgerufen.

Der Flüchtlings-Zuzug aus Syrien, der nicht abreißt, bereitet der Türkei erhebliche Probleme und hat in der Türkei bereits die ersten Proteste ausgelöst. Beide Regierungen hätten sich darauf geeinigt, ihr Verhältnis zu entspannen. Algerien soll auch nach dem Abschuss des Russen-Jets durch die türkische Luftwaffe als Vermittler aufgetreten sein, um Geheim-Gespräche zwischen Moskau und Ankara zu moderieren.

Die Tatsache, dass die Türkei die Flüchtlinge nicht mehr nach Europa weiterschicken kann, könnte zu einem Umdenken in Ankara führen. Die Regierung Erdogan hatte bisher in Syrien eigene territoriale Ansprüche angemeldet und einem tragfähigen Frieden im Wege gestanden.

Sollte die Türkei ihre Position tatsächlich verändert haben, wäre dies auch ein Erfolg für Angela Merkel: Sie hatte durchgesetzt, dass die Flüchtlinge in die Türkei zurückgeschickt werden. Menschenrechtsorganisationen hatten den EU-Deal scharf kritisiert, die UN hatte sogar den Stopp der Abschiebungen gefordert. Die Gespräche in Algerien deuten darauf hin, dass die türkische Regierung offenbar das Chaos im eigenen Land fürchtet und daher von sich aus zu einem Einlenken bereit ist.

Syrien ist nach einem Bericht des staatlichen Fernsehens zu Friedensgesprächen ohne Vorbedingungen bereit. Das habe die Regierung in Gesprächen mit dem UN-Sondergesandten Staffan de Mistura in Damaskus erklärt, meldete der Sender am Montag. Die Gespräche sollen am 15. April in Genf fortgesetzt werden. Die vorangegangene Verhandlungsrunde war am 24. März ohne große Fortschritte zu Ende gegangen.

In seinem Gespräch mit Außenminister Walid al-Mualem hatte De Mistura nach eigenen Angaben eine Festigung der Waffenruhe gefordert, die zwar beachtet werde, sich aber auch als brüchig erweise. Al-Mualem warf nach einem Bericht der amtlichen Nachrichtenagentur Sana den Terror-Milizen vor, im Auftrag der Türkei und Saudi-Arabiens die Waffenruhe systematisch zu verletzten, um die Bemühungen um Friedensverhandlungen zu unterlaufen.

Der UN-Gesandte appellierte außerdem an die syrische Regierung, mehr humanitäre Hilfe in den Kriegsgebieten zuzulassen. Über der von der Extremistenmiliz Islamischer Staat (IS) eingeschlossenen Stadt Deir al-Sor warf das UN-Welternährungsprogramms (WFP) Lebensmittel an Fallschirmen ab. Damit habe erstmals seit Beginn der IS-Blockade im März 2014 Lebensmittelhilfe die eingeschlossenen Menschen dort erreicht, teilte die UN-Organisation am Montag in Genf mit. In Deir al-Sor herrscht nach Angaben des WFP eine große Hungersnot. Die Menschen versuchten, sich von Gras und Wildpflanzen zu ernähren.

*** Bestellen Sie den täglichen Newsletter der Deutschen Wirtschafts Nachrichten: Die wichtigsten aktuellen News und die exklusiven Stories bereits am frühen Morgen. Verschaffen Sie sich einen Informations-Vorsprung. Anmeldung zum Gratis-Newsletter hier. ***

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen Checkliste: So vermeiden Sie unnötige Kreditkarten-Gebühren auf Reisen
12.07.2025

Ob am Strand, in der Stadt oder im Hotel – im Ausland lauern versteckte Kreditkarten-Gebühren. Mit diesen Tricks umgehen Sie...

DWN
Technologie
Technologie Elektrische Kleinwagen: Kompakte Elektroautos für die Innenstadt
12.07.2025

Elektrische Kleinwagen erobern die Straßen – effizient, kompakt und emissionsfrei. Immer mehr Modelle treten an, um Verbrenner zu...

DWN
Finanzen
Finanzen Elterngeld: Warum oft eine Steuernachzahlung droht
12.07.2025

Das Elterngeld soll junge Familien entlasten – doch am Jahresende folgt oft das böse Erwachen. Trotz Steuerfreiheit lauert ein...

DWN
Finanzen
Finanzen Krypto ersetzt Börse: Robinhood bietet Token-Anteile an OpenAI und SpaceX
12.07.2025

Die Handelsplattform Robinhood bringt tokenisierte Beteiligungen an OpenAI und SpaceX auf den Markt. Doch was wie ein Investment klingt,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Meta-KI: Facebook-Mutter wirbt KI-Top-Talente von OpenAI ab – Altman schlägt Alarm
12.07.2025

Der KI-Krieg spitzt sich zu: Meta kauft sich Top-Talente, OpenAI wehrt sich mit Krisenurlaub – und Europa droht im Wettrennen um die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deindustrialisierung: Ostdeutsche Betriebsräte fordern Ende von Habecks Energiewende - Industriestandort gefährdet
11.07.2025

Nach dem Verlust von über 100.000 Industriearbeitsplätzen richten ostdeutsche Betriebsräte einen dramatischen Appell an Kanzler Merz....

DWN
Technologie
Technologie Start-up ATMOS Space Cargo setzt neue Maßstäbe: Deutsche Logistik erobert den Weltraum
11.07.2025

Fracht ins Weltall zu bringen, ist eine Herausforderung. Eine noch größere ist es, sie wieder unversehrt zur Erde zurückzubringen....

DWN
Finanzen
Finanzen JP Morgan-CEO Jamie Dimon rechnet mit Europa ab: „Europa verliert“
11.07.2025

Jamie Dimon, CEO von JP Morgan und einer der mächtigsten Akteure der US-Wirtschaft, warnt europäische Politiker: Der Kontinent droht...