Politik

Ohne Kapitän: US-Erfinder entwickelt erstes automatisches Schiff

Ein kalifornischer Ingenieur hat ein autonom fahrendes Solarboot entwickelt. Der Prototyp soll zeigen, dass Schiffe sich in Zukunft elektrisch auf den Weltmeeren fortbewegen können. Auch Rolls Royce und anderen Unternehmen konzipieren bereits unbemannte Schiffe – die Entwicklung ist angesichts der anhaltenden Krise in der Container-Schifffahrt besonders interessant.
30.05.2016 23:42
Lesezeit: 2 min
Ohne Kapitän: US-Erfinder entwickelt erstes automatisches Schiff
Der Prototyp soll autonom und solargetrieben die 3200 Kilometer nach Hawaii zurücklegen. (Foto: Screenshot) Foto: Gloria Veeser

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Nicht nur auf den Straßen hält der Elektro-Antrieb Einzug – künftig sollen auch die Weltmeere ohne Verbrennungsmotoren auskommen. Um das unter Beweis zu stellen, schickt ein Ingenieur aus Silicon Valley ein rein solarbetriebenes Boot auf die rund 3200 Kilometer lange Reise nach Hawaii. Den Strom für den Elektromotor generiert der rund 2,3 Meter lange, sogenannte „Seacharger“ dabei über zwei Solar-Paneele auf der Oberfläche des Boots. Jedes für sich hat eine Leistung von rund 100 Watt und versorgt damit eine 50 Zellen LiFePo4-Batterie. Mit der Reserve aus den Batterien kann das Boot bis zu drei Tage ohne Sonnenschein auskommen und dennoch weiterfahren. Dabei schafft es dem Entwickler zufolge eine Geschwindigkeit von rund 5,5 Kilometern pro Stunde beziehungsweise drei Knoten.

Allerdings ist der Antrieb nicht die einzige Besonderheit des Seacharger: Der Prototyp bestreitet seinen Weg durch den Ozean nicht nur emissionsfrei, sondern auch ganz ohne Kapitän oder Besatzung: Die Steuerung übernimmt das Boot völlig autonom mit Hilfe eines GPS-Senders, eines Satelliten-Modems sowie eines Arduino-Mini-Computers. Anders als etwa eine Drohne wird das Schiff also nicht ferngesteuert.

Die Erfinder übertragen den Start und die Route des Seacharger über ihre Homepage live im Internet. Sie sind jedoch nicht die ersten, die an nachhaltigen Konzepten für eine umweltfreundlichere Schifffahrt der Zukunft arbeiten. So hat etwa das britische National Oceanography Centre den Prototypen eines autonom fahrenden Katamaran vorgestellt, der mit einer Kombination aus Wind- und Wasserkraft angetrieben wird. Die britischen Forscher haben dabei im Gegensatz zu den Kaliforniern auch für längere sonnenfreie Perioden vorgesorgt, indem sie zusätzlich zu den zwölf Solarpaneelen an Bord auch eine Windturbine installiert haben. Dafür hat der Katamaran auch wissenschaftliche Instrumente an Bord, mit denen er Wetter und Wasser auf seiner Reise durch die Meere untersuchen soll.

Zum Einsatz autonomer Roboterschiffe gibt es neben Forschung und Militär auch Projekte mit Beteiligung aus der Industrie. Das EU-Projekt Munin (Maritime Unmanned Navifgation through Intelligence Network) etwa plant mit Unterstützung des Fraunhofer-Instituts und Ingenieuren des Autobauers Rolls Royce den Bau riesiger autonomer Cargo-Schiffe, die unbemannt tausende Container durch die Weltmeere fahren. Allerdings sollen diese Schiffe nicht von Computern an Bord, sondern von einer High-Tech-Zentrale aus ferngesteuert werden (siehe Video am Anfang des Artikels).

Bei Munin werden zwar auch alternative Antriebe für die Schiffe erforscht, allerdings zeichnen sich die geplanten 400 Meter langen Schiffe bisher vor allem durch die bessere Effizienz aus und haben damit durch die Einsparung von Treibstoff einen positiver Effekt auf die Umwelt: Ohne menschliche Besatzung könnten die Schiffe länger auf offener See bleiben und langsamer fahren, was allein 50 Prozent des Treibstoffs einsparen soll. Dass es jedoch bereits möglich ist, auch große Schiffe mit Elektro-Antrieb zu bauen, hat jüngst die Elektro-Fähre von Siemens gezeigt, die seit 2015 in Norwegen in Einsatz ist.

Wegen der potentiellen Einsparungen dürfte die Entwicklung autonomer Schiffe für die weltweite Schifffahrtsindustrie von Interesse sein, die seit geraumer Zeit mit niedrigen Frachtraten und Transport-Preisen wegen schwindender Nachfrage und kriselnder Weltwirtschaft kämpft. Denn ohne Besatzung können die Schiffe längere Zeit auf offener See bleiben und ebenso längere Liegezeiten in Häfen finanziell besser verkraften.

 

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Politik
Politik NATO ohne Substanz: Europa fehlen Waffen für den Ernstfall
01.07.2025

Europa will mehr für die Verteidigung tun, doch der Mangel an Waffen, Munition und Strategie bleibt eklatant. Experten warnen vor fatalen...

DWN
Finanzen
Finanzen Trumps Krypto-Coup: Milliarden für die Familienkasse
30.06.2025

Donald Trump lässt seine Kritiker verstummen – mit einer beispiellosen Krypto-Strategie. Während er Präsident ist, verdient seine...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Streit um Stromsteuer belastet Regierungskoalition
30.06.2025

In der Bundesregierung eskaliert der Streit um die Stromsteuer. Während Entlastungen versprochen waren, drohen sie nun auszubleiben –...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft PwC: Künstliche Intelligenz schafft Jobs nur für die, die vorbereitet sind
30.06.2025

Künstliche Intelligenz verdrängt keine Jobs – sie schafft neue, besser bezahlte Tätigkeiten. Doch Unternehmen müssen jetzt handeln,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen United Internet-Aktie unter Druck: 1&1 reduziert Prognose
30.06.2025

1&1 senkt überraschend seine Gewinnprognose trotz zuletzt guter Börsenstimmung. Der Grund: deutlich höhere Kosten beim nationalen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Inflation in Deutschland sinkt im Juni auf 2,0 Prozent: Energiepreise entlasten
30.06.2025

Die Inflation in Deutschland hat im Juni einen überraschenden Tiefstand erreicht – doch nicht alle Preise sinken. Was bedeutet das für...

DWN
Politik
Politik Trumps Schritte im Nahen Osten: Nur der Anfang eines riskanten Spiels
30.06.2025

Donald Trump bombardiert den Iran, erklärt die Waffenruhe – und feiert sich selbst als Friedensbringer. Experten warnen: Das ist erst...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Raucherpause im Job: Ausstempeln erforderlich?
30.06.2025

Raucherpause im Job – ein kurzer Zug an der Zigarette, doch was sagt das Arbeitsrecht? Zwischen Ausstempeln, Betriebsvereinbarung und...