Politik

Merkel schickt Bundeswehr-Soldaten an die Grenze zu Russland

Deutschland wird im Rahmen der Nato-Strategie der Abschreckung 500 Bundeswehrsoldaten nach Litauen entsenden. Der Balten-Staat ist das Nachbarland der russischen Enklave Kaliningrad.
09.07.2016 02:14
Lesezeit: 2 min

+++Werbung+++

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Die Nato verlegt erstmals in großem Stil Truppen zur Abschreckung Russlands nach Osteuropa. Die Staats- und Regierungschefs der 28 Mitgliedsländer beschlossen am Freitag die Stationierung von jeweils einem Bataillon mit etwa 1.000 Soldaten in Polen, Lettland, Litauen und Estland - alles Nachbarländer Russlands, die sich bedroht fühlen. Die Bundeswehr übernimmt eine Führungsrolle und soll mit etwa 500 Soldaten das Bataillon in Litauen anführen.

Das russische Militär hat die Flüge seiner atomwaffenfähigen Bomber in den vergangenen Jahren verstärkt. Moskau kündigte auch die Stationierung von atomwaffenfähigen Iskander-Kurzstreckenraketen in der Ostsee-Exklave Kaliningrad zwischen den Nato-Mitgliedern Polen und Litauen an. Die litauische Präsidentin Dalia Grybauskaite sagte im März 2015, die Iskander-Raketen seien nun vor Ort und auch in der Lage, Berlin zu erreichen. Eine offizielle Bestätigung dafür gibt es aus Moskau nicht.

Den Dialog mit Russland will das Bündnis aber fortsetzen. Unmittelbar vor dem Gipfel telefonierten Bundeskanzlerin Angela Merkel und der französische Präsident François Hollande mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin. Dabei ging es aber nicht um das Kräftemessen zwischen der Nato und Russland, sondern um den Minsker Friedensprozess für die Ukraine.

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg betonte, das westliche Militärbündnis wolle keine Konfrontation mit Russland. „Der Kalte Krieg ist Geschichte, und er sollte Geschichte bleiben“, sagte er. „Alles, was wir tun, ist defensiv, angemessen und transparent.“

Die Nato verfolgt eine Doppelstrategie gegenüber Russland. Auf der einen Seite will sie zur Abschreckung ihre militärische Stärke durch Truppenstationierungen und Manöver in den östlichen Bündnisstaaten zeigen. Andererseits will sie den Gesprächsfaden mit Moskau nicht abreißen lassen. Deswegen sollen nächsten Mittwoch erstmals seit April auch wieder Beratungen im Nato-Russland-Rat auf Diplomatenebene stattfinden.

Deutschland nimmt wie schon bei vorherigen Abschreckungsmaßnahmen wie dem Aufbau einer Krisenreaktions-Truppe oder der verstärkten Luftraumüberwachung über dem Baltikum eine maßgebliche Rolle ein. Nach litauischen Angaben sollen etwa 500 deutsche Soldaten in dem kleinen Baltenstaat stationiert werden, der an die hochgerüstete russische Enklave Kaliningrad grenzt. Von deutscher Seite hieß es, die genaue Stärke der Litauen-Truppe der Bundeswehr stehe noch nicht fest.

Bundeskanzlerin Angela Merkel pochte auf eine gewissenhafte Umsetzung der Beschlüsse. Man müsse dabei genauso glaubwürdig sein wie nach dem letzten Nato-Gipfel in Wales, bei dem erste Abschreckungsschritte beschlossen wurden. Mit einer weiteren Truppenaufstockung im Osten rechnet Merkel zunächst nicht. «Es gab heute keinen Ruf nach noch mehr», sagte sie.

In Polen übernehmen die USA die Führung des Nato-Bataillons, in Lettland sind die kanadischen Streitkräfte und in Estland die britischen. Die Beziehungen zwischen Moskau und dem Westen sind seit Russlands Einverleibung der ukrainischen Halbinsel Krim 2014 schwer angeschlagen.

Die Regierung in Moskau sieht besonders das geplante Raketenschild der Nato für Europa als Bedrohung. Beim Gipfel in Warschau wurde eine erste Einsatzbereitschaft dieses Systems festgestellt, das bisher aus vier Schiffen, einer Radarstation in der Türkei und einer Raketenabschussbasis in Rumänien besteht.

Die Nato will sich auch besser gegen Angriffe aus dem Internet rüsten. Auf dem Gipfel wurde das Netz zu einem zusätzlichen militärischen Operationsgebiet neben Boden, See und Luft erklärt. Damit ist auch die Bereitstellung zusätzlicher Mittel für den Schutz vor Hacker-Attacken verbunden.

Die Nato-Initiative knüpft an die Aktivitäten der einzelnen Mitgliedstaaten im Internet an. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen hatte im April angekündigt, eine neue Einheit „Cyber und Informationsraum“ mit 13.500 IT-Spezialisten aufstellen zu wollen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Wen soll ich wählen 2025? Die Folgen der tödlichen Messerattacke in Aschaffenburg

Wen soll ich wählen bei der Bundestagswahl 2025? Diese Frage stellen sich gerade Millionen Deutsche. Einige wissen die Antwort bereits,...

DWN
Immobilien
Immobilien Mietpreise schießen erneut in die Höhe: Mietmarkt unter Druck – wird Wohnen zum Luxus?
06.02.2025

Schon wieder Schocknachrichten vom Immobilienmarkt: Mieter in verschiedenen Großstädten, die neue Mietverträge abschließen, müssen...

DWN
Politik
Politik BSW-Mitglieder treten nach Migrationsdebatte aus Partei aus
06.02.2025

Die Debatten zur Migrationspolitik im Bundestag haben auch innerhalb des Bündnisses Sahra Wagenknecht (BSW) für Unruhe gesorgt –...

DWN
Politik
Politik Parteien: Wahlomat gibt Orientierungshilfe zur Bundestagswahl
06.02.2025

Der Termin der vorgezogenen Bundestagswahl 2025 rückt näher - viele Menschen sind noch unentschlossen, bei welchen Parteien sie ihre...

DWN
Politik
Politik Neue DWN-Serie: Die unbequemen Wahrheiten der Bundestagswahl 2025 - was die Parteien planen
06.02.2025

Am 23. Februar findet die Bundestagswahl 2025 statt, eine richtungsweisende Wahl. Was die Parteien planen, haben wir uns in einer großen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wirtschaftskrise: Deutschland hat sich zu lange auf seinem Erfolg ausgeruht
06.02.2025

Deutschland hat sich laut einer internationalen Studie zu lange auf früheren Erfolgen ausgeruht – und steckt deshalb langfristig in...

DWN
Politik
Politik Konzernchefs fordern Politikwechsel in Wirtschaft und Migration
06.02.2025

Die Vorstandschefs von Deutsche Bank, Siemens und Mercedes-Benz setzen sich in einem gemeinsamen Appell für ein offenes Deutschland ein....

DWN
Politik
Politik Gaza: Israels Armee plant "freiwillige Ausreise" von Palästinensern
06.02.2025

Israel reagiert auf Trumps Vorschlag einer Umsiedelung von zwei Millionen Palästinensern aus Gaza. Der israelische Verteidigungsminister...

DWN
Immobilien
Immobilien Immobilienmarkt: Entwicklung 2025 und wie Sie darauf reagieren sollten
06.02.2025

2025 bringt eine Reihe an Immobilienmarkt-Entwicklungen mit sich, darunter die neue Grundsteuer, sinkende Kreditzinsen, Veränderungen bei...