Finanzen

Ökonom: Sparer müssen Verluste für einen höheren Zweck hinnehmen

Harvard Ökonom Kenneth Rogoff nennt Kritiker der Negativzinsen Ignoranten. Sie sollten nicht auf ihre kurzfristigen persönlichen Verluste sehen sondern die langfristige Vision der Zentralbanken würdigen.
14.01.2017 02:06
Lesezeit: 1 min

Der amerikanische Ökonom Kenneth Rogoff hat sich abfällig über den wachsenden Widerstand gegen die negativen Auswirkungen der ultraexpansiven Geldpolitik einiger Zentralbanken geäußert. An einer Tagung in Oslo bezeichnete er die Kritiker von Negativzinsen ignorant, berichtet Bloomberg.

„Ich finde vieles von dem, was Repräsentanten des Finanzsektors schreiben – die Negativzinsen gegenüber feindlich eingestellt sind – ignorant. Sie reden nur von ihren kurzfristigen Profiten und ihren kurzfristigen Interessen aber es ist eine langfristige Politik, wenn sie ihre Hausaufgaben machen und die Bedingungen dafür schaffen, würde es sehr gut funktionieren“, wird Rogoff von Bloomberg zitiert.

Rogoff zufolge sei es derzeit noch nicht möglich, den letztendlichen Nutzen des „Experiments“ mit Negativzinsen abzuschätzen – auch deshalb, weil die Zentralbanken von den Staaten alleingelassen würden. Würde man die Sache richtig angehen, könnte die ultraexpansive Geldpolitik der großen Notenbanken zu nachhaltigen Erfolgen in der Wirtschaft führen. Rogoff erklärte allerdings nicht im Detail, welche Maßnahmen seiner Meinung nach notwendig seien.

„Um es korrekt zu machen, müssen sie Veränderungen in den Bereichen der Gesetzgebung, der Steuern und der Institutionen machen. Und zweitens müssen sie in der Lage sein, alles zu tun, was notwendig ist. Im Gegensatz zu den Ansätzen der vergangenen Jahre bedürfe die Negativzins-Politik der Mitwirkung der „gesamten Regierung.“ „Die Zentralbanken alleine können keine gesetzlichen, steuerlichen und Markt-Reformen einleiten“, sagte Rogoff.

Weltweit wächst der Widerstand gegen Niedrig- und Negativzinsen. Banken können kaum mehr nennenswerte Gewinne erwirtschaften, Pensionsfonds die den Kunden versprochenen Garantiezinsen zunehmend nicht mehr auszahlen und Sparer erhalten kaum mehr Zinsen auf ihre Guthaben.

Von der Geldpolitik profitieren die Staaten allerdings in hohem Umfang, weil sie nur noch geringe oder gar keine Zinsen mehr auf ihre Schulden zahlen müssen. Der deutsche Staat hat seit dem Jahr 2008 dank der Niedrigzinsen 240 Milliarden Euro Zinskosten eingespart, berichtet etwa die Nachrichtenagentur AFP. Allein im vergangenen Jahr beliefen sich diese Ersparnisse von Bund, Ländern, Gemeinden und Sozialversicherungen im Vergleich zur Zeit vor der Finanzkrise auf 47 Milliarden Euro, wie Berechnungen der Bundesbank zeigen.

Rogoff gilt als ein wichtiger Fürsprecher für die Einschränkung oder Abschaffung von Bargeld. Bargeld erlaubt es den Bürgern, ihre Ersparnisse vor dem Zugriff von Banken und Staaten zu schützen und schränkt dadurch die von den Zentralbanken beabsichtigte Wirkung von Negativzinsen ein.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen Erbe aufteilen: So sichern Sie den Verbleib Ihres Partners im gemeinsamen Haus
19.07.2025

Sind Sie wiederverheiratet und haben Kinder aus früheren Beziehungen? Dann ist besondere Vorsicht geboten, wenn es darum geht, Ihr Erbe...

DWN
Finanzen
Finanzen Unser neues Magazin ist da: Kapital und Kontrolle – wem gehört Deutschland?
19.07.2025

Deutschland ist reich – doch nicht alle profitieren. Kapital, Einfluss und Eigentum konzentrieren sich zunehmend. Wer bestimmt wirklich...

DWN
Finanzen
Finanzen Steuererklärung: Wann Verspätungszuschläge unzulässig sind
19.07.2025

Viele Steuerzahler ärgern sich über Verspätungszuschläge, wenn sie ihre Steuererklärung zu spät abgeben. Doch nicht immer ist die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Arbeiten nach der Schule: Warum viele keine Ausbildung beginnen
19.07.2025

Schnell Geld verdienen statt jahrelang pauken – das klingt für viele junge Menschen verlockend. Doch wer direkt nach der Schule in den...

DWN
Politik
Politik Militär statt Frieden? Was das EU-Weißbuch 2030 wirklich bedeutet
19.07.2025

Mit dem Weißbuch „Bereitschaft 2030“ gibt die EU ihrer Sicherheitspolitik eine neue Richtung. Doch Kritiker warnen: Statt...

DWN
Politik
Politik Nordkoreas Kronprinzessin: Kim Ju-Ae rückt ins Zentrum der Macht
18.07.2025

Kim Jong-Un präsentiert die Zukunft Nordkoreas – und sie trägt Handtasche. Seine Tochter Kim Ju-Ae tritt als neue Machtfigur auf. Was...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Birkenstock: Von der Orthopädie-Sandale zur globalen Luxusmarke
18.07.2025

Birkenstock hat sich vom Hersteller orthopädischer Sandalen zum weltweit gefragten Lifestyle-Unternehmen gewandelt. Basis dieses Wandels...

DWN
Politik
Politik 18. Sanktionspaket verabschiedet: EU verschärft Sanktionsdruck mit neuen Preisobergrenzen für russisches Öl
18.07.2025

Die EU verschärft ihren wirtschaftlichen Druck auf Russland: Mit einem neuen Sanktionspaket und einer Preisobergrenze für Öl trifft...