Finanzen

Euro-Rettung in Griechenland wird für Steuerzahler wieder teurer

Der IWF steigt aus der Griechenland-Rettung aus. Bundesfinanzminister Schäuble bereitet die deutschen Steuerzahler dezent auf die Folgen vor, die die gescheiterte Euro-Rettung haben wird.
18.01.2017 10:35
Lesezeit: 2 min

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble bereitet Reuters zufolge eine Fortsetzung der Griechenland-Kredite ohne die von ihm bisher erwartete Beteiligung des IWF vor. Die dadurch entstehende Lücke solle der Euro-Rettungsfonds ESM füllen und eine stärkere Rolle spielen, schreibt Reuters unter Berufung auf die Bild-Zeitung, die bekanntlich über sehr gute Drähte zu den Beamten im Bundesfinanzministerium verfügt. Über das veränderte Griechenland-Programm könne der Bundestag noch vor der Bundestagswahl abstimmen. Über Schäubles Konzept hätten die Unionsspitzen kürzlich erstmals diskutiert. Eine Sprecherin Schäubles sagte, der Minister gehe weiter von einer Beteiligung des IWF aus: "Für uns ist diese Beteiligung zugesagt und unerlässlich"

Schäuble hatte die IWF-Beteiligung dem Bundestag praktisch zugesagt, um dessen Zustimmung im Spätsommer 2016 zu den umstrittenen Krediten von bis zu 86 Milliarden Euro zu erreichen. Bislang sieht der IWF aber nicht die nötigen Voraussetzungen erfüllt, um sich zu engagieren. Das hat der IWF mehrfach klargemacht, weil er einen Schuldenschnitt fordert.

Schäuble hatte wiederholt erklärt, ohne eine IWF-Teilnahme würde sich die Geschäftsgrundlage ändern. Als Konsequenz werde er in diesem Fall das Thema erneut im Bundestag zur Abstimmung bringen. Erst kürzlich hatte er sich dafür ausgesprochen, den Rettungsschirm ESM zu einem Europäischen Währungsfonds weiterzuentwickeln.

Es erscheint durchaus logisch, dass sich Schäuble jetzt schon Alternativen zum IWF überlegt: Die Bundesregierung wird alles unternehmen, um zu verhindern, dass es in Griechenland vor der Bundestagswahl zum Crash kommt. Die EU kann in ihrer aktuellen Verfassung eine Grundsatz-Debatte über die Euro-Rettung nicht gebrauchen. Der IWF wird von seiner Forderung nach einem radikalen Schuldenschnitt nicht abrücken. Mit dem neuen US-Präsidenten Donald Trump wird auch der mehrheitlich von den USA dominierte IWF auf den Kurs Trumps einschwenken: Trump sagt, die EU soll für ihre Verteidigung selbst bezahlen; das dürfte er erst recht im Hinblick auf hochriskante Kredite in der EU so sehen.

Tatsächlich wurden in Griechenland die Banken, allen voran die deutschen und französischen Banken, von den Steuerzahlern gerettet. Außerdem wurden mit den Krediten die verschiedenen korrupten Regierungen und ihre Netzwerke finanziert. Unter anderem wurde ein Reeder gerettet, der ein guter Freund des früheren EU-Präsidenten Barroso ist. Barroso ist heute bei Goldman Sachs und berät die Briten beim Brexit - positioniert sich also gegen die EU, der er den Großteil seiner internationalen Beziehungen verdankt. Goldman wiederum hatten Griechenland mit zweifelhaften Methoden zum EU-Beitritt verholfen.

Die griechische Bevölkerung hat von den Krediten so gut wie nichts gesehen. Zuerst gingen die Milliarden in die Bankenrettung, danach wurden sie wie in einem Schneeballsystem für den Schuldendienst an die öffentlichen Gläubiger verwendet. Die griechische Wirtschaft befindet sich in einem verheerenden Zustand. Die Jugendarbeitslosigkeit liegt unverändert bei etwa 50 Prozent. Das Land erlebt eine Depression, die mit der in Europa in den 1930er-Jahren verglichen werden kann.

Der IWF hat im vergangenen Jahr seinen letzten Kredit zurückbekommen - und sich wenig verwunderlich unmittelbar danach aus der Euro-Rettung verabschiedet.

IWF-Chefin Christine Lagarde wurde Ende 2016 von einem Pariser Gericht schuldig gesprochen, Steuergelder nicht mit der angemessenen Sorgfalt verwendet zu haben.

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