Finanzen

Air Berlin streicht erneut zahlreiche Flüge wegen Krankmeldungen

Die Fluggesellschaft Air Berlin musste am Mittwoch erneut zahlreiche Flüge streichen.
13.09.2017 11:34
Lesezeit: 2 min

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Bei Air Berlin feiern viele Piloten den zweiten Tag in Folge krank und gefährden damit die Sanierung der insolventen Fluggesellschaft. Auch am Mittwoch musste der Konzern rund 70 Flüge streichen und setzt erst für Donnerstag auf eine spürbare Besserung an. Vertreter des Managements und der Bundesregierung appellierten an die Piloten, ins Cockpit zurückzukehren. "Unterstützt uns in dieser für das Unternehmen existenzbedrohenden Situation", schrieb Konzernchef Thomas Winkelmann in einem offenen Brief. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt rief dazu auf "Vernunft wieder einkehren zu lassen und die Flüge stattfinden zu lassen". Alles andere würde die Rettung der Airline gefährden.

Bereits am Dienstag blieben rund 100 Maschinen am Boden, weil etwa 200 Piloten zum Teil kurzfristig Krankmeldungen eingereicht hatten. Daraufhin hatte der Generalbevollmächtigte des Unternehmens, Frank Kebekus, gewarnt: "Wenn sich die Situation nicht kurzfristig ändert, werden wir den Betrieb und damit jegliche Sanierungsbemühungen einstellen müssen." Air Berlin ist seit Mitte August pleite und kann nur dank eines Staatskredits über 150 Millionen Euro weiterfliegen. Interessenten können bis Freitag ein Kaufangebot für den Konzern oder Teile davon einreichen.

Viele Piloten fürchten bei einer Übernahme durch Konkurrenten wie die Lufthansa oder Easyjet erhebliche Gehaltseinbußen. Sie fordern deshalb Verhandlungen mit Air Berlin darüber, nach welchen Maßstäben sie übernommen werden könnten. Dies ist auch für die Interessenten ein Knackpunkt. "Der Betriebsübergang von Personal ist die giftige Pille, die Condor, Lufthansa und Easyjet nicht schlucken wollen", sagte ein Insider aus dem Umfeld der Verhandlungen.

Auch Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles kritisierte das Verhalten der Piloten als "hochgradig unsolidarisch". Air Berlin sei in einer schwierigen Lage, sagte die SPD-Politikerin der Nachrichtenagentur Reuters. "Die Piloten belasten mit ihrem Verhalten jetzt eine vernünftige Übergabe oder einen Verkauf. Das ist nicht akzeptabel." Die insgesamt rund 8000 Beschäftigten "sollten jetzt nicht in Mithaftung genommen werden für die Einzelinteressen von einigen Piloten".

Winkelmann versprach den Piloten, nach Auswertung der Kaufangebote Gespräche mit den Arbeitnehmervertretern und Gewerkschaften zu führen. "Unser Ziel ist eine geordnete Überleitung möglichst vieler Arbeitsplätze", schrieb der Air Berlin-Chef. "Die kurzfristige Stabilisierung des Flugbetriebs schon Morgen ist die unabdingbare Voraussetzung dafür."

Die Verkäufer wollen ein sogenanntes "Grounding" verhindern, also die Einstellung des Flugbetriebs. Für Interessenten könnte dies jedoch eine elegante Lösung sein, um nicht für Air Berlins attraktive Start- und Landerechte an Flughäfen zahlen zu müssen. "Für Lufthansa und Ryanair wäre dies womöglich eine gute Variante", sagte ein Insider. Bei einer Einstellung des Flugbetriebs droht Air Berlin diese "Slots" zu verlieren. Dann würden sie kostenlos neu verteilt – zu 50 Prozent an Airlines, die vom jeweiligen Flughafen bereits abfliegen, und zu 50 Prozent an Neubewerber.

Derweil rückt Air Berlin in den Fokus eines chinesischen Investors. Die Betreiber-Gesellschaft des Flughafens Parchim in Mecklenburg-Vorpommern, Link Global Logistics, erwägt eine Offerte für die insolvente Fluggesellschaft, wie Reuters von einem Insider erfuhr. "Ziel ist definitiv, dass ein Angebot abgegeben werden soll". Der chinesische Unternehmer Jonathan Pang würde bei einer erfolgreichen Übernahme eine Kooperation seiner Logistikfirma mit der Fluggesellschaft ausloten. Dobrindt verwies mit Blick auf Pang auf das für Airlines geltende EU-Recht nach dem Prinzip "Ownership und Control". "Das heißt, dass die Mehrheit des Eigentums und die Kontrolle über eine europäische Fluggesellschaft auch von Europäern gehalten werden muss", sagte Dobrindt in Berlin.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bundesbank: Deutsche Exportwirtschaft verliert deutlich an globaler Stärke
14.07.2025

Die deutsche Exportwirtschaft steht laut einer aktuellen Analyse der Bundesbank zunehmend unter Druck. Branchen wie Maschinenbau, Chemie...

DWN
Immobilien
Immobilien Gebäudeenergiegesetz: Milliardenprojekt für 1,4 Billionen Euro – hohe Belastung, unklare Wirkung, politisches Chaos
14.07.2025

Die kommende Gebäudesanierung in Deutschland kostet laut Studie rund 1,4 Billionen Euro. Ziel ist eine Reduktion der CO₂-Emissionen im...

DWN
Politik
Politik EU plant 18. Sanktionspaket gegen Russland: Ölpreisobergrenze im Visier
14.07.2025

Die EU verschärft den Druck auf Moskau – mit einer neuen Preisgrenze für russisches Öl. Doch wirkt die Maßnahme überhaupt? Und was...

DWN
Technologie
Technologie Datenschutzstreit um DeepSeek: Deutschland will China-KI aus App-Stores verbannen
14.07.2025

Die chinesische KI-App DeepSeek steht in Deutschland unter Druck. Wegen schwerwiegender Datenschutzbedenken fordert die...

DWN
Finanzen
Finanzen S&P 500 unter Druck – Sommerkrise nicht ausgeschlossen
14.07.2025

Donald Trump droht mit neuen Zöllen, Analysten warnen vor einer Sommerkrise – und die Prognosen für den S&P 500 könnten nicht...

DWN
Politik
Politik Wenn der Staat lahmt: Warum die Demokratie leidet
14.07.2025

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier warnt eindringlich vor den Folgen staatlicher Handlungsunfähigkeit. Ob kaputte Brücken,...

DWN
Politik
Politik Fluchtgrund Gewalt: Neue Angriffe in Syrien verstärken Ruf nach Schutz
14.07.2025

Trotz Versprechen auf nationale Einheit eskaliert in Syrien erneut die Gewalt. Im Süden des Landes kommt es zu schweren Zusammenstößen...

DWN
Finanzen
Finanzen Altersarmut nach 45 Beitragsjahren: Jeder Vierte bekommt weniger als 1300 Euro Rente
14.07.2025

Auch wer sein Leben lang gearbeitet hat, kann oft nicht von seiner Rente leben. Dabei gibt es enorme regionale Unterschiede und ein starkes...