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Zwei Tage lang trafen sich Vorstand und Aufsichtsrat der Deutschen Bank zu Wochenbeginn hinter verschlossenen Türen in Berlin. Stundenlang diskutierte das Top-Management der Bank mit seinen Kontrolleuren über den richtigen Kurs für die größte Bank des Landes. Über etwaige Anpassungen der Strategie ist bislang nichts nach außen gedrungen, wohl aber zeichnen sich Konturen eines Krachs unter den Großaktionären ab. Dabei geht es um das Schicksal des seit gut zwei Jahren amtierenden Vorstandschefs John Cryan, berichtet Reuters. Während das eine Lager in ihm nicht mehr den richtigen Mann an der Spitze der Deutschen Bank sieht, stärkt die andere Seite Cryan den Rücken.
Unter seiner Führung hat die Bank Skandale früherer Jahre abgearbeitet, hohe Strafen gezahlt und die Kapitaldecke aufgepolstert. Jetzt versucht der 57-Jährige, Aktienkurs und Gewinn trotz heftigen Gegenwinds zu steigern. Ob ihm letzteres gelingt, darüber könnten die Urteile wichtiger Investoren kaum weiter auseinandergehen. Cryans drängendstes Problem: Die Erträge der Bank liegen weit unter denen vergleichbarer Institute, etwa in den USA, aber auch im Rest Europas. „Die Neun-Monats-Zahlen werden richtig, richtig nicht gut ausfallen und es ist kein Silberstreif am Horizont zu erkennen“, hieß es am Donnerstag bei einem der fünf größten Anteilseigner der Bank.
Farbe bekennen muss die Bank am 26. Oktober, wenn sie ihre Zwischenbilanz vorlegt. Viele Aktionäre seien inzwischen sehr ungeduldig. „Ob Cryan dann noch bis zum ersten Quartal (2018) Zeit bekommt, das zu drehen, kann ich zwar nicht sagen, aber die Stimmung ist gereizt.“ Ein Vertreter eines anderen Top-5-Aktionärs verteidigt Cryan dagegen: „Wir sind nicht der Meinung, dass Cryan gehen muss. Wir glauben nach wie vor, dass er der richtige Mann ist, um die Sanierung der Bank durchzusteuern und abzuschließen. Aber das ist nunmal kein Sprint, sondern ein Marathon.“ Aktionismus und zu viel Druck auf Seiten der Eigentümer sei die falsche Medizin: „Die größte Gefahr ist derzeit, dass Cryan hinschmeißt. Dann hat die Bank ein echtes Problem.“
Dennoch: Die Tage des Briten an der Konzernspitze sind möglicherweise begrenzter, als er das eventuell selbst hofft. Immerhin kokettierte er bereits öffentlich, er könne sich auch vorstellen, über 2020 hinaus weiterzumachen, wenn sein jetziger Vertrag ausläuft. „Er sollte aufräumen und den Boden bereit machen für einen Nachfolger mit Visionen, das hat er bislang nicht geschafft. Die Platte ist nicht sauber“, heißt es aus dem Lager der Kritiker. Und die lassen – wie auch Cryans Unterstützer – an den beiden von Cryan und Aufsichtsratschef Paul Achleitner vor ein paar Monaten installierten Kronprinzen kaum ein gutes Haar. Marcus Schenck, Chef der Investmentbank, und Christian Sewing, der Leiter des Privatkundengeschäfts, hätten – jedenfalls aktuell – nicht das Format, Cryan zu beerben, heißt es unisono aus beiden Aktionärslagern.
Damit rückt Oberaufseher Achleitner wieder einmal ins Zentrum: Hat er schon begonnen, extern nach Nachfolgekandidaten für Cryan zu suchen? „Bislang sind keine konkreten Namen genannt worden“, sagt ein Vertreter eines Großaktionärs. Die Suche wäre dieses Mal womöglich schwerer als 2015, als es galt, einen Nachfolger für das bei Aktionären und Aufsicht in Ungnade gefallene Führungsduo Anshu Jain und Jürgen Fitschen zu finden. Achleitner hatte damals seinen Plan B, John Cryan, bereits im Aufsichtrat „zwischengeparkt“. Dieses Mal scheint es keinen Plan B zu geben – jedenfalls keinen, mit dem die wichtigen Aktionäre leben können. Die nächste Aufsichtsratssitzung Ende Oktober dürfte für Cryan und Achleitner deshalb ein heißer Tanz werden.