Politik

Schwere Verluste: Erdogans Offensive in Syrien gerät ins Stocken

Lesezeit: 5 min
10.02.2018 01:32
Die türkische Invasion in Syrien gerät nach der Einnahme von Afrin offenbar ins Stocken.
Schwere Verluste: Erdogans Offensive in Syrien gerät ins Stocken

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Kurden-Milizen

Die PKK-nahe Nachrichtenagentur ANF, die ihren Hauptsitz in der niederländischen Stadt Stichting Eufraat hat, berichtet, dass die Kurden-Milizen der „Syrischen Demokratischen Kräfte” (SDF) und der YPG seit Beginn der „Operation Olivenzweig” am 20. Januar 669 türkische Soldaten und Mitglieder der kurdischen und arabischen Verbände der Freien Syrischen Armee (FSA) getötet haben sollen. Die SDF werden von den USA unterstützt. Zudem hätten die Kurden-Milizen zwölf Panzer, 37 militärische Fahrzeuge und ein Aufklärungsflugzeug zerstört sowie elf weitere Panzer schwer beschädigt.

Der YPG-Sprecher Bırusk Heseke sagte der PKK-nahen Zeitung Yeni Özgür Politika, die ihren Hauptsitz in Neu-Isenburg hat, dass die türkischen Streitkräfte in Afrin eine Niederlage erleiden, dies aber verheimlichen würden.

Der PKK-Kommandeur Murat Karayılan sagt in einem Interview mit der PKK-nahen Nachrichtenagentur Hawar News, die ihren Hauptsitz in Nordsyrien hat, dass die türkische Operation in Nordsyrien mit „Erlaubnis” und „Unterstützung” ablaufen würde. Russland und das syrische „Regime” hätten im Gegenzug das Recht erhalten, einige Gebiete von Idlib einzunehmen. Die US-Regierung habe zwar erwähnt, dass sie der Operation nicht wohlwollend gegenüber stehen würde, doch sie hätte nichts getan, um die Operation zu stoppen. Karayılan wörtlich: „Frankreich hatte eine Dringlichkeitssitzung im UN-Sicherheitsrat einberufen. So wie es aussieht, wurden die Franzosen entweder gerügt oder aber die Türkei hat damit gedroht, einige wirtschaftliche Projekte mit Frankreich zu stoppen. Frankreich hat es hinterher bedauert, dass die Dringlichkeitssitzung einberufen wurde. Abgesehen davon, war Afrin noch nicht einmal ein richtiger Gesprächsgegenstand bei der Sitzung.“

Türkei

Am Freitagmorgen meldete der türkische Generalstab, dass im Verlauf der „Operation Olivenzweig” in der syrischen Region Afrin 1.062 Mitglieder der Kurden-Milizen und der Terror-Miliz ISIS kampfunfähig, also getötet oder gefangengenommen, wurden, berichtet die Nachrichtenagentur Anadolu. Am selben Tag wurde ein türkischer Soldat von den Kurden-Milizen getötet. In der Region der Berge Burseya und Bafilun wurden sechs Stellungen der Kurden-Milizen durch die türkische Luftwaffe ins Visier genommen und beschossen, so die Zeitung Aydınlık. Nach Angaben des englischsprachigen Diensts von Reuters wurden in der Region Afrin insgesamt 19 Luftschläge gegen Stellungen der Kurden-Milizen ausgeführt.

Die Türkei ist weiterhin entschlossen, ihre Operation auf die Stadt Manbidsch auszuweiten, wo sich auch US-amerikanische und französische Spezialtruppen befinden, die die Kurden-Milizen aufgerüstet haben. In diesem Zusammenhang wird der nationale Sicherheitsberater von US-Präsident Donald Trump, H.R. McMaster über das Wochenende in die Türkei fliegen. In der kommenden Woche wird US-Außenminister Rex Tillerson nach Ankara fliegen, berichtet die englischsprachige Ausgabe der Hürriyet. The Daily Sabah berichtet, dass sich US-Verteidigungsminister James Mattis ebenfalls in der kommenden Woche mit seinem türkischen Amtskollegen Nurettin Canikli in Brüssel treffen werde.

Am 7. Februar 2018 besuchte US-Generalleutnant Paul E. Funk die Kurden-Milizen in Manbidsch. Er gab ihnen eine Garantie dafür, dass die US-Spezialtruppen weiterhin in Manbidsch bleiben werden. „Wir sind hier, um sicherzustellen, dass die dauerhafte Niederlage des IS in diesem Bereich aufrechterhalten wird”, zitiert Voice of America (VoA) Funk.

Funk sagte der Presse, dass die USA die Kurden-Milizen trotz der Spannungen mit der Türkei weiterhin unterstützen werden und dass eine anhaltende Präsenz der USA im Norden Syriens auf eine Deeskalation der Spannungen abziele. „Ich mache mir keine Sorgen (...). Es ist nicht meine Aufgabe, mir Sorgen zu machen. Mein Job ist es, zu kämpfen”, sagte Funk in Bezug auf die türkischen Drohungen, wonach die Türkei ihre Militäroperation auf Manbidsch ausweiten werde.

Temporäre Kämpfe zwischen arabischen Milizen der Freien Syrischen Armee (FSA), die von der Türkei unterstützt werden, und Kurden-Milizen, die von den USA unterstützt werden, am Außenposten von Manbidsch stufte Funk als „störend” ein, so VoA.

Auf Nachfrage der Deutschen Wirtschafts Nachrichten, wie es am Donnerstag zur bewaffneten Auseinandersetzung zwischen syrischen Pro-Regierungstruppen und den USA im Osten Syriens gekommen ist, sagte der Pentagon-Sprecher Eric Pahon:

“Die Syrischen Demokratischen Kräfte agierten in Notwehr mit Unterstützung der Koalition (Anti-ISIS-Koalition, Anm. d. Red.), um einen unprovozierten militärischen Angriff in Ostsyrien Ende des 7. und Anfang des 8. Februars niederzuschlagen.

Feindliche Streitkräfte initiierten Feindseligkeiten mit Artilleriegeschützen (Typ D-30 / M-30). Zusätzlich manövrierten die Aggressoren Kampfpanzer der Klassen T-55 und T-72 mit Unterstützung von Mörsergeschossen während eines - wie es schien - koordinierten Angriffs auf die Syrischen Demokratischen Kräfte - etwa acht Kilometer östlich der Euphrat-Konfliktentschärfungslinie in Khusham, Syrien.

Der Feind bewegte sich in einer ungefähr Bataillon-großen ausgebauten Formation, die von Artillerie, Panzern, Mehrfach-Raketensystemen und Mörsern unterstützt wurde.

Nachdem 20 bis 30 Artillerie- und Panzerkanonen innerhalb von 500 Metern des SDF-Hauptquartiers gelandet waren, griffen die von der Koalition unterstützten Syrischen Demokratischen Kräfte die Aggressoren mit einer Kombination aus Luft- und Artillerieangriffen an. Koalitionsberater waren bei der SDF beratend, assistierend und begleitend tätig, und diese Maßnahme wurde zur Selbstverteidigung ergriffen. Feindliche Fahrzeuge und Personal, die nach Westen zurückkehrten, wurden nicht angegriffen.

Die Koalition hatte in der vergangenen Woche einen langsamen Aufbau von Personal und Ausrüstung beobachtet. Koalitions-Offizielle alarmierten russische Offizielle über die SDF-Präsenz in Khusham (...) lang vor dem Angriff der feindlichen Truppen. Koalitions-Beamte standen vor, während und nach dem vereitelten, unprovozierten Angriff in ständigem Kontakt mit russischen Kollegen. Russische Beamte versicherten Koalitions-Beamten, dass sie keine Koalitions-Kräfte in der Nähe angreifen würden.

Wir werden die Objekte der Koalition (, die die Angriffe ausgeführt haben, Anm. d. Red.) nicht nach Plattformen oder Nationen und auch nicht die Anzahl der Berater am Boden bekanntgeben. Wir können auch nicht über die genaue Zusammensetzung der feindlichen Kräfte spekulieren, die den Angriff zu dieser Zeit durchgeführt haben. Ein SDF Soldat wurde verwundet und es gab keine Koalitionsopfer (...) Wir vermuten, dass die Aggressoren versuchten, Terrain zu erobern, das die SDF im September 2017 von ISIS befreit hatte. Die Pro-Regierungs-Kräfte (PRF) versuchten wahrscheinlich, Ölfelder in Khusham zu erobern, die von 2014 bis 2017 eine wichtige Einnahmequelle für ISIS gewesen sind.

Die Syrischen Demokratischen Kräfte waren maßgeblich an schnellen Erfolgen gegen ISIS beteiligt und demonstrieren weiterhin die Ethik und die Fähigkeiten einer professionellen Kampftruppe.”

Nach offiziellen Angaben des Pentagons befinden sich in Syrien derzeit etwa 2.000 Truppen, meldet der englischsprachige Dienst von Reuters.

Syrien

Am Donnerstag wurden in der Stadt Harasta östlich von Damaskus acht Zivilisten durch Mörsergranaten getötet, berichtet die staatliche syrische Nachrichtenagentur SANA. Urheber des Angriffs sollen „bewaffnete Gruppen” gewesen sein, die sich im Wohnort Al-Assad befinden. Nach Angaben der örtlichen Polizei hätten die Söldner mehr als 20 Mörsergranaten und Raketen abgefeuert. Der Angriff soll auch einen großen materiellen Schaden verursacht haben. Nach Angaben der syrischen Zeitung Al Watan solle es sich bei dem Angriff um den schwersten Angriff der vergangenen Monate gehandelt haben.

Weiterhin soll die syrische Armee (SAA) die Kontrolle über acht neue Dörfer in der nordöstlichen Region von Hama und der südlichen Landschaft von Aleppo zurückerobert haben. Bei den Dörfern handelt es sich um Kaser Ebn Wardan, al-Msetbeh, Rasem Madha, Jib al-Hab, Rajem Jaara, Makhlaf Shamali, Ayn Zarka und Abu Mayal, so SANA. Diese wurden bisher von der Terror-Miliz ISIS besetzt gehalten.

Die syrische Zeitung Al Baath berichtet, dass in mehreren Wohnhäusern Waffen- und Munitionsdepots von ISIS entdeckt wurden.

Freie Syrische Armee (FSA)

RFS Media, die Nachrichtenagentur der Freien Syrischen Armee (FSA), berichtet, dass die syrische Luftwaffe am Freitag Angriffe auf die Dörfer Kafr Amma und Scheich Idris in der Provinz Idlib ausgeführt habe.

Im Westen von Aleppo sollen FSA-Kämpfer am Freitag eine Offensive der SAA vereitelt haben. Bei den Gefechten sollen drei syrische Soldaten getötet und fünf weitere verletzt worden sein. Auf beiden Seiten wurden Artillerie und Raketen benutzt, so RFS Media in einem Bericht.

Das FSA-Medium wirft der SAA und der russischen Luftwaffe die Tötung von etwa 60 Zivilisten am Donnerstag und Freitag vor. Die Angriffe, die zu den Todesopfern geführt haben sollen, sollen in der Provinz Idlib stattgefunden haben.

Am Donnerstag sollen über zehn Benzintanker im Norden von Syrien angekommen sein, um die dortige Bevölkerung mit Benzin zu versorgen. Die Tanker sollen aus der Ukraine stammen, um über die Türkei nach Syrien zu fahren. Die Benzinpreise sollen nach Beginn der „Operation Olivenzweig” enorm gestiegen sein. Bei der Lieferung handelt es sich nach Angaben von RFS Media um die erste Charge. In den kommenden Tagen sollen weitere Ladungen im Norden Syriens ankommen.

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