Trump schlug den 53-Jährigen am Montag als Nachfolger für den Ende Juli in Ruhestand gehenden Richter Anthony Kennedy vor. Der langjährige Berufungsrichter und Mitarbeiter des damaligen Präsidenten George W. Bush muss noch vom Senat bestätigt werden, in dem die Republikaner nur eine hauchdünne Mehrheit haben.
Trump lobte Kavanaugh als einen "brillanten Juristen mit einem klaren und effektiven Stil, der überall als einer der besten und klügsten Rechtsexperten unserer Zeit gilt". Er verdiene eine rasche Bestätigung und eine große überparteiliche Unterstützung. Kavanaugh sagte bei der Zeremonie im Weißen Haus, seine juristische Philosophie sei geradlinig: "Ein Richter muss unabhängig sein und das Gesetz interpretieren, nicht das Gesetz machen."
Trump möchte Kavanaugh im Oktober installiert haben. Im November stehen die Midterm-Wahlen an, bei denen nicht gesichert ist, dass die Republikaner ihre Mehrheit behalten werden können.
Kavanaugh ist ein moderater Konservativer. Seine Ernennung wurde daher von den christlichen Lobbies nicht euphorisch begrüsst. Ein Vertreter der sogenannten Sozialkonservativen sagte allerdings auf Fox, dass es für die Evangelikalen entscheidend sei, die Religionsfreiheit im Sinne der Verfassung gesichert zu sehen. Daher sei Kavanaugh für sie akzeptabel.
Kavanaugh hat sich in der für die Linke entscheidenden Abtreibungsfrage bisher nicht festgelegt. Das ist bemerkenswert, weil viele seiner Urteile Eingang in die Rechtssprechung des Supreme Court gefunden haben. Es wird erwartet, dass er keine radikale Anti-Abtreibungslinie fährt, gleichwohl im Chuck Schumer Trump bereits vorgeworfen hat, der Präsident habe mit der Ernennung die Abtreibungsrechte und die Gesundheitsversorgung von Millionen Amerikanern auf das "juristische Hackbrett" gelegt.
Interessant ist die Nähe Kavanaughs zur Bush-Administration: Er war Sekretär von George W. Bush, seine Frau Ashley arbeitete ebenfalls für Bush. Der Neocon-Präsidentenberater Karl Rove ist ein Freund Kavanaughs. Bush, der sich bisher mit Kommentaren zu Trump sehr zurückgehalten hat, lobte die Ernennung Kavanaughs ausdrücklich. Trump will mit der Personalie offenkundig versuchen, einen Kandidaten durchzubringen, gegen den die Demokratien nicht mit aller Härte vorgehen können und der dennoch von den Neocons nicht als zu weich diskreditiert werden kann.
Auf Kavanaugh wartet eine schwierige Bestätigung im Senat: Dort haben die Republikaner eine Mehrheit von 51 zu 49 Sitzen. Allerdings kämpft derzeit der republikanische Senator John McCain gegen Krebs und kann deswegen nicht an den Abstimmungen teilnehmen.
Kavanaugh ist im politischen Washington gut bekannt und war an einigen der umstrittensten Fälle der vergangenen Jahrzehnte beteiligt. So war er Ende der 1990er Jahre für Kenneth Starr tätig, der das Amtsenthebungsverfahren gegen Bill Clinton leitete. Später arbeitete er für George W. Bush im Streit um die Auszählung von Stimmen in Florida bei der Präsidentschaftswahl 2000 und anschließend im Präsidialamt. Seit 2006 ist er Berufungsrichter in Washington.
Die Richter am Supreme Court werden auf Lebenszeit ernannt. Rücktritte gibt es in der Regel nur aus Alters- oder aus gesundheitlichen Gründen. Es ist das zweite Mal, das Trump die Ausrichtung des Supreme Court durch eine Neubesetzung auf Jahrzehnte nachhaltig beeinflussen kann. Im vergangenen Jahr setzte er gegen den Widerstand der Demokraten Neil Gorsuch durch. Damit ergab sich eine konservative Mehrheit von fünf zu vier Stimmen, bei der sich der inzwischen 81-jährige Konservative Kennedy allerdings als unberechenbar erwies.