Brasiliens Präsident Michel Temer soll nach Zeugenaussagen nicht nur Schweigegeldzahlung gebilligt und Korruptionsermittlungen behindert, sondern vor seiner Amtszeit auch selbst Bestechungsgelder in Millionenhöhe erhalten haben. Die Anschuldigungen wurden im Zuge von Justizermittlungen gegen den Chef des brasilianischen Fleischkonzerns JBS laut, wie am Freitag bekannt wurde. Eine der befragten JBS-Manager sagte demnach aus. Temer sei im Jahr 2014 mit 15 Millionen Real (4,2 Millionen Euro) bestochen worden.
Die Bestechungsgelder seien als Gegenleistung für "Gefälligkeiten" an Temer gezahlt worden, hieß es nach Angaben von Brasiliens Oberstem Gerichtshof in der Aussage. Die Zeugenaussagen wurden im Zuge einer Vereinbarung im Strafprozess gegen JBS-Chef Joesley Batista gemacht.
Dabei sagten JBS-Manager zudem aus, dass ihr Unternehmen rund 150 Millionen Dollar (135 Millionen Euro) in schwarze Wahlkampfkassen des früheren brasilianischen Präsidenten Luiz Inacio Lula da Silva und seiner im August entmachteten Amtsnachfolgerin Dilma Rousseff gezahlt habe. Im Laufe von neun Jahren seien die Gelder auf Auslandskonten eingezahlt worden.
Gegen Temer hatte Brasiliens Oberstes Gericht am Donnerstag Ermittlungen genehmigt. Die Justizbehörden veröffentlichten einen heimlichen Mitschnitt eines Gesprächs, in dem Temer Schweigegeldzahlungen an den inhaftierten ehemaligen Parlamentspräsidenten Eduardo Cunha zugestimmt haben soll. Dieser soll über umfassendes Wissen zu den Beteiligten in dem Korruptionsskandal verfügen.
Die Ermittlungen zu dem Skandal laufen bereits seit 2014. Bei dem Fall Lava Jato (Autowäsche) geht um Schmiergeldzahlungen bei Auftragsvergaben von Konzernen in Millionenhöhe.
Der brasilianische Präsident Michel Temer hat angesichts der aktuellen Korruptionsvorwürfe einen Rücktritt abgelehnt, berichtet die New York Times. Im Korruptionsskandal um den brasilianischen Öl-Riesen Petrobras soll er der Zahlung von Schweigegeld an einen potenziellen Zeugen zugestimmt haben. Die brasilianische Zeitung O Globo hatte den Skandal aufgedeckt. Aufgekommen war der Skandal, als der brasilianische Unternehmer Joesley Batista und sein Bruder Wesley Batista am 17. Mai 2017 zum Obersten Gerichtshof STF gingen, um über den Korruptionsvorfall zu berichten, so O Globo. Joesley Batista legte dem STF einen Mitschnitt vom 7. März 2017 vor. Damals hatte er sich mit Temer getroffen, um über die Bestechung eines Zeugen im Fall Petrobras zu sprechen.
Die Bestechung des Zeugen Eduard Cunha, ehemaliger Parlamentspräsident, nahm Joesley Batista im Auftrag von Temer vor. Gegen Batista läuft deshalb derzeit eine Anklage wegen Bestechung. Allerdings hatte er sich dem Gericht als Kronzeugen angeboten, um eine Strafminderung zu erhalten. Dies wiederum führte zur Belastung des brasilianischen Präsidenten Temer. Dieser soll in Bezug auf die Bestechung von Cunha gesagt haben: "Das muss auch so bleiben, kapierst du?". Joesley Batista und seinem Bruder gehört der Fleischkonzern J&F-Holding. Die Brüder verfügen über 56 Produktionsstätten in den USA, wo sie im Sektor für Schweine- Hühner- und Rindfleisch der Marktführer sind. Die Kronzeugenregelung mit dem brasilianischen Justizministerium hatte für Batista die Kanzlei Rossi & Watanabe ausgehandelt.
Dem Obersten Gerichtshof liegt auch eine Videoaufnahme vor. In der Aufnahme ist zu sehen, wie Batista im Auftrag von Temer dem Abgeordneten Rodrigo Rocha Loures einen Koffer mit 500.000 Real, also umgerechnet 133.000 Euro, überreicht, berichtet O Globo. Loures wiederum hatte die Aufgabe das Geld an einen Mittelsmann von Cunha zu übergeben. Zu diesem Zeitpunkt arbeitete Batista bereits mit der Polizei zusammen, um die Korruptionsverstrickung Temers nachzuweisen.
Temer meint, er habe "niemals" Bestechungen angeordnet. Allerdings beweisen die Telefonmitschnitte und Videoaufnahmen das Gegenteil
Der brasilianische Präsident Temer hatte zuvor als geheimer Informant für die US-Regierung gearbeitet. Wikileaks veröffentlichte im Mai 2016 vertrauliche Depeschen über die Tätigkeit Temers. Er plant, den brasilianischen Öl-Sektor für US-Konzerne schrankenlos zu öffnen. Auch die Notenbank will er aus der Kontrolle des brasilianischen Staats lösen. Temer war maßgeblich am Sturz der brasilianischen Präsidentin Roussef beteiligt, die sich gegen umfassende Privatisierungen und damit gegen die Deregulierung des Binnenmarkts ausgesprochen hatte.