Technologie

Real will Gesichter von Kunden in Supermärkten analysieren

Lesezeit: 1 min
31.05.2017 00:12
Die Supermarktkette Real will die Gesichter von Kunden analysieren. Datenschützer warnen vor den Kameras.
Real will Gesichter von Kunden in Supermärkten analysieren

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Die AFP berichtet von einer interessanten Neuerung in Real-Supermärkten:

Etwa 30 Jahre alt und weiblich - in vierzig ausgewählten Märkten der Supermarktkette Real werden die Gesichter von Kunden analysiert. Das Unternehmen Echion testet in den Filialen "eine Blickkontakterfassung von Werbebildschirmen im Kassenbereich", wie Real am Dienstag auf Anfrage mitteilte. Eine über jedem Bildschirm installierte Kamera erkennt demnach alle Blickkontakte und leitet daraus Daten ab. Echion will damit herausfinden, welche Werbefilme gut ankommen.

Real teilte mit, dass sich die Bilder der Kunden nur für etwa 150 Millisekunden im Speicher befänden. Aus ihnen ermittelt eine Software demnach die Anzahl der Betrachter, deren geschätztes Alter und Geschlecht sowie den Zeitpunkt und die Dauer des Blickkontakts. Diese sogenannten Metadaten gingen direkt und verschlüsselt an den Werbedienstleister Echion.

Die Bilder selbst werden der Supermarktkette zufolge "weder übertragen noch gespeichert". Echion ist laut Real-Angaben Betreiber der Kameras und begann im Herbst in ausgewählten Real-Märkten mit dem Test. Das Augsburger Unternehmen wolle mit der Blickkontaktanalyse "die Qualität der ausgestrahlten Werbefilme zielgruppenorientiert anpassen". Real selbst greife nicht auf die Daten zu, versicherte das Unternehmen.

Datenschutzrechtliche Bedenken hat Real bei der Gesichtsanalyse durch Echion nicht. Die Erkennung der Personen erfolge "komplett anonym", erklärte Unternehmenssprecher Markus Jablonski. Deshalb entstünden "keine personenbezogenen Daten im Sinne des Bundesdatenschutzgesetzes". Die von Echion eingesetzte Software sei zudem mit dem ePrivacy-Siegel zertifiziert, einem Datenschutz-Gütesiegel für Online- und Mobilangebote.

Auch die eigenen Kunden sind Real zufolge ausreichend über das Verfahren aufgeklärt. "Eine Information für unsere Kunden erfolgt über eine gut sichtbare Hinweisbeschilderung 'Dieser Markt wird videoüberwacht'", erklärte Jablonski.

Die Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit Nordrhein-Westfalen, Helga Block, erklärte über ihren Pressesprecher, eine Gesichtserfassung in Supermärkten durch Kameras zum Zweck der personalisierten Werbung werde "grundsätzlich kritisch" gesehen. Die Erfassung des Gesichts sei eine Erhebung personenbezogener Daten, egal ob der Name bekannt sei und wie lange die Daten gespeichert würden. Sie sprach zudem von einer "anlasslosen Informationserhebung mit einer großen Streubreite".

Auch der Hamburgische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit Johannes Caspar sieht das von Echion verwendete Verfahren kritisch. Der "Lebensmittelzeitung" sagte er, sobald "Bilder von Personen durch Kameras erhoben werden, ist das nicht mehr anonym". Händler müssten Kunden deshalb genauer über die Blickkontaktanalyse informieren.

Real betreibt bundesweit 283 Supermärkte, in denen Echion als Werbedienstleister ein Marktradioprogramm und das Produkt "TV in der Kassenzone" bereitstellt. Eine Ausweitung der Blickkontaktanalyse über die bestehenden vierzig Testmärkte hinaus ist nach Angeben der Supermarktkette derzeit nicht geplant.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

 

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft OWZE-Prognose 2024: Minimales Wirtschaftswachstum für Deutschland erwartet
02.05.2024

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OWZE) geht von einem minimalen Wirtschaftswachstum für Deutschland...

DWN
Finanzen
Finanzen Deutschland im Investitionstief: Rückgang setzt Wirtschaft unter Druck
02.05.2024

Deutschlands Attraktivität für ausländische Investitionen schwindet weiter: 2023 markiert den niedrigsten Stand seit 2013. Manche...

DWN
Politik
Politik 1.-Mai-Demonstrationen: Gewerkschaften fordern dringend Gerechtigkeit
02.05.2024

Am Tag der Arbeit kämpfen Gewerkschaften für bessere Arbeitsbedingungen. Ihre Spitzenvertreter betonten die Notwendigkeit von...

DWN
Politik
Politik Militärhistoriker Lothar Schröter im DWN-Interview: Die Folgen des Massenmords von Odessa 2014
02.05.2024

Der Militärhistoriker Lothar Schröter ordnet im DWN-Interview den Massenmord in Odessa vom 2. Mai 2014 ein. Dabei geht er auch auf die...

DWN
Politik
Politik DWN-Interview: Ukraine-Krieg - Zehn Jahre nach dem Massenmord von Odessa
02.05.2024

Am 2. Mai 2014 ist es in der ukrainischen Stadt Odessa zu einem Massenmord gekommen, bei dem fast fünfzig Menschen qualvoll ums Leben...

DWN
Technologie
Technologie Infineon vor herausforderndem Quartal: Augenmerk auf Zukunftsaussichten
02.05.2024

Der Chiphersteller Infineon sieht schwieriges Quartal voraus, mit moderaten Rückgängen und angespanntem Automobilmarkt. Wie geht es...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin als Geldanlage: „Das ist gleichzusetzen mit einem Besuch im Casino“
02.05.2024

Bitcoin entzweit trotz neuer Kursrekorde die Anlegergemeinschaft. Die einen halten große Stücke auf den Coin, die anderen sind kritisch....

DWN
Immobilien
Immobilien Balkonkraftwerk mit Speicher: Solarpaket könnte Boom auslösen - lohnt sich der Einbau?
01.05.2024

Balkonkraftwerke aus Steckersolargeräten werden immer beliebter in Deutschland. Insgesamt gibt es aktuell über 400.000 dieser sogenannten...