Der Automobilexperte Ferdinand Dudenhöffer von der Universität Duisburg-Essen sieht den Diesel-Antrieb sowohl in Deutschland als auch weltweit in den kommenden Jahren auf dem Weg in die Bedeutungslosigkeit.
Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Welche Auswirkungen hat die Diskussion um Fahrverbote in deutschen Städten derzeit auf die Absatzzahlen deutscher Diesel-Autos?
Ferdinand Dudenhöffer: Man kann die Diskussion um die Fahrverbote von den anderen Negativmeldungen zum Diesel isolieren. Deutlich zu hohe Stickoxide bei den meisten neuen EURO 6 Modellen, dass der ADAC vom Dieselkauf abrät, dass Volvo den Diesel ausmustert, die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen bei Bosch, Daimler oder Audi usw. Es ist nicht eine Meldung, sondern ein regelrechtes Gewitter schlechter Nachrichten. Daher ist der Dieselanteil im Juni (bei Neuwagen – die Red.) auf unter 39 Prozent zusammengebrochen. Anfang 2015 lag er noch bei 51 Prozent. Und der Niedergang wird weitergehen. Der Diesel ist zum Problem geworden.
Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Welchen ungefähren Anteil haben Dieselautos an der Gesamtfertigung bei VW, Daimler und BMW?
Ferdinand Dudenhöffer: Wenn man die Weltproduktion nimmt gilt zunächst in China, dem wichtigsten Markt, null, in den USA so gut wie null und in Europa heute bei 50 Prozent bis 55 Prozent. Weltweit für die deutschen Autobauer damit eher bei 25 Prozent bis 30% Prozent. Also weltweit deutlich unwichtiger, als wir es aus der deutschen Brille wahrhaben wollen.
Deutsche WIrtschafts Nachrichten: Welcher Konzern ist besonders stark beim Dieselantrieb engagiert? Wie viele Arbeitsplätze sind hierzulande ungefähr vom Diesel-Antrieb abhängig?
Ferdinand Dudenhöffer: Volvo, Jaguar Landrover, Audi, BMW ist eine Art Reihenfolge der höchsten Dieselanteile. Arbeitsplätze ist so eine Frage. Bei den Autobauern im Prinzip null, denn jedes Auto kann natürlich auch mit Benzin-, Gas-, Hybrid- oder rein elektrisch angetrieben werden. Die Autobauer montieren ja die Motoren nur und Produktionsprozesse können umgestellt werden. Bei den Zulieferern ist der Wechsel sicher nicht ganz so einfach. Aber die Geschichte, dass wir ohne Diesel ein Beschäftigungsproblem haben, ist ein Märchen. Der Weg aus Diesel kostet Geld für die Umrüstung der Produktion, aber nicht unbedingt Arbeitsplätze.
Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Mit welchem Marktanteil für Dieselautos rechnen Sie in 5 und 10 Jahren in Deutschland? Was bedeutet dies für die drei großen deutschen Autobauer?
Ferdinand Dudenhöffer: In Frankreich will man 2018 den Steuervorteil beim Dieselkraftstoff kippen. Frankreich ist ja mittlerweile Vorreiter bei der Industriepolitik unter Präsident Macron. Auch deshalb muss sich Berlin nach der Bundestagswahl neu festlegen. Also, wenn der Steuervorteil in mehreren Ländern kippt, wovon ich ausgehe, sinkt die Beliebtheit von Diesel schnell. Nach 2020 kann ich mir keinen Dieselanteil von mehr als 20 Prozent in Europa vorstellen. Weltweit kommt dann der Diesel auf 5 Prozent, also ein Nischenprodukt. In 10 Jahren wird es wohl gegen null konvertieren. Die Elektroautos werden dann eine wichtige Rolle übernehmen. Ich bin sicher, dass man mit den 48 Volt Hybrid-System den Diesel gut und schnell ersetzen kann. Und das zu niedrigen Kosten und auch die Einhaltung der CO2-Werte bis 2021 schafft. Danach braucht man viele Elektroautos, da würde der Diesel auch nicht helfen.
Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Setzen auch ausländische Fahrzeughersteller in Europa, den USA und Japan auf Diesel?
Ferdinand Dudenhöffer: Nein, Diesel ist ein rein europäischer Hype, der durch steuersubventionierten Kraftstoff in vielen EU-Ländern und wachsweiche Abgasvorschriften entstanden ist. Toyota hat noch nie einen Diesel gebraucht. Der Diesel ist seit 30 Jahren wirklich grundlos in Deutschland mystifiziert. Wir sollten den Mythos auflösen.