Politik

Syrische Armee steht vor Erfolg im Kampf um Ost-Ghouta

Lesezeit: 5 min
07.03.2018 01:41
Die syrische Armee steht vor einem wichtigen militärischen Erfolg in Ost-Ghouta.
Syrische Armee steht vor Erfolg im Kampf um Ost-Ghouta

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In Syrien steht Präsident Baschar al-Assad laut Reuters vor seinem "zweiten großen militärischen Erfolg seit der Einnahme der Metropole Aleppo" Ende 2016. Das mit ihm verbündete Russland bot Söldnern und ihren Familien am Dienstag den sicheren Abzug aus Ost-Ghuta an, der letzten Hochburg der Söldner vor den Toren von Damaskus. Die Rebellen warfen der Regierung in Moskau vor, die Bevölkerung aus dem Umland der Hauptstadt vertreiben zu wollen.

Russland garantiere den Kämpfern und ihren Familien freies Geleit durch einen Korridor, teilte das Verteidigungsministerium in Moskau mit. Die Männer dürften persönliche Waffen mitnehmen. Ein Ziel wurde nicht genannt. Bei früheren Abkommen wurde Assad-Gegnern die Flucht in andere Rebellen-Gebiete gestattet. Beobachter gehen davon aus, dass die Rebellen in Regionen nahe der türkischen Grenze im Norden Syriens ziehen dürfen.

TÜRKEI WILL FLÜCHTLINGSLAGER IN SYRIEN ERRICHTEN

In Kreisen türkischer Diplomaten hieß es, es sollten neun Flüchtlingslager für 170.000 Menschen in der Umgebung von Idlib im Nordwesten Syriens errichtet werden. Auch weiter östlich seien Auffanglager geplant. Ob ein Zusammenhang mit dem Angebot Russlands besteht, blieb offen. Die Türkei hatte vor sechs Wochen eine Offensive gegen die kurdische Miliz YPG in der Region Afrin im Norden Syrien gestartet. In Berlin verteidigte der türkische Außenminister Mevlüt Cavusolglu am Rande eines Deutschland-Besuchs den Einsatz trotz der von den UN geforderten Waffenruhe: "Das sind Terrororganisationen und unsere Operationen dort stehen im Einklang mit dem internationalen Recht."

Den Truppen Assads und ihren Verbündeten ist es bislang gelungen, ein Drittel des landwirtschaftlich geprägten Ost-Ghuta zu erobern. Zudem läuft die Rebellen-Enklave Gefahr, in zwei Teile gespalten zu werden. In der Region leben laut den UN rund 400.000 Menschen. Nach Angaben der oppositionellen Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte sind seit dem 18. Februar durch Luftangriffe 780 Menschen getötet worden.

IRAN, RUSSLAND UND TÜRKEI PLANEN TREFFEN ZUR ZUKUNFT SYRIENS

Die beiden Verbündeten Assads, der Iran und Russland, wollen zusammen mit der Türkei die Neuordnung Syriens auf einem Gipfeltreffen im April vorantreiben. Daran würden die Präsidenten Russlands, der Türkei und des Iran - Wladimir Putin, Recep Tayyip Erdogan und Hassan Ruhani - teilnehmen, erklärte ein Sprecher des türkischen Außenministeriums. Nächste Woche werde Außenminister Cavusoglu nach Moskau reisen und eine Woche darauf in die USA. Die USA beschränken sich in Syrien im Wesentlichen auf den Kampf gegen die Extremisten-Miliz Islamischer Staat, lehnen aber ebenso wie die Türkei Assad ab.

Die UN kündigten an, einen zweiten Hilfskonvoi in die Enklave senden zu wollen, nachdem am Montag 46 Lastwagen in das umkämpfte Gebiet gelangt waren. Allerdings konnten 14 Lkw nicht vollständig entladen werden, sondern mussten wegen eines Artillerie-Angriffs auf den Ort Duma vorzeitig zurückfahren. Das Deutsche Rote Kreuz warnte: "Die Menschen hungern und sind völlig ausgezehrt." Seit dem Ausbruch des Bürgerkriegs vor knapp sieben Jahren sind Hunderttausende Menschen ums Leben gekommen, mindestens elf Millionen wurden vertrieben.

Beim Absturz eines russischen Militärtransporters kamen nach Medienberichten 39 Menschen ums Leben. Warum das russische Militärflugzeug abstürzte, war zunächst unklar. Die Maschine sei am Luftwaffenstützpunkt Hmejmim in der Provinz Latakia aufgeschlagen, meldete die russische Nachrichtenagentur Tass unter Berufung auf das Moskauer Verteidigungsministerium. An Bord seien ausschließlich Angehörige des Militärs gewesen. Auf der Suche nach der Absturzursache werde in sämtliche Richtungen ermittelt. Zunächst war in Berichten russischer Nachrichtenagenturen von nur 32 Toten die Rede. In diesen Meldungen war zunächst davon ausgegangen worden, dass ein technischer Defekt den Absturz verursacht haben könnte.

Der Guardian berichtet, dass in Ost-Ghouta am Montag während der Kampfhandlungen zwischen der syrischen Armee (SAA) und bewaffneten Söldner-Gruppen mindestens 77 Menschen getötet wurden. Dies stelle damit den tödlichsten Tag seit der Verkündung einer Feuerpause durch Russland und der Forderung des UN-Sicherheitsrats nach einer Einstellung der Kampfhandlungen dar.

Bewaffnete Gruppen, die in Ost-Ghouta operieren, sollen angeblich versprochen haben, die Evakuierung von Zivilisten aus Ost-Ghouta zuzulassen. Im Gegenzug soll humanitäre Hilfe nach Ost-Ghouta gelangen, berichtet die Tass. Allerdings bleibt unklar, um welche Gruppen es sich dabei handelt, da die Al-Nusra-Front jedwede Einigung mit Russland und der syrischen Regierung ablehnt. Am Montag soll das Internationale Rote Kreuz damit beginnen, Ost-Ghouta mit humanitären Gütern zu beliefern. Die Nachrichtenagentur wörtlich: „Fünfundvierzig Lastwagen mit humanitärer Hilfe und ein mobiles Krankenhaus haben sich am Montagmorgen am Kontrollpunkt in der bewohnten Gemeinde Al-Wafideen gereiht, wo ein humanitärer Korridor aus Ost-Ghouta durchführt. Die humanitäre Fracht umfasst Lebensmittel, Medikamente und Grundbedarfsgüter mit einem Gesamtgewicht von 247 Tonnen. Die Ladung soll mit der Unterstützung des russischen Zentrums für die Versöhnung der Kriegsparteien übergeben werden, damit die Sicherheit der Konvoi-Passage gewährleistet wird.” Die humanitären Pausen wurden in den ersten Tagen von Söldnern gestört. Nach Angaben des russischen Zentrums für die Aussöhnung der Konfliktparteien hatten Söldner den humanitären Korridor beschossen.

Die staatliche syrische Nachrichtenagentur SANA meldet, dass Einheiten der syrischen Armee (SAA) ihre Militäroperation gegen die Al-Nusra-Front in Ost-Ghouta fortgesetzt hat. Parallel dazu, wurde der humanitäre Korridor aus Ost-Ghouta gesichert. Die SAA hatte zuvor die Stadt al-Nashabiye von der Al-Nusra-Front zurückerobert. Die extremistische Söldner-Truppe soll sich kurz vor dem Zusammenbruch befinden. Allerdings soll die Gruppe nach wie vor versuchen, die Evakuierung der Zivilisten aus Ost-Ghouta zu verhindern.

Syrischen Militär-Kreisen zufolge soll die SAA am Sonntag die Außenbezirke von Ashari, Muhamadiyah und Mesraba erreicht haben. Diese drei Außenbezirke werden von der Al-Nusra-Front und Faylaq al-Rahman kontrolliert. Die syrische Luftwaffe hat Flugblätter über Ost-Ghouta abgeworfen, die die Zivilisten auffordern , den sicheren humanitären Korridor aus Ost-Ghouta heraus zu nutzen.

Es gibt keinerlei Hinweise dafür, dass in Ost-Ghouta Mitglieder der russischen Infanterie tätig sind. Nach Angaben der israelischen Zeitung Maariv soll sich der syrische Präsident Baschar al-Assad am Montag mit einer iranischen Delegation unter Leitung des Sekretärs des iranischen Außenministers, Hussein Jabri Ansari, in Damaskus getroffen haben. Er sagte der Delegation, dass die „westlichen Vorwürfe”, wonach Syrien Chemiewaffen-Einsätze eine “Erpressung und einen Vorwand darstellen” würden, um einen Rechtfertigungsgrund für Attacken gegen die syrische Armee zu erlangen.

Die türkische Zeitung Aydınlık, die vor Ort Journalisten hat, berichtet, dass am Montagnachmittag die ersten humanitären Güter in Ost-Ghouta angekommen seien. 46 Lkw sollen 27.500 Personen versorgen.

Die UN bestätigt diese Information über den Kurznachrichtendienst Twitter. Die Lkw mit humanitären Hilfsgütern, die von der UN, dem Roten Halbmond Syrien und dem Internationalen Roten Kreuz organisiert wurden, seien am Montagnachmittag in Duma/Ost-Ghouta angekommen, um 27.500 mit Nahrung und medizinischen Gütern zu versorgen. Allerdings fügt die UN hinzu: “Viele lebensrettende Gesundheitsgüter durften nicht verladen werden”.

Die bisher einzige Hilfslieferung der UN nach Ost-Ghouta im Jahr 2018 erfolgte am 14. Februar, als ein Konvoi mit Gütern für 7.200 Menschen Nashabiyah erreichte. Das meldet die UN in einer Mitteilung.

Nach Informationen des türkischen Generalstabs wurden im Verlauf der Operation „Olivenzweig” in der syrischen Region Afrin bisher 2.777 Mitglieder der Kurden-Milizen und der Terror-Miliz ISIS entweder gefangen genommen oder getötet.

Am Dienstagmorgen haben Verbände der türkischen Streitkräfte und der Freien Syrischen Armee (FSA) zwei weitere Dörfer in Afrin eingenommen. Bei den Dörfern soll es sich um Beluşank und Alıcı handeln, so die Zeitung Aydınlık.

Das türkische Militär hat bisher die Bezirke Raco und Şeyh Hadid komplett eingenommen. Das nächste Ziel der „Operation Olivenzweig” sei die komplette Einnahme von Cinderes (Dschindaras), berichtet Haberturk.

Die „Syrischen Demokratischen Kräfte” (SDF), die von den Kurden-Milizen dominiert und den USA unterstützt werden, meldeten am Montag in einer Mitteilung, dass in den vergangenen 48 Stunden 80 Mitglieder der türkischen Streitkräfte, der FSA oder der Spezialeinheiten der türkischen Gendarmerie und Polizei getötet wurden. Bei neun der Getöteten soll es sich um Mitglieder von Spezialeinheiten handeln. Die neun Mitglieder der türkischen Spezialeinheiten seien in Raco getötet worden. Die restlichen türkischen Soldaten und FSA-Mitglieder in den restlichen Teilen von Afrin getötet worden. In Çema und Omera sei ein türkisches Militär-Fahrzeug zerstört worden. In den Dörfern Baflonê und Çemayê seien zwei weitere Militärfahrzeuge zerstört worden.

Die PKK-nahe Nachrichtenagentur ANF mit Hauptsitz in den Niederlanden führt in einem Bericht aus: „Der Plan zur Besetzung Afrins ist nicht so aufgegangen, wie der türkische Staat und die von ihm unterstützen Banden gedacht haben. Denn in Afrin verteidigen die YPG (...) und das Volk von Afrin ihren Grund und Boden. Allerdings konnte man ab dem 40. Tag (der Operation „Olivenzweig”, Anm. d. Red.) genau sehen, was die Pläne des türkischen Staats und Russland sind. Während Russland seine Schachzüge gegen die USA über die Türkei ausführt, ignoriert der Iran den Willen der Regierung in Damaskus. Die USA und Russland wollten hingegen nichts wirksames gegen die Türkei ausrichten, da es bezüglich des Ostens und Westens des Euphrats eine Einigung gibt.”

Der YPG-Kommandant Numan Cilo sagte gegenüber ANF: „Niemand hat das Recht, einseitige Entscheidungen bezüglich der Öl- und Gasressourcen in Deir Ezzor zu machen. Diese Reichtümer gehören den Syrern und den Einwohnern von Deir Ezzor”.


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