Politik

Merkel und Macron können sich nicht auf EU-Reform einigen

Lesezeit: 3 min
19.04.2018 15:50
Bundeskanzlerin Angela Merkel und der französische Präsidenten Emanuel Macron warnen vor einer neuen Euro-Krise. Ergebnisse zu Reformen der EU wurden keine bekannt.
Merkel und Macron können sich nicht auf EU-Reform einigen

Mehr zum Thema:  
Europa >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Europa  

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron haben ihren Willen zu einer engen Zusammenarbeit bei den EU-Reformen bekräftigt. Beide Regierungen seien sich einig, „dass die Eurozone noch nicht ausreichend krisenfest ist“, sagte Merkel am Donnerstag bei einem Treffen mit Macron in Berlin. Beide räumten aber ein, dass es bis zu gemeinsamen Vorschlägen für den EU-Gipfel im Juni noch ein steiniger Weg sei.

„Es gibt natürlich immer auch unterschiedliche Ausgangspunkte der Meinungen von Deutschland und Frankreich“, sagte Merkel bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Macron im Humboldt-Forum des Berliner Stadtschlosses. „Wir brauchen offene Debatten und wir brauchen zum Schluss auch die Fähigkeit zum Kompromiss.“

Für eine Reform von EU und Eurozone gebe es unterschiedliche Vorschläge aus beiden Ländern. „Ich glaube, wir bringen zum Teil andere Aspekte ein“, sagte Merkel. „Aber ich glaube, dass die Summe unserer Vorschläge zum Schluss zu einem guten Ergebnis kommen kann.“

Deutschland und Frankreich wollen für den EU-Gipfel im Juni gemeinsame Reformvorschläge erarbeiten. Macron hatte bereits im vergangenen Jahr mit einer Reihe von Vorschlägen eine Reformdebatte mit angestoßen. Mehrere seiner Forderungen - insbesondere eine Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion durch ein eigenes Eurozonen-Budget und einen EU-Finanzminister - stoßen bei Unionspolitikern jedoch auf Ablehnung.

Merkel ging am Donnerstag nicht konkret auf Macrons zentrale Forderungen ein. Als Projekte für eine Stärkung der Wirtschafts- und Währungsunion nannte die Kanzlerin den geplanten Ausbau des Euro-Rettungsfonds ESM zu einem Europäischen Währungsfonds (EWF), die Fertigstellung der Bankenunion und ein gemeinsames Einlagensicherungssystem, zu dem die Bundesregierung „in einer vielleicht nicht unmittelbaren Zukunft, aber in einer ferneren Zukunft“ bereit sei.

Macron pochte erneut auf mehr Investitionen in der Eurozone. Zugleich sagte der französische Präsident, es gehe derzeit nicht darum, „über das eine oder andere Instrument“ zu sprechen, „sondern dass wir sicher sind, welches Ziel wir erreichen wollen“. So sprach er nicht direkt von einem Eurozonen-Budget und einem EU-Finanzminister, ging aber auch nicht näher auf Merkels Vorschlag gemeinsamer Treffen der europäischen Wirtschafts- und Finanzminister ein.

Der Präsident mahnte gleichwohl einen mutigen Umbau Europas an: Die „gemeinsame Souveränität“ Europas werde international „auf den Prüfstand gestellt“; zugleich entstünden innerhalb der EU „Zweifel und sehr stark nationalistische Visionen“. „Gerade aus diesem Grund ist der Moment, in dem wir uns befinden, absolut entscheidend für die Zukunft unseres Europas.“

Vor Deutschland und Frankreich liege bis zum EU-Gipfel im Juni „noch sehr viel Arbeit“, sagte der Präsident. Beide Regierungen wollen sich auch bei einem deutsch-französischen Ministerrat am 19. Juni abstimmen.

Der vor knapp einem Jahr zum französischen Präsidenten gewählte Macron hatte sich lange gedulden müssen, bis er mit Merkel konkret über ein gemeinsames Reformprojekt beraten konnte. Er musste zunächst die Bundestagswahl im September abwarten - und dann die knapp sechsmonatige Regierungsbildung in Berlin.

In der Debatte um eine Reform der Europäischen Union hat EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger Deutschland zur Kompromissbereitschaft aufgefordert. „Wir sind jetzt auf dem Höhepunkt unserer europäischen und deutschen ökonomischen Leistungskraft“, sagte Oettinger am Donnerstag in Berlin. „Stärker waren wir nie und stärker werden wir nicht mehr. Jetzt ist es Zeit, die Wirtschafts- und Währungsunion und damit die Eurozone wetterfest zu machen.“

Es sei nicht erforderlich, alle Vorschläge umfassend zu unterstützen, sagte der CDU-Politiker Oettinger, der sich selbst ablehnend zu der Idee Macrons äußerte, ein eigenes Budget für die Eurozone einzurichten. „Aber sie nicht zu diskutieren, nicht Kompromissbereitschaft zu haben und nicht zu einer Einigung zu kommen, wäre falsch“, mahnte der EU-Kommissar. „Deswegen ist unsere Bitte an alle Beteiligten gerade auch in Berlin, diese Vorschläge nicht zu diskreditieren.“

Denn eins sei klar: „Nach der Krise ist vor der Krise.“ Europa werde in den nächsten zwei bis fünf Jahren eine Eintrübung der Wirtschaft erleben und müsse besser vorbereitet sein als vor der letzten Finanz- und Wirtschaftskrise. Es gehe nun darum, die Lehren aus der Vergangenheit zu ziehen, fügte Oettinger an und forderte eine „starke deutsche Mitwirkung“.

***

Für PR, Gefälligkeitsartikel oder politische Hofberichterstattung stehen die DWN nicht zur Verfügung. Bitte unterstützen Sie die Unabhängigkeit der DWN mit einem Abonnement:

Hier können Sie sich für einen kostenlosen Gratismonat registrieren. Wenn dieser abgelaufen ist, werden Sie von uns benachrichtigt und können dann das Abo auswählen, dass am besten Ihren Bedürfnissen entspricht. Einen Überblick über die verfügbaren Abonnements bekommen Sie hier.

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..


Mehr zum Thema:  
Europa >

Anzeige
DWN
Ratgeber
Ratgeber Sichere Mobilgeräte für Ihr Business: Das Samsung Security Ecosystem

In vielen Unternehmen sind Smartphones und Tablets längst zum unverzichtbaren Arbeitsmittel geworden. Je nach Einsatzgebiet sind die...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Das wahre Problem mit Chinas Wirtschaft
22.09.2023

Chinas Wirtschaft ist auf einem stetigen Konjunkturabschwung. Beobachter sind sich einig: die BIP-Raten werden vergangene Jahre nicht...

DWN
Immobilien
Immobilien Preise für Wohnimmobilien fallen in Rekordtempo
22.09.2023

Deutsche Wohnimmobilien waren im zweiten Quartal knapp 10 Prozent billiger als im Vorjahreszeitraum. Die Neubaupreise in Großstädten sind...

DWN
Politik
Politik Russland plant massiven Anstieg der Militärausgaben
22.09.2023

Russland plant für 2024 einen massiven Anstieg der Verteidigungsausgaben, da kein Ende des Kriegs absehbar ist. Doch offenbar kann das...

DWN
Politik
Politik Steuererhöhung bei Silber: „Der Staat nimmt jetzt weniger ein“
22.09.2023

Der Staat hat die Steuern auf viele Silbermünzen drastisch erhöht. Anleger bezahlen seit knapp einem Jahr über 10 Prozent mehr. Dennoch...

DWN
Politik
Politik Wieder Straßenblockaden fürs Klima in Berlin
22.09.2023

Man wolle Berlin mit Straßenblockaden lahmlegen, hatte die Letzte Generation ihre Aktionswochen angekündigt. Autofahrer sind genervt und...

DWN
Panorama
Panorama Hochsensibilität in der Arbeitswelt – Das verkannte Potential
22.09.2023

Es ist ein recht junges Forschungsfeld, über das es noch nicht allzu viele Erkenntnisse gibt. Das Thema Hochsensibilität findet in der...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Kleiner Lichtblick für deutsche Wirtschaft
22.09.2023

Die deutsche Wirtschaft schrumpft weiter, aber nicht mehr so schnell, wie der Einkaufsmanagerindex für September zeigt. Dennoch ist kein...

DWN
Immobilien
Immobilien Verbände boykottieren Wohnungsgipfel mit Bundesregierung
22.09.2023

Die Wohnungswirtschaft erhebt vor dem Gipfel im Kanzleramt schwere Vorwürfe gegen die Bundesregierung. Zwei Verbände bleiben dem Treffen...