Politik

USA erwägen Sanktionen gegen Europas Banken-Chefs

Lesezeit: 3 min
25.05.2018 00:35
Die USA könnten Sanktionen gegen europäische Banken-Chefs verhängen, wenn diese sich weigern, den Iran von Swift auszuschließen.

Mehr zum Thema:  
Europa >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Europa  

Die US-Regierung erhöht den Druck auf die europäischen Banken, Finanzgeschäfte mit dem Iran abzubrechen. Der gewöhnlich gut informierte EUObserver berichtet, dass sich ein US-Emissär in den vergangenen Tagen in Brüssel aufgehalten habe, um EU-Politiker von der Notwendigkeit zu überzeugen, sich den US-Strafmaßnahmen anzuschließen.

Als besonderes Druckmittel könnten die USA Sanktionen gegen die Vorstände der europäischen Banken verhängen, wenn diese Vorstandsmitglieder des internationalen Zahlungssystems Swift sind  – einer belgischen Firma, die internationale Banktransfers abwickelt. Der EUObserver: "Es könnte auch US-Sanktionen gegen EU-Bank-CEOs geben, die Vorstandsmitglieder von Swift sind, einer belgischen Firma, die internationale Banktransfers abwickelt, wenn Europa sich weigert, den Iran aus Swifts Netzwerk auszuschließen.

Der Bloomberg-Analyst Leonid Bershidsky führt in einem Beitrag aus:

„Die Entschlossenheit der europäischen Nationen, Russlands und Chinas, das Atomabkommen von 2015 mit dem Iran am Leben zu erhalten, ist nicht notwendigerweise sinnlos. Europa hat mehr Einfluss als die USA auf Swift (...).

Das System wurde in den 1970er Jahren von einer Gruppe globaler Banken gegründet, die die Art und Weise, wie sie Transaktionsinformationen teilten, standardisieren wollten, anstatt jedem Land oder sogar großen Banken ihre eigenen Standards aufzwingen zu lassen. Swift ist im Besitz seiner Mitglieder und bildet das Rückgrat des modernen internationalen Bankgeschäfts, das täglich mehr als 30 Millionen transaktionsbezogene Nachrichten unter 11.000 Banken transportiert. Da es in Brüssel ansässig ist, unterliegt es den Gesetzen der Europäischen Union. Im Jahr 2012 verhängte die EU Sanktionen gegen iranische Banken. Swift verbannte 30 iranische Mitglieder, darunter die Zentralbank des Landes. Iranische Banken wurden 2016 wieder an das Netzwerk angeschlossen.

Mit dem Verlust des Zugangs zu Swift im Jahr 2012 verlor der Iran die Fähigkeit, für seine Exporte bezahlt zu werden und für Importe zu bezahlen. Im Inland mussten iranische Unternehmen auf das alte, langsame und kostenintensive Hawala-Transfersystem zurückgreifen – eine große Unannehmlichkeit für normale Verbraucher und Händler.

Wenn die EU davon absieht, den Iran vom Swift auszuschließen, könnten die USA die Genossenschaft (Swift, Anm. d. Red.) sanktionieren. Doch das könnte den amerikanischen Interessen schaden, da dies schwerwiegende Folgen für das globale Finanzsystem hätte. Wenn Swift unzuverlässig werden würde, würde es eine große Nachfrage nach alternativen Transaktionsinformationssystemen geben (...), um die Lücke zu füllen.

Russland und der Iran betrachten bereits blockchain-basierte Zahlungssysteme als Alternative zu Swift und als Möglichkeit, Transaktionen in US-Dollar zu vermeiden. Russland hat eine Swift-Alternative für den Hausgebrauch entwickelt (...).

Seit 2015 experimentiert auch China mit einer selbst entwickelten Lösung für grenzüberschreitende Zahlungen in Renminbi. Das System ist nicht weit verbreitet, könnte aber für ein Land funktionieren, das Sanktionen umgehen möchte. Je mehr Schwierigkeiten für Swift auftreten, desto attraktiver werden die Alternativen.”

Die US-Regierung hatte bereits vor einigen Jahren versucht, Russland vom Swift-System abzuschneiden. Damals hatte sich das Unternehmen allerdings geweigert, dem US-Druck nachzugeben. Die USA hatten außerdem versucht, China aus dem Swift-System zu werden. 

Der US-Beamte soll laut EUObserver versucht haben, die EU-Beamten davon zu überzeugen, dass die EU die Sanktionen gegen den Iran mit Verweis auf das Magnitsky-Gesetz mittragen könnte. Magnitsky-Sanktionen werden gegen Länder eingeführt, denen Menschenrechtsverletzungen und erhebliche Korruption vorgeworfen werden.

„Dieses [Magnitsky]-Programm stellt eine Wertmenge dar, mit der sich die Leute in der Regel sehr leicht zusammenschließen können. Wir reden über die schlimmsten [Übeltäter]”, sagte er.

Bill Browder, Mitbegründer und CEO der Fondsgesellschaft Hermitage Capital Management, hat sich acht Jahre lang für Maßnahmen auf EU-Ebene unter verschiedenen EU- und US-Behörden Lobbying betrieben.

Er gewann die Unterstützung des EU-Parlaments. Doch führende EU-Staaten lehnten das Vorgehen ab. Sergej Magnitsky, nach dem das Magnitsky-Gesetz benannt wurde, war der Anwalt von Hermitage Capital Management. Im Jahr 2007 wurden die Firmen Browders in Russland unter dem Vorwurf der Steuerhinterziehung geschlossen. Magnitsky wurde festgenommen und verstarb im Jahr 2009 im Gefängnis. Browder beschuldigt die russische Regierung, für den Tod Magnitzskys verantwortlich zu sein. Beweise konnte Browder nicht vorlegen.

EU-Diplomaten möchten das Magnitsky-Gesetz nicht übernehmen, da das Gesetz besonders viele Politiker und Staatsmänner in Russland, China und im Iran auf eine Schwarze Liste setzen würde. Beispielsweise würde die Anwendung des Magnitsky-Gesetzes gegen den chinesischen Sicherheitsbeamten Gao Yan, der für den Tod des Menschenrechtsanwalts Cao Shunli verantwortlich gemacht wird, zu Verstimmungen mit China führen. China ist einer der wichtigsten EU-Handelspartner. Browder meint, dass die Beziehungen der EU zu Russland und China aufrechterhalten werden würden – auch wenn es gemäß des Magnitsky-Gesetzes zur Erstellung einer Schwarzen Liste kommt. Schließlich würde das Gesetz auf Einzelpersonen abzielen, argumentiert er.

„Es kann auf wichtige Menschen in bestimmten Ländern abzielen, die verärgert sein werden, aber (...) das nationale Interesse überwindet im Allgemeinen persönliche Interessen”, so Browder. So sei es möglich, dass der russische Präsident Wladimir Putin nach seiner Amtszeit als Präsident für die Tötung „unschuldiger Syrer” und weitere „Gräueltaten” zur Verantwortung gezogen werde.

***

Für PR, Gefälligkeitsartikel oder politische Hofberichterstattung stehen die DWN nicht zur Verfügung. Bitte unterstützen Sie die Unabhängigkeit der DWN mit einem Abonnement:

Hier können Sie sich für einen kostenlosen Gratismonat registrieren. Wenn dieser abgelaufen ist, werden Sie von uns benachrichtigt und können dann das Abo auswählen, dass am besten Ihren Bedürfnissen entspricht. Einen Überblick über die verfügbaren Abonnements bekommen Sie hier.


Mehr zum Thema:  
Europa >

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Deutschland: ZEW-Konjunkturerwartungen fallen erneut deutlich
17.09.2024

Die wirtschaftlichen Perspektiven für Deutschland haben sich im September weiter verschlechtert. Die ZEW-Konjunkturerwartungen der...

DWN
Politik
Politik Sozialabgaben und Bemessungsgrenzen steigen kräftig: Lauterbach will Beitragszahler blechen lassen
17.09.2024

Gesundheitsminister Karl Lauterbach hat es angedroht: Gutverdiener müssen sich 2025 auf deutlich höhere Kosten einstellen. Neben...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Ein neuer China-Schock? Wie neue Exportwellen aus China die deutsche Industrie treffen könnten
17.09.2024

Chinas Wirtschaft scheint dieser Tage unberechenbar. Nun könnte ein neuer China-Schock die Kernindustrie Europas bedrohen. Wie groß ist...

DWN
Finanzen
Finanzen DSV ist ein Börsenwunder: Gewinn von rund 76.100 Prozent
17.09.2024

Keine andere dänische Aktie kann es mit der DSV-Aktie aufnehmen, wenn es um die Rendite geht. Eine Übernehme von DB Schenker baut diese...

DWN
Politik
Politik Merz wird Kanzlerkandidat der Union
17.09.2024

CDU-Chef Merz und CSU-Chef Söder haben sich in der Kanzlerkandidatur für Merz entschieden. Für den Mittag haben sie zu einer...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Intel stoppt Megaprojekt: Zweifel an Staatshilfen wachsen
17.09.2024

Der US-Chiphersteller Intel stoppt den Bau seiner Fabrik in Magdeburg, trotz zugesagter Staatshilfen im Umfang von 9,9 Milliarden Euro....

DWN
Politik
Politik Netzentgelte: Bundesnetzagentur plant vorzeitig steigende Gaspreise – bis zu 40 Prozent Erhöhung möglich
17.09.2024

Preistreiber Energiewende: Erdgasnetze werden überflüssig und sollen schrittweise bis 2045 abgebaut werden, doch die Endnutzer müssen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Fachkräftemangel: Weg frei für Fachkräfte aus Kenia – eine „Win-win-Situation“?
17.09.2024

Mit der Begründung, dass Deutschland Fachkräfte am Arbeitsmarkt fehlen, hat die Bundesregierung ein Anwerbungsabkommen mit Kenia...