Politik

G7-Treffen verliert wegen US-Kurs sichtlich an Bedeutung

Lesezeit: 2 min
03.06.2018 00:52
Das G7-Treffen der Finanzminister ist am Samstag erstmals ohne gemeinsam Erklärung geblieben - ein Hinweis auf den Bedeutungsverlust dieser multilateralen Einrichtung.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Das Treffen der G7-Finanzminister in Kanada ist am Samstag ohne Annäherung im Zoll-Streit zu Ende gegangen: Die Minister und Notenbankchefs hätten gegenüber US-Finanzminister Steven Mnuchin ihre "einhellige Sorge und ihre Enttäuschung" übermittelt, sagte Kanadas Ressortchef Bill Morneau zum Abschluss der Beratungen in Whistler laut AFP.

Anders als sonst bei solchen Treffen üblich veröffentlichten die G7-Minister keine gemeinsame Abschlusserklärung - ein Ausdruck der tiefen Verwerfungen nach der Strafzoll-Entscheidung der USA.

Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire sprach nach dem Ende der Beratungen von einer "G6"-Gruppe, die dem siebten Land - den USA - eine gemeinsame Botschaft zu den Strafzöllen mitgegeben habe: "Wir sind bereit zu reagieren, aber wir bevorzugen einen anderen Weg."

Die G7-Gruppe dürfte nach der Spaltung weiter an Bedeutung verlieren. Früher war die Gruppe von acht Nationen beschickt beschickt worden (G8) und konnte nach dem Ausschluss Russlands bereits deutlich weniger Einfluss auf die Weltpolitik ausüben.

Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) warf den USA in Whistler einen Verstoß gegen gültige Vereinbarungen vor. Die Strafzölle seien "unverändert nach Sicht aller Beteiligten mit der Regulierung, mit den Regeln, die wir weltweit gefunden haben, nicht vereinbar und rechtswidrig". Der Konflikt der Europäer mit den USA wegen neuer Zölle und der amerikanischen Iran-Politik Scholz zufolge den EU-Reformprozess beschleunigen. "Ich bin fest davon überzeugt, dass die jetzige Situation dazu beitragen wird, dass es schneller vorangehen kann in Europa", sagte der SPD-Politiker am Samstag zum Abschluss des G7-Treffens laut Reuters.

US-Finanzminister Mnuchin zeigte nach Teilnehmerangaben in den Beratungen keine Bereitschaft zum Einlenken. Vor Journalisten bemühte er sich aber darzulegen, dass sein Land der G7-Gruppe nicht den Rücken kehren wolle. "Wir glauben an die G7", sagte Mnuchin zum Abschluss. "Das sind unsere wichtigsten Verbündeten oder einige unserer wichtigsten Verbündeten."

Mnuchin widersprach direkt der Einschätzung des Franzosen Le Maire: "Das waren hier nicht G6 plus eins, sondern G7." Sein Land halte aber am Ziel eines "fairen und ausgeglichenen Handels" fest, betonte der US-Minister.

Kanadas Finanzminister Morneau ließ in der geschlossenen Sitzung einen Finanzminister nach dem anderen zu Wort kommen, damit diese ihre Kritik direkt an Mnuchin richten konnten, wie aus kanadischen Kreisen verlautete. Mnuchin habe sich die Einwände angehört, aber wenig dazu gesagt, hieß es. Der US-Minister habe lediglich darauf verwiesen, dass das Thema beim G7-Gipfel kommende Woche in Kanada weiter verhandelt werde.

Der französische Minister Le Maire berichtete von "angespannten und schwierigen" Gesprächen. Er forderte die US-Regierung auf, "in den kommenden Tagen und Stunden" ein "positives Signal" an die G7-Partner zu senden, um eine Eskalation im Handelsstreit abzuwenden.

"Es liegt nun an der US-Regierung, die richtigen Entscheidungen zu treffen, um die Lage zu beruhigen und die Schwierigkeiten auszuräumen", sagte Le Maire. Die Zeit dränge.

Bei dem Treffen der sieben führenden Industriestaaten (G7) im Wintersportort Whistler waren die Strafzölle der USA auf Stahl- und Aluminiumimporte ein zentrales Thema. Trump hatte die Strafzölle in Höhe von 25 Prozent auf Stahl und zehn Prozent auf Aluminium bereits im März verhängt, die EU und die beiden US-Nachbarländer Kanada und Mexiko aber zunächst davon ausgenommen. Am Donnerstag hatte die US-Regierung dann angekündigt, ab Freitag doch Strafzölle zu erheben.

Die Europäer legten daraufhin am Freitag bei der WTO offiziell Beschwerde ein und trieben die Vorbereitung von Gegenzöllen auf US-Waren voran. Kanada reagierte ähnlich. Die Entwicklung lässt die Sorge vor einem umfassenden Handelskrieg wachsen. Zur G7-Gruppe zählen die USA, Deutschland, Kanada, Japan, Großbritannien, Frankreich und Italien.


Mehr zum Thema:  

DWN
Unternehmen
Unternehmen Neue Verträge: Nach dem KaDeWe sind auch Oberpollinger und Alsterhaus gerettet
26.07.2024

Die berühmten Flaggschiffe der deutschen Warenhäuser scheinen nach der Pleite des Immobilien-Hasardeurs René Benko endlich gerettet zu...

DWN
Politik
Politik Ukraine-Hilfsgelder von Russland: EU gibt Erträge aus dem eingefrorenen Vermögen frei
26.07.2024

Die Europäische Union hat jetzt die ersten Zinserträge aus dem im Westen eingefrorenem russischen Staatsvermögen freigegeben. Die...

DWN
Politik
Politik Der Chefredakteur kommentiert: Islamisches Zentrum Hamburg - ein längst überfälliges Verbot, Frau Faeser!
26.07.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Politik
Politik Bundeskanzler Scholz zu irregulärer Migration: „Die Zahlen müssen runter“
26.07.2024

Erwerbsmigration nach Deutschland sei erwünscht, meint der Kanzler. Problematisch findet er unerlaubte Einreisen. Eine Innenexpertin der...

DWN
Panorama
Panorama ADAC warnt: Es droht schlimmstes Stau-Wochenende der Saison
26.07.2024

Wer nun in den Urlaub fährt, sollte etwas mehr Zeit einplanen und mitunter starke Nerven haben. Der ADAC rechnet mit vielen Staus. Lassen...

DWN
Politik
Politik Außenministerin Baerbock: Seegerichtshof in Hamburg wird an Bedeutung gewinnen
26.07.2024

In Hamburg informiert sich die Außenministerin bei ihrer Sommerreise über die Arbeit des Internationalen Seegerichtshofs. Anschließend...

DWN
Finanzen
Finanzen EZB nach Stresstest: Banken haben Verbesserungsbedarf bei Cyber-Angriffen
26.07.2024

Seit der Finanzkrise 2008 wird genauer hingeschaut bei den Banken. Im Euroraum müssen sich die Institute nach Einschätzung der...

DWN
Politik
Politik Verfassungsschutz weist auf russische Sabotageversuche hin
26.07.2024

Der deutsche Inlandsgeheimdienst beobachtet schon länger verstärkte russische Geheimdienstaktivitäten. Neue Hinweise veranlassen ihn...