Deutschland

Zu hohe Schulden: Bahn verhängt Ausgaben-Stopp

Die Deutsche Bahn hat ihre Ausgaben offenbar einer strengen Kontrolle unterworfen.
08.09.2018 01:43
Lesezeit: 2 min

Die Deutsche Bahn zieht wegen steigender Schulden und sinkender Gewinne die Notbremse. Mit einem Ausgaben-Stopp wolle der Staatskonzern mit über 40 Milliarden Umsatz und gut 300.000 Mitarbeitern ein weiteres Abrutschen verhindern, sagten mehrere Konzern-Manager am Freitag der Nachrichtenagentur Reuters. Nach der sogenannten Ausgabensteuerung dürfen Bestellungen ab einer bestimmten Summe nur noch mit Sondergenehmigung in Auftrag gegeben werden. Hintergrund sei, dass sich im Nahverkehr und vor allem bei der seit Jahren kriselnden Güterbahn die Lage zuspitze. Zugleich wolle der Konzern unbedingt den Anstieg der Schulden begrenzen, der dieses Jahr die 20-Milliarden-Euro-Grenze erreichen könnte. Interne Berechnungen hätten ergeben, dass die Schulden bis 2023 ohne massives Gegensteuern auf den Rekord von 25 Milliarden klettern würden.

Eine Bahn-Sprecherin wies daraufhin, dass bereits zur Halbjahres-Bilanz auf die wirtschaftlichen Herausforderungen hingewiesen wurde. "Es ist es ein normaler unternehmerischer Vorgang hier gegenzusteuern. Ausdrücklich klar ist aber auch, dass an Maßnahmen für Qualität und Kundenzufriedenheit nicht gespart wird."

Tatsächlich gerät die Bahn von vielen Seiten unter Druck: Im Schienen-Netz hat sich laut Konzernkreisen der Investitionsstau auf rund 32 Milliarden Euro erhöht. Das Netz verliert trotz deutlich höherer Investitionen in den vergangenen Jahren so weiter an Substanz. Die Bahn verhandelt derzeit mit dem Bund zwar über mehr Geld und eine neue Finanz-Vereinbarung für Signale und Gleise. Allerdings liegt die Zahl der Baustellen schon jetzt bei gut 800, was bei laufendem Betrieb gerade noch als machbar gilt. Zuletzt waren so gerade noch gut 70 Prozent der Fernzüge mit weniger als fünf Minuten Verspätung unterwegs. So wie bisher könne es beim Netz nicht weitergehen, sagte ein Manager, der nicht genannt werden wollte. "Wir brauchen einen kompletten Neustart",

Damit liegt den Angaben zufolge inzwischen in der bahninternen Statistik selbst der Sorgenfall Güterbahn besser. Hier ist die Pünktlichkeitsgrenze bei 15 Minuten festgelegt, da die Züge im Allgemeinen nicht so zeitkritisch sind. Die Krise von DB Cargo spitzt sich dennoch weiter zu: Die Sparte werde trotz zahlreicher Sanierungsprogramme in diesem Jahr zwischen 150 und 200 Millionen Euro Verlust einfahren, sagte ein mit den Zahlen Vertrauter. Die untere Grenze könne nur durch Sondereffekte wie den Verkauf von Immobilien erreicht werden. Der Marktanteil von DB Cargo, die lange Zeit fast Monopolist auf den Schienen war, ist inzwischen auf rund 50 Prozent abgesackt.

Der Konzern kann sich auch nicht mehr auf den früher zuverlässigen Nahverkehr verlassen. Der Gewinn der Regio-Sparte ist im ersten Halbjahr schon um fast ein Drittel eingebrochen. Hintergrund ist, dass die Bahn nicht ausreichend Nahverkehrs-Verträge der Länder gewinnt. In Konzernkreisen hieß es, angesichts der Lage bei Cargo und Regio stünde jetzt wieder der Einsatz externer Berater wie etwa McKinsey zur Diskussion. Das vor gut 1,5 Jahren konzernweit gestartete Programm "Zukunft Bahn" habe weder bei Pünktlichkeit noch bei der Produktivität nennenswerte Erfolge gebracht und werde intern kaum noch erwähnt.

So gerät die Bahn auch von Seiten der Politik von mehreren Seiten unter Druck: Zum einen liefert der Staatskonzern nicht bei Pünktlichkeit und dem Ziel, mehr Güter auf die Schiene zu bekommen. Zum anderen braucht das Unternehmen mehr Geld für das Netz, zugleich sinken die Gewinne und steigen die Schulden. Der Haushaltsausschuss hatte nach der letzten Finanzspritze für den Konzern eine Verschuldungsgrenze von 20,4 Milliarden Euro gesetzt. Die könnte schon in diesem Jahr fast erreicht werden. In den Folgejahren würde die Verschuldung aber nach Angaben aus dem Konzern jährlich um rund eine Milliarde Euro steigen. Das würde auch das Rating der Bahn beeinträchtigen, was wiederum zu höheren Zinszahlungen führen würde. Diese fressen schon jetzt einen Großteil des Gewinns auf.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Machtspiele um die Raumfahrt: Wie Trump und Musk staatliche Aufträge steuern
06.04.2025

Elon Musk, CEO von SpaceX, hat als „Sonderberater“ im Bereich der Effizienzsteigerung der US-Regierung (Department of Government...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Europas Albtraum ist wahr geworden: Welche Branchen unter den neuen Handelsbarrieren leiden
06.04.2025

Die neuen Zölle von US-Präsident Trump setzen ganze Branchen unter Druck – die Auswirkungen sind spürbar. Ein Überblick über die...

DWN
Finanzen
Finanzen Nach Kupferpreis-Rekordhoch: Wie US-Zölle den Kupfermarkt beeinflussen - und was das für Anleger bedeutet
06.04.2025

Inmitten eines von Unsicherheit geprägten globalen Marktes, in dem geopolitische Spannungen und Handelskriege den Ton angeben, zeigt sich...

DWN
Technologie
Technologie Lithium-Boom in Sachsen: entdecktes Vorkommen reicht für 800.000 E-Autos
06.04.2025

Nicht nur Milliarden-Investitionen und Hunderte neue Jobs: Fällt der Goldrausch im Erzgebirge noch größer aus als gedacht? In Zinnwald...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Autozulieferer Webasto baut 650 Stellen in Deutschland ab
06.04.2025

Der angeschlagene Autozulieferer Webasto will im Zuge seiner Sanierung rund 650 Stellen in Deutschland abbauen. Der Stellenabbau soll schon...

DWN
Politik
Politik AfD löst die FDP im Bundestag ab: AfD hat die meisten Unternehmer in ihrer Fraktion
06.04.2025

Wirtschaftskompetenz in der Politik? Fehlanzeige: Immer weniger Unternehmer im Bundestag vertreten: nur noch 37 Abgeordnete mit...

DWN
Immobilien
Immobilien Drastischer Mietkostenanstieg voraus: Der Gebäude-TÜV soll kommen
06.04.2025

Das Deutsche Institut für Normung (DIN) hat Mitte Februar 2025 einen Entwurf mit Vorgaben für „Verfahren zur Überprüfung der...

DWN
Politik
Politik Russischer Angriff auf Nato-Staaten? Deutsche Sicherheitsexperten warnen vor Panikmache
05.04.2025

Ukraine-Krieg: Zahlreiche Sicherheitsexperten kritisieren Alarmismus wegen eines potenziellen russischen Angriffs. Ihre Kritik: Diplomatie...