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Tesla kämpft mit Schwierigkeiten in Produktion und Auslieferung

Tesla kämpft nach Aussage von CEO Elon Musk mit Auslieferungsproblemen.
18.09.2018 02:19
Lesezeit: 3 min

Der Elektroauto-Pionier Tesla kommt aus den Schwierigkeiten nicht heraus. Rund ein Jahr, nachdem Gründer und CEO Elon Musk zum ersten Mal von einer „Produktionshölle“ sprach, sieht sich das kalifornische Unternehmen jetzt mit einer „Auslieferungshölle“ konfrontiert, wie Musk auf Twitter verlauten ließ.

Hintergrund war die Beschwerde einer Kundin, die getwittert hatte, dass auf dem Bahnhof von Salt Lake City (US-Bundesstaat Utah) 42 Teslas stünden. Einer davon sei der von ihr Bestellte. Ursprünglich habe es geheißen, der Wagen würde am 8. September ausgeliefert werden. Dann sei der Termin auf den 15., danach auf den 20. und schließlich auf den 22. September verlegt worden. Jetzt heiße es, die Auslieferung sei auf unbegrenzte Zeit verschoben.

Musk entschuldigte sich auf Twitter: „Sorry, wir sind von der Produktionshölle in die Auslieferungshölle gekommen. Aber wir machen gute Fortschritte. Das Problem sollte schnell behoben sein.“

Probleme gibt es auch bei der rechtzeitigen Rückgabe von Fahrzeugen, die von ihren Besitzern bei Tesla zur Reparatur abgegeben wurden. Musk gab – ebenfalls auf Twitter – Fremdfirmen die Schuld. Die bräuchten für die Reparatur „Wochen bis Monate“, Tesla in der Regel nur 24 Stunden. In Kürze solle das reparierte Auto noch am gleichen Tag zurückzugeben werden, und in einiger Zeit dann sogar in weniger als einer Stunde. Ziel dabei sei es, „dass sich das Auto nach der Reparatur in besserem Zustand befindet als vor dem Unfall".

Auch in Norwegen – dem für Tesla nach den USA und China drittwichtigsten Absatzmarkt – ist der Autobauer mit Schwierigkeiten konfrontiert. Fast 120 Beschwerden reichten Kunden in den ersten sechs Monaten dieses Jahres beim staatlichen norwegischen Verbraucherrat über Tesla ein – lediglich drei Unternehmen erhielten mehr. Einen Rückschlag hinnehmen mussten die Kalifornier auch im Bereich Innovation. Im diesjährigen „Connected-Car-Innovation-Index“ des Bergisch-Gladbacher Forschungsinstituts „Center of Automotive Management“ (CAM) belegt Tesla nur noch Platz sechs (hinter VW, BMW, Daimler, Toyota und Ford). Letztes Jahr war es noch Rang drei gewesen (hinter VW und Daimler). Teslas Indexwert sank dabei von 69 auf 29 Punkte. Der Autobauer habe einen kritischen Punkt erreicht, sagte CAM-Leiter Prof. Stefan Bratzel den Deutschen Wirtschaftsnachrichten: „Musk ist immer wieder nach vorne geprescht und hat große Ankündigungen gemacht. Beispielsweise hat er von einem autonomen Piloten gesprochen – im Endeffekt handelte es sich dann aber nur um ein gewöhnliches Fahrerassistenzsystem. Die Zeit des Redenschwingens muss vorbei sein – Tesla muss jetzt liefern, sonst könnte es gefährlich werden. Eins steht fest: Ohne Tesla wäre die Elektro-Mobilität bei weitem noch nicht so fortgeschritten, wie sie es jetzt ist. Aber die amerikanische Wirtschaftsgeschichte zeigt auch, dass große Innovatoren – und das ist Tesla auf jeden Fall – sich auf dem Markt häufig nicht durchsetzen können, dass es die Etablierten sind, die im Endeffekt die Früchte der Arbeit der Pioniere ernten.“

Immerhin hat Tesla es in den letzten Monaten geschafft, die Zahl der produzierten Autos stark zu erhöhen. Marktbeobachter sind sich einig, dass die Fertigung des Model 3 – Teslas erstem Auto, das wegen seines relativ günstigen Preises von rund 35.000 Dollar für breitere Käuferschichten interessant ist – über die Zukunft des Unternehmens entscheiden wird. Das hat auch Elon Musk mehrfach betont – und kürzlich verkündet, dass zwei Farbvarianten, Silber-Metallic sowie Obsidian-Schwarz, nur noch zu einem höheren Preis erhältlich sind. Insgesamt soll Tesla für das Model 3 mehr als eine halbe Million Bestellungen erhalten haben, für die die Kunden jeweils Anzahlungen leisteten. Weil jedoch die Wartezeiten zu lange dauerten, sollen circa ein Viertel der Kunden ihre Bestellungen storniert haben, was auch dazu führte, dass Tesla weit mehr als hundert Millionen Dollar zurückzahlen musste. Was die Verkäufe des Model 3 angeht, waren die Zahlen zuletzt positiv: Im Monat August war es das mit rund 17.000 Stück fünftmeistverkaufte Auto in den USA (wobei SUVs sowie Trucks in dieser Zahl nicht enthalten sind; zählt man sie dazu, kommt das Model 3 auf den fünfzehnten Rang).

Stark nachgelassen haben Teslas Verkäufe in China. Im Zuge des amerikanisch-chinesischen Handelskriegs hat Peking die Zölle auf US-Fahrzeuge von 25 auf 40 Prozent erhöht. Nach einer Studie des Rating-Hauses „S&P Global“ ist der Export von US-Fahrzeugen im Juli dieses Jahres im Vergleich zum Juli 2017 um 315 Millionen Dollar zurückgegangen, was einem Minus von 39,2 Prozent entspricht. Bei den Elektroautos beträgt der Rückgang sogar 82,8 Prozent. Da Teslas fast den gesamten amerikanischen Export von E-Fahrzeugen nach China ausmachen, ist davon auszugehen, dass fast der gesamte Rückgang auf den kalifornischen Autobauer entfällt.

Ein absolut unvorhersehbarer Faktor in der weiteren Entwicklung von Tesla ist Elon Musk. Der 47-Jährige neigt zu erratischem Verhalten und ist äußerst launisch und impulsiv. Nach seiner – nicht wahr gemachten – Ankündigung, Tesla unter Umständen von der Börse zu nehmen, sind mehrere Klagen gegen ihn und das Unternehmen anhängig. Darüber hinaus hat Musk mehrmals kritische Analysten und Journalisten beschimpft und beleidigt (auch in diesem Zusammenhang laufen Klagen gegen ihn), während eines Live-Interviews Cannabis geraucht und immer wieder merkwürdige und von Wirtschaftsfachleuten für unseriös befundene Twitter-Nachrichten abgesetzt. Eine Reihe von Marktbeobachtern, unter ihnen der ehemalige Chef von General Motors, Bob Lutz, hat sogar schon vorgeschlagen, Musk von seinem Posten als Tesla-CEO zu entfernen.

 

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