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Friedrich Merz will neuer CDU-Chef werden

Lesezeit: 3 min
31.10.2018 00:43
Friedrick Merz vom Vermögensverwalter BlackRock hat seine Kandidatur für die Merkel-Nachfolge bekanntgegeben.
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Mit Friedrich Merz will im Dezember auf dem CDU-Parteitag in Hamburg einer der schärfsten Gegner von Angela Merkel um ihre Nachfolge als Parteichef kandidieren. Der 62 Jahre alte frühere Unionsfraktionschef teilte am Dienstag offiziell mit: «Ich habe mich nach reiflicher Überlegung und nach zahlreichen Gesprächen entschieden, auf dem Bundesparteitag in Hamburg für den Vorsitz der Christlich Demokratischen Union Deutschlands zu kandidieren.»

Damit tritt Merz bei der Wahl am 7. Dezember auf dem Parteitag in Hamburg gegen CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer, Gesundheitsminister Jens Spahn und drei weitere Bewerber an.

Merz, der vor einigen Jahren im Streit mit Merkel aus der Politik ausgeschieden war, sagte: «Angela Merkel verdient Respekt und Anerkennung für ihre Leistungen in 18 Jahren an der Spitze der Partei. Damit hat die CDU Deutschlands nun die Chance, sich neu aufzustellen und eine neue Parteiführung zu wählen.»

Der 62-Jährige fügte hinzu: «Wir brauchen in der Union Aufbruch und Erneuerung mit erfahrenen und mit jüngeren Führungspersönlichkeiten.» Merz hatte sich schrittweise aus der Politik zurückgezogen, nachdem er 2002 bei der Wahl zum Vorsitzenden der Unionsfraktion gegen Merkel unterlegen war.

Merz hat seit seinem politischen Abgang mehrere Funktionen inne. So ist er «Beauftragter für die Folgen des Brexits und die transatlantischen Beziehungen» des Landes Nordrhein-Westfalen und sitzt im Aufsichtsrat der deutschen Abteilung der britischen Großbank HSBC.

Vor allem aber wirkt er als Aufsichtsratsvorsitzender der deutschen Abteilung des Vermögensverwalters BlackRock. Er wurde von BlackRock geholt, weil für den Finanzkonzern politisches Insiderwissen von großer Bedeutung ist.

Die Süddeutsche Zeitung beschreibt den Konzern:

«Es ist ein außergewöhnlicher Konzern, für den Merz da unterwegs ist. Innerhalb von dreißig Jahren hat es Blackrock geschafft, fast überall zu sein im globalen Wirtschafts- und Finanzsystem, gemessen an seiner Bedeutung aber so gut wie unbekannt zu bleiben. Mit einem verwalteten Vermögen von schwer fassbaren 6,4 Billionen Dollar hat Firmengründer Larry Fink einen Riesen geformt, die größte Fondsgesellschaft der Welt. Blackrock ist bei etlichen Konzernen der größte Aktionär, darunter ein Drittel der Dax-Firmen. Zehntausende Banker weltweit nutzen die hauseigene Analysesoftware Aladdin, um die Risiken von Vermögenswerten zu berechnen. Blackrock-Berater arbeiten regelmäßig für Notenbanken, etwa die Europäische Zentralbank. Als während der Krise aus 18 griechischen Banken vier wurden, hatte Blackrock den Plan dazu geschmiedet.»

Christian von Stetten, Chef des Parlamentskreises Mittelstand in der Unionsfraktion, hält Merz für einen guten Kandidaten, so die dpa: «Als Parteivorsitzender wird Friedrich Merz den CDU-Mitgliedern und Anhängern die verlorene Würde und ihren Stolz zurückgeben.» Der Generalsekretär des CDU-Wirtschaftsrates, Wolfgang Steiger, betonte, nötig sei ein inhaltliches und personelles Gesamtangebot, das die CDU wieder zu einer erfolgreichen Volkspartei mache.

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet ließ eine Kandidatur beim Parteitag bisher offen. CDU-Vize Julia Klöckner will Merkel nicht beerben. Sie habe nicht vor anzutreten, sagte sie dem Radiosender SWR1. Klöckner forderte, dass es auch beim Groko-Partner SPD Konsequenzen gibt. Der «Mainzer Allgemeinen Zeitung» (Mittwoch) sagte sie, die SPD müsse endlich klären, wer das Sagen habe: «Andrea Nahles, Olaf Scholz oder der linke Parteiflügel.»

Merkel hatte am Montag nach den schweren Verlusten ihrer Partei bei der Landtagswahl in Hessen angekündigt, beim CDU-Parteitag im Dezember nach 18 Jahren an der Spitze nicht mehr für den Parteivorsitz zu kandidieren. Kanzlerin will sie aber bis 2021 bleiben - sofern die große Koalition bis dahin hält.

In der SPD wird vor allem Seehofers Agieren als Innenminister und CSU-Chef eine Hauptschuld für das schlechte Erscheinungsbild der Regierung gegeben. Parteichefin Nahles verlangt bis Dezember eine Klärung, «wie die Union ihre inhaltlichen und personellen Konflikte so lösen will, dass die Regierungsarbeit davon nicht weiter negativ berührt wird».

In der CSU wird seit den massiven Verlusten bei der bayerischen Landtagswahl über die Einberufung eines Sonderparteitages Anfang Dezember mit vorgezogenen Vorstandswahlen diskutiert. Zunächst will die Parteiführung die Koalitionsverhandlungen mit den Freien Wählern abschließen. In der CSU gibt es seit der Wahl am 14. Oktober auf praktisch allen politischen Ebenen Forderungen an Seehofer, den CSU-Vorsitz aufzugeben. Seine Amtszeit endet eigentlich Ende 2019.

Bei der SPD gibt es vorerst keine personellen Konsequenzen, Parteichefin Andrea Nahles ist auch erst sechs Monate im Amt. Doch nach den riesigen Verlusten in Bayern wie Hessen von jeweils 10,9 Prozentpunkten und dem Umfrageabsturz im Bund auf 14 bis 15 Prozent hinter Union, Grüne und AfD will Nahles das Profil schärfen und interne Konflikte etwa in der Kohle- und Klimapolitik schneller als geplant klären.

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Philipp Amthor zeigte sich offen für eine Urwahl der Merkel-Nachfolge. Ein solches Verfahren, wenn es denn möglich sei, könne eine «breite Akzeptanz für den neuen Parteichef in der CDU schaffen», sagte Amthor der «HuffPost». Vom neuen CDU-Chef erwartet er «Zukunftsmut und Debattenkultur». «Wir brauchen einen selbstbewussten Patriotismus ... Wir müssen zum Beispiel das Thema Leitkultur schärfen», sagte Amthor und hat dabei offensichtlich Merz im Blick, der dieses Thema gesetzt hatte.


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