Finanzen

Banken-Krise Italien: Sparguthaben in Milliarden-Höhe unsicher

Lesezeit: 3 min
04.01.2019 17:23
Im Fall eines Kollapses der Banca Carige stünden Sparguthaben im Umfang von fast 10 Milliarden Euro im Feuer.
Banken-Krise Italien: Sparguthaben in Milliarden-Höhe unsicher

Mehr zum Thema:  
Europa >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Europa  

Italienische Banken müssten bei einer möglichen Abwicklung des Kriseninstituts Banca Carige tief in die Tasche greifen. Der von den heimischen Geldhäusern getragene Einlagensicherungsfonds (FITD) müsste dann für Sparkonten über bis zu 9,4 Milliarden Euro geradestehen, behauptet ein namentlich nicht genannter Insider des Fonds am Donnerstag laut Reuters.

Im vergangenen Jahr hatte der FITD Carige 320 Millionen Euro über eine Wandelanleihe geliehen. Damit sollte das Institut bis zu einer 400 Millionen Euro schweren Kapitalerhöhung gestützt werden. Diese platzte aber im Dezember, da ein Großaktionär nicht mitzog.

Nach mehreren gescheiterten Versuchen, Carige zu stabilisieren, hat die Europäische Zentralbank (EZB) inzwischen drei Interimsverwalter und einen Überwachungsausschuss für das Institut eingesetzt. Durch die Zwangsverwaltung wollen die Aufseher dafür sorgen, dass die Bank in ruhigere Fahrwasser kommt und ihre Kapitalvorgaben wieder erfüllt.

Im Ringen um die Zukunft der Bank schaltet sich einem Insider zufolge möglicherweise der Staat ein. Es habe Vorgespräche gegeben zwischen der "Bad Bank" des Finanzministeriums und dem Geldhaus über den Erwerb von faulen Krediten, sagte eine mit der Situation vertraute, namentlich nicht genannte Person am Freitag der Nachrichtenagentur Reuters.

Zuvor hatte die Zeitung Il Messaggero am Freitag berichtet, es gehe um die Übernahme eines guten Teils von Problemdarlehen im Volumen von 3,7 Milliarden Euro. Die Bilanz von Carige solle auf diesem Weg aufgebessert werden, um das Geldhaus so für mögliche Fusionspartner attraktiver zu machen. Die "Bad Bank" zur Abwicklung notleidender Kredite war bereits bei der Rettung der Banca Monte dei Paschi di Siena und zweier Institute aus dem Veneto zum Einsatz gekommen.

Sollte beim Verkauf von Problemdarlehen der Banca Carige auf Staatsgelder zurückgegriffen werden, wäre dies allerdings politisch heikel. Denn als Lehre aus der Finanzkrise soll ein einheitlicher Abwicklungsmechanismus (SRM) in der EU eigentlich verhindern, dass erneut der Steuerzahler bei Bankenrettungen zur Kasse gebeten wird.

Wie die Zeitung weiter berichtete sitzt das in Genua ansässige Geldhaus auf Darlehen im Volumen von rund zwei Milliarden Euro, die wahrscheinlich nicht mehr zurückgezahlt würden. Dazu kämen Wackelkredite im Umfang von 1,7 Milliarden Euro. Zitiert wurde zudem ein Brief der Europäischen Zentralbank (EZB) an Carige, wonach das Geldhaus eine Reihe von anhaltend kritischen Problemen beim Kapital, bei der Liquidität und der Unternehmensführung aufweise.

Der unabhängige Finanzexperte Achim Dübel glaubt, dass sich die Suche nach einem Käufer schwierig wird, wie er den Deutschen Wirtschaftsnachrichten sagte:

„Die Kapitalerhöhung steht seit geraumer Zeit im Raum und wurde durch die Eigentümerfamilie nun verweigert. Die Zwangsverwaltung ist die Konsequenz.

Die Suche nach einem strategischen Partner ist mit Hilfe einer Investmentbank in Gang gesetzt worden, es bieten sich derzeit aber keine unmittelbaren Käufer an.

Da ist zunächst ist der italienische Einlagensicherungsfonds, der eine nachrangige Wandelanleihe der Bank hält, deren Wandelungsoption er jedoch zum jetzigen Aktienkurs kaum ausüben wird.

Der Aktienkurs der ebenfalls als Käufer gehandelten Mailaender Bank Unicredit liegt am Boden und auch die Alternative Banca Intesa hat bessere Zeiten gesehen. Selbst wenn, der Kaufpreis der Carige gering sein wird, so werden diese schon vielfach in Italien bereits als Retter aufgetretenen Großbanken angesichts fallender Risikofreude an den Märkten, die die eigenen Kurse und diejenigen italienischer Staatstitel belastet, wenig Interesse daran haben, weitere Risiken aufzunehmen.

Beide Optionen lösen zudem das inzwischen systemische Kapitalproblem im italienienischen Bankensektor nicht. Die fast 8 Milliarden Euro, die man Privatinvestoren im Fall Banca Monte dei Paschi di Siena bei den Rekapitalisierungen 2014/15 aus der Tasche gezogen hat – faktisch ein Totalverlust - rächen sich jetzt bitter für Italien.

Von außen wird niemand mehr ohne massive vorherige Gläubigerbeteiligung oder staatliche Hilfen in eine italienische Bank investieren. Gläubigerbeteiligung bei Regionalbanken ist aber in Italien, wie im übrigen auch in Deutschland, Anathema. Zudem traut sich niemand an die zuvor notwendigen Abschreibungen heran, denn dann müssten andere Banken nachziehen.

Man könnte den Verkaufs- bzw. Beteiligungsprozess scheitern lassen, und dann könnte die EZB dem SRB die Bank zur Abwicklung übergeben. Aber ich denke, das wäre sowohl aus italienischer als auch aus Sicht der EU für eine Regionalbank die letzte Wahl.

Es wird sich also wahrscheinlich, wie bereits in den Fällen Vicenza und Veneto, ein Kampf zwischen EU und italienischer Regierung um staatliche Aktivaabschirmungen und andere Formen Kapitalhilfen entwickeln, die am Ende einem der oben genannten inneritalienischen Käufer der letzten Instanz zugute kommen werden.“


Mehr zum Thema:  
Europa >

Anzeige
DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Yulin Delegation - Erfolgreich veranstaltetes Wirtschafts- und Handelsaustauschtreffen in Berlin

Am 25. April 2024 organisierte eine Delegation aus der chinesischen Stadt Yulin ein erfolgreiches Wirtschafts- und Handelsaustauschtreffen...

DWN
Politik
Politik Heimatschutz: Immer mehr Bürger dienen dem Land und leisten „Wehrdienst light"
01.05.2024

Ob Boris Pistorius (SPD) das große Ziel erreicht, die Truppe auf über 200.000 Soldaten aufzustocken bis 2031 ist noch nicht ausgemacht....

DWN
Immobilien
Immobilien Balkonkraftwerk mit Speicher: Solarpaket könnte Boom auslösen - lohnt sich der Einbau?
01.05.2024

Balkonkraftwerke aus Steckersolargeräten werden immer beliebter in Deutschland. Insgesamt gibt es aktuell über 400.000 dieser sogenannten...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Weltweite Aufrüstung verschärft Knappheit im Metallsektor
01.05.2024

Die geopolitischen Risiken sind derzeit so groß wie seit den Hochzeiten des Kalten Krieges nicht mehr. Gewaltige Investitionen fließen in...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Nachhaltigkeit als Schlüsselfaktor für Unternehmenserfolg
01.05.2024

Die Studie „Corporate Sustainability im Mittelstand“ zeigt, dass der Großteil der mittelständischen Unternehmen bereits Maßnahmen...

DWN
Finanzen
Finanzen Private Pflegezusatzversicherungen: Wichtige Absicherung mit vielen Varianten
01.05.2024

Die gesetzliche Pflegeversicherung reicht oft nicht aus, um die Kosten im Pflegefall zu decken. Welche privaten Zusatzversicherungen bieten...

DWN
Unternehmen
Unternehmen 22-Prozent unbezahlte Überstunden: Wenn Spitzenkräfte gratis arbeiten
01.05.2024

Arbeitszeit am Limit: Wer leistet in Deutschland die meisten Überstunden – oft ohne finanziellen Ausgleich? Eine Analyse zeigt,...

DWN
Finanzen
Finanzen Die größten Kostenfallen: So sparen Sie bei Fonds, Aktien und Co.
01.05.2024

Viele Anleger unterschätzen die Wirkung von Anlagekosten. Dabei sind Fondsgebühren, Orderkosten und Co. auf lange Sicht enorm...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Konsumstimmung steigt: Die Deutschen shoppen wieder
01.05.2024

Laut aktuellen Erhebungen der GfK steigt die Konsumstimmung in Deutschland für den Mai auf ein Zwei-Jahres-Hoch. Ausschlaggebend sind...