Der Kurs der türkischen Lira zum Dollar ist nach dem Entscheid der Zentralbank am Donnerstag schwer eingebrochen. Der Kursverlust betrug über 1,5 Prozent. Damit müssen für einen Dollar nun rund 5,97 Lira gezahlt werden.
Die türkische Notenbank behält angesichts der fragilen Währung und der hohen Inflationsrate den Leitzins von 24 Prozent bei. Zur Begründung verwies die Zentralbank am Donnerstag nach einer monatlichen Sitzung zum Thema auf höhere Lebensmittel- und Importpreise und die Erwartungen einer weiterhin hohen Inflation. Deshalb habe man entschieden, den „straffen geldpolitischen Kurs“ fortzusetzen, bis die Inflationsaussichten „bedeutend besser“ aussähen.
Die Lira war in den vergangenen Wochen wieder mehrfach unter Druck geraten, nachdem sie 2018 unter anderem wegen eines politischen Konflikts mit den USA zeitweise im Verhältnis zum Euro bis zu 40 Prozent an Wert verloren hatte. Das hatte auch die Inflation angeheizt. Die lag im Herbst 2018 zum ersten Mal seit 15 Jahren bei mehr als 25 Prozent. Derzeit liegt sie bei rund 20 Prozent.
Als Grund für die jüngste Schwäche der Währung werden von der Nachrichtenagentur dpa die Streitigkeiten um die Kommunalwahl in Istanbul, der größten Stadt des Landes und der Schaltzentrale der Wirtschaft, genannt. Die Regierungspartei AKP hatte das wichtigste Bürgermeisteramt des Landes Ende März hauchdünn an den Oppositionskandidaten Ekrem Imamoglu verloren. Daraufhin verlangte sie von der Wahlbehörde eine Neuwahl. Diese hat ihre Entscheidung noch nicht bekannt gegeben. Ausländische Investoren betrachten das Tauziehen um die politische Macht mit Misstrauen.
Die Türkisch-Europäische Stiftung für Bildung und Forschung (TAVAK) führt in einer Mitteilung, die den Deutschen Wirtschaftsnachrichten vorliegt aus, dass die Türkei im aktuellen Jahr zur Ländergruppe mit einem Negativwachstum gehören wird.
TAVAK-Chef Faruk Şen wörtlich: “Wir setzen eine reale Inflation von über 30 Prozent voraus. Obwohl der Export angestiegen ist, führt das nicht zur Senkung der Jugendarbeitslosigkeit, die mittlerweile bei über 26,7 Prozent liegt. Im aktuellen Jahr muss die türkische Wirtschaft und der Staat Tilgungen für Auslandsschulden in Höhe von 190 Milliarden Dollar vornehmen. Der Großteil der Auslandsschulden ist auf die Privatwirtschaft zurückzuführen und der Staat hat den Unternehmen Garantien zugebilligt. Problematisch ist, dass die Länder, die sich beim IWF verschuldet haben, Kredite mit einem Zinssatz von durchschnittlich 4,5 Prozent aufgenommen haben. Wir haben uns mit einem durchschnittlichen Zinssatz verschuldet, der bei über elf Prozent liegt. Die erwarteten Deviseneinnahmen aus dem Tourismusgewerbe werden nicht ausreichen, um die Schulden zu tilgen. Die Türkei muss verhindern, dass neben den Großunternehmen auch türkische Kleine- und Mittelständische Unternehmen (KMU) ihre Vermögenswerte nach Europa verlagern.”