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„Fiat-Chrysler und Renault könnte Sinn machen“

Lesezeit: 5 min
01.06.2019 16:22
Das Verhältnis zwischen Renault und seinem Partner Nissan-Mitsubishi ist seit dem Sturz des Top-Managers Carlos Ghosn sichtlich abgekühlt.

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Der Automobil-Experte Ferdinand Dudenhöffer vom CAR-Center der Universität Duisburg-Essen hat die derzeitige Situation bei Renault analysiert.

Das Verhältnis zwischen Renault und seinem Partner Nissan-Mitsubishi ist seit dem

Sturz des Renault-Managers Carlos Ghosn sichtlich abgekühlt. Ghosn wollte aus der französisch-japanischen Allianz eine Fusion machen, was offensichtlich bei den Japanern auf wenig Gegenliebe stieß beziehungsweise stößt. Nissan-Mitsubishi ist nämlich mittlerweile der stärkere Partner in der Allianz. Das wächst sich für Renault zu einem größeren Problem aus, was die nachstehenden Verkaufszahlen des Jahres 2018 nur zu deutlich zeigen.

Insgesamt hat die Allianz im letzten Jahr 10,756 Millionen Fahrzeuge verkauft (nur etwas weniger als der VW-Konzern, der auf 10,9 Millionen kam). Renault mit seinen Marken Dacia, Samsung und Lada hat allerdings nur mit 3,884 Millionen Neuwagen dazu beigetragen. Das entspricht einem Anteil von 36 Prozent - daraus den Anspruch abzuleiten, die führende Rolle innerhalb der Allianz einzunehmen, ist in den Augen der Japaner verständlicherweise nicht akzeptabel.

Renault ist im zweitgrößten Automarkt der Welt, USA, nicht vertreten, und der Absatz im Asien-Pazifik-Raum – also dem größten Markt der Welt – betrug 2018 gerade mal 330.000 Fahrzeuge. Damit sind die Franzosen in China so gut wie überhaupt nicht sichtbar. Nissan dagegen ist sowohl in den USA als auch im Reich der Mitte stark präsent. Renault verkauft 50 Prozent seiner Fahrzeuge in Europa und knapp 20 Prozent in Eurasien, sprich Russland, Türkei, Rumänien, Ukraine und einigen weiteren kleineren Märkten der Region. Dazu kommen dann noch Südamerika, Nordafrika, der Mittlere Osten sowie Indien.

Dabei profitiert Renault nicht nur als Aktionär von Nissan, sondern auch durch die Gleichteile und Einkaufsstrategien der Allianz. Genau hier wollte der frühere CEO Carlos Ghosn ansetzen und die Kosteneinsparungen durch die komplette Integration der Allianzpartner nochmals erhöhen. Derzeit sieht es allerdings eher so als, aus würde man sich weiter voneinander wegbewegen, dass heißt, die bisherigen Kostenvorteile könnten sich im Laufe der Zeit „verwässern“.

Renault kann mit FCA Eigenständigkeit und Scales verbinden

Die Schwäche der Allianz ist für Renault ein Risiko. Die Franzosen sitzen am kürzeren Hebel, obwohl man ein wichtiges Aktienpaket von Nissan besitzt. Für Renault macht es daher Sinn, über eine Hedging-Strategie nachzudenken.

Fiat-Chrysler (FCA) ist in Europa schwach aufgestellt, nennt eine überalterte Modellpalette sein Eigen und hat keine Elektroautos in der Pipeline. Man lebt bei Fiat mehr oder weniger von dem in die Jahre gekommenen Fiat 500. Der frühere FCA-Manager Sergio Marchionne hat Produkt-Investitionen in Europa gestrichen und gleichzeitig die Fabriken verschlankt. FCA verkauft seine Autos überwiegend in Nordamerika, wie Tabelle 2 zeigt.

Mehr als 50 Prozent der Neuwagen von FCA wurden 2018 im NAFTA-Raum abgesetzt. Mehr als deckungsgleich zum Absatz von FCA verhält sich der operative Gewinne (EBIT-Gewinn) der einzelnen Regionen (vgl. Tabelle 3): FCA macht mehr als 90 Prozent seiner Gewinne in den NAFTA-Ländern. Europa ist lediglich ein teures Anhängsel und China ein Verlustpflaster mit wenigen Verkäufen. FCA ist deutlich schwächer als seine Bilanz-Kennzahlen und der Annual Report es ausweisen. Annual Report und Bilanzen beschreiben nämlich primär die Vergangenheit, nicht unbedingt die Zukunft. Mit überschaubaren Produkt-Innovationen entstehen die US-Gewinne durch die US-Marken Jeep, RAM, Dodge mit SUV und Pick-Up. Alles sind Fahrzeuge mit „old technology“, also wenig innovativ. Damit hat FCA ein erhebliches Risiko im Produktportfolio. Mit 4,8 Millionen Verkäufen und dünnen Produktportfolio ist es schwer, in die Ära der Elektroautos einzusteigen und zusätzlich das automatisierte Fahren nach vorne zu treiben.

FCA braucht einen Partner für neue Produkte, und Renault muß sein Hedging gegenüber seinem Allianz-Partner verbessern. Zusammen kämen FCA-Renault und Nissan-Mitsubishi zwar auf mehr als 15,6 Millionen Neuwagenverkäufe. Aber ob die Allianz klappt, ist ein zweites Thema. Ein Zusammengehen würde jede Menge Synergien entstehen lassen. Aber gleichzeitig auch jede Menge an Empfindlichkeiten und Komplexitäten. Es sieht eher danach aus, also würde Renault seinen eigenen Weg mit FCA gehen.

Im letzten Jahr haben Renault und FCA noch einigermaßen verträgliche Renditen geschrieben. Aber der US-Markt wird schwerer, und in Europa drohen hohe Strafzahlungen, wenn die erlaubten CO2-Werte überschritten werden.

Einschließlich der Finanzdienstleistungs-Sparte hat Renault letztes Jahr pro verkauftem Neuwagen 930 Euro Gewinn vor Steuern erzielt, bei FCA waren es 848 Euro, bei PSA-Opel 1.467 Euro, beim VW-Konzern 1.277 Euro, wie die obenstehende Graphik zeigt. Bei PSA ist in diesen Zahlen auch noch die Zulieferabteilung "Faurecia" enthalten, was eine "Verzerrung" beim absoluten Betrag bedeutet.

Fazit: Fusion würde für beide Sinn machen

Auf Grundlage der Daten lässt sich konstatieren, dass ein Zusammengehen von Renault und FCA Sinn machen würde. FCA ist schon lange kein italienisches Unternehmen mehr, sondern hat seinen Firmensitz in Amsterdam beziehungsweise London. Das Geld wird in den USA verdient. Damit ist Fiat auch kein nationales Heiligtum in Italien mehr. Also kann der Besitzer – die Familie Agnelli - das Unternehmen verkaufen beziehungsweise sich mit Renault-Aktien und vielleicht sogar mit Nissan-Aktien auszahlen lassen.

Natürlich wird die Fusion kein einfacher Weg. Das Modell PSA-Opel könnte sich wiederholen, sprich, Fiat schlüpft bildlich gesprochen in die Rolle von Opel, was für die Italiener sicher nicht vergnügungssteuerpflichtig wäre. Beispielsweise benötigen Renault und Fiat sicherlich keine zwei Entwicklungszentren in Paris und Turin. Wie schwierig mittlerweile die Marke Fiat in Europa, definiert als EU+EFTA, ist, zeigt die Graphik. Der Marktanteil ist auf 4,6 Prozent im Jahr 2018 abgefallen.

Die Autowelt ändert sich derzeit radikal. Hohe Ausgaben für Elektromobilität, schwächere Märkte, ein unberechenbarer US-Präsident, Vorbereitung auf die Welt des teilautonomen beziehungsweise autonomen Fahren. Renault und FCA hätten in dieser Gemengelage durch das Zusammenlegen die Chance, sich besser zu positionieren. Die kleineren Autobauer, wie Ford in Europa, würde damit weiter unter Druck geraten. In Europa und in der gesamten Autowelt schreitet der Wandel schnell voran. Es wird die größte Veränderung seit der Serieneinführung von Autos geben. Kooperationen und Fusionen kommen immer stärker auf die Agenda. Das haben beispielsweise die Gemeinschaftsaktivitäten und Joint Ventures von BMW und Daimler bei "Mobility Services" gezeigt. "Jaguar Land Rover" steckt in einer schwierigen Lage, die neuen Chinesen wie Geely und Great Wall werden stärker. UBER und Didi, die Fahrdienstleister verändern das Mobilitätsverhalten. Kurz gesagt: Es scheint kein Stein auf dem anderen zu bleiben. FAC-Renault ist eine Etappe auf einem langen Rennen.

Anhang: Marktanteile Europa, definiert als EU +EFTA

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Prof. Dr. Ferdinand Dudenhöffer ist Direktor des CAR-Instituts an der Universität Duisburg-Essen sowie Inhaber des Lehrstuhls für allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Automobilwirtschaft an der Universität Duisburg-Essen.


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