Die großen europäischen Banken warnen, dass sie ab September mehr als ein Viertel der Online-Bezahlvorgänge nicht mehr durchführen können. Denn sie sind noch nicht ausreichend auf die dann einsetzenden neuen EU-Vorschriften vorbereitet und fordern nun dringend mehr Zeit für die Umstellung.
In einem Schreiben an die EU-Kommission und an die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) fordern die Fachverbände des Bankensektors eine EU-weite Anstrengung zur Bewältigung der durch die neuen Vorschriften verursachten Risiken.
Zu den Unterzeichnern dieses Schreibens der Bankenbranche vom Dienstag, das der Financial Times vorliegt, gehören auch die Europäische Sparkassenvereinigung und der Europäische Verband der Genossenschaftsbanken.
Neue EU-Richtlinie bringt Probleme für Online-Zahlungen
Die von der EU geplanten Änderungen sind Teil der Zweiten Zahlungsdiensterichtlinie. Sie erfordern, dass die meisten Online-Zahlungen über mehr als 30 Euro eine zusätzliche Verifizierungsstufe durchlaufen, wie zum Beispiel die Eingabe eines per SMS erhaltenen Codes.
Die Banken befürchten, dass die ihnen zur Vorbereitung eingeräumte Zeit nicht ausreicht. Die Verantwortlichen sagten, dass einige der neuen Systeme noch nicht im großen Maßstab getestet worden seien. Viele kleinere Unternehmen hätten noch keinen Zugang zu der notwendigen Software.
Untersuchungen des britischen Branchenverbands schätzen, dass ohne signifikante Änderungen der EU-Richtlinie zwischen 25 und 30 Prozent der Transaktionen mit E-Commerce-Karten unmöglich werden.
"Wir sind besorgt über die wahrscheinlichen negativen Auswirkungen auf den Markt, welche die Anwendung dieser Regeln verursachen könnte, da schätzungsweise 30 Prozent der Transaktionen mit E-Commerce-Karten abgelehnt werden dürften", so das Schreiben der Fachverbände vom Dienstag.
Das Schreiben besagt, dass die Regeln zu einem "massiven Umsatzverlust für Händler", zu schwerwiegenden Störungen für die Verbraucher und zu einer Flut von Beschwerden führen könnten, die "den regelmäßigen Kundendienst unserer Mitglieder überfordern würden".
Auch Online-Händler schlagen Alarm
Die Warnung der Bankenverbände, die zusammen mehr als 5.000 Kreditgeber vertreten, folgt ähnlichen Beschwerden von E-Commerce-Gruppen und Zahlungsabwicklern wie Amazon und Stripe in der letzten Woche.
Die in letzter Minute durchgeführte Verschärfung der Vorschriften wurde mit der Einführung der Allgemeinen Datenschutzverordnung im vergangenen Jahr verglichen, welche die Vorschriften für den Umgang von Unternehmen mit personenbezogenen Daten verschärft hat.
Die Verantwortung für die Durchsetzung der Vorschriften liegt bei nationalen Behörden. Einige, darunter die britische Financial Conduct Authority, haben bereits ihre Bereitschaft signalisiert, eine 18-monatige Übergangsfrist zu unterstützen, sagen Teilnehmer an Diskussionen mit der Regulierungsbehörde.
Die Branchenverbände wünschen sich jedoch einen EU-weiten Ansatz, um für Unternehmen in verschiedenen Ländern "gleiche Wettbewerbsbedingungen" zu schaffen und zusätzliche Komplikationen für grenzüberschreitende Gruppen zu vermeiden.
Ein Sprecher der EU-Kommission sagte, dass "die Branche mehr als drei Jahre Zeit hatte, sich auf die neuen Anforderungen vorzubereiten". Zudem habe man verschiedene Ratgeber und technische Hinweise veröffentlicht, um den Weg für das Inkrafttreten der neuen Vorschriften zu ebnen.