Politik

Handelsstreit zwischen Japan und Korea gefährdet Chip-Produktion

Lesezeit: 2 min
08.07.2019 17:18
Japan startet Exportkontrollen für Materialien, die von Koreas Halbleiter- und Technologiefirmen dringend benötigt werden. Es drohen weltweite Lieferprobleme von Elektronikprodukten.
Handelsstreit zwischen Japan und Korea gefährdet Chip-Produktion
Der südkoreanische Präsident Moon Jae-in (r) und der japanische Premierminister Shinzo Abe treffen sich am 07.07.2017 in Hamburg für Gespräche beim G20-Gipfel. (Foto: dpa)

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Im Handelskrieg zwischen den USA und China herrscht Waffenstillstand. Doch nun droht ein neuer Handelsstreit zwischen Japan und Korea die weltweiten Lieferketten im Technologiesektor zu unterbrechen.

Am Dienstag hat Japan unerwartet angekündigt, dass es strengere Exportkontrollen für weitere Waren erwägt, die nach Südkorea geliefert werden. Tokio will in einem bilateralen Streit über eine Entschädigung für Kriegsarbeit den Druck auf Seoul erhöhen.

Zu den betroffenen Waren gehören nun möglicherweise auch elektronische Teile und verwandte Materialien, die für militärische Zwecke genutzt werden können, berichtet die Japan Times.

Japan hat angekündigt, dass Hersteller Anträge müssen, wenn sie drei Materialien - Polyimide, Fotolack und Ätzgas - nach Südkorea exportieren wollen, die für die Herstellung von Halbleitern und Displays für Smartphones und Fernseher verwendet werden.

"Wir können die Präferenz, die bisher gewährt wurde, nicht gewähren, da das andere Land sein Versprechen nicht gehalten hat", sagte Premier Shinzo Abe am Mittwoch während einer TV-Debatte. "Das verstößt überhaupt nicht gegen die WTO-Abkommen."

Unterdessen hat Seoul, das den Schritt als im Widerspruch zum Geist des Freihandels sieht, damit gedroht, bei der Welthandelsorganisation (WTO) eine Beschwerde gegen Japan einzureichen.

Südkorea produziert den größten Teil der Speicherchips der Welt. Daher drohen Japans neue Exportkontrollen sich auf die gesamte globale Elektronikfertigung auszuwirken. Zudem zieht Seoul Vergeltungsmaßnahmen in Betracht.

Das Problem mit den japanischen Exportkontrollen ist, dass die Überprüfung von Exporten nach Angaben der Regierung etwa drei Monate dauern wird. Doch Südkoreas Chiphersteller halten in der Regel nur Teile und Materialien für ein bis zwei Monate vor.

Eine Quelle beim Chiphersteller SK Hynix sagte zu Nikkei, dass das Unternehmen keine drei Monate Lagerbestand hat. Der Chiphersteller müsste die Produktion einstellen, wenn er nicht so lange die notwendigen Materialien aus Japan beziehen kann.

Handelsstreit zwischen Japan und Korea hätte Folgen weltweit

Südkoreas Unternehmen kontrollieren 70 Prozent des Weltmarktes für DRAM-Speicher und 50 Prozent des Weltmarktes für NAND-Flash-Speicher. Samsung ist gemessen am Umsatz führend auf dem globalen Chipmarkt, SK Hynix liegt auf Platz drei.

Diese Speicherchips finden sich zum Beispiel in Apples iPhone und den Handys von Huawei, in den Personalcomputern von HP und Lenovo und in den Fernsehern von Sony und Panasonic. Daher könnten Japans Exportkontrollen auch nach hinten losgehen.

"Wenn sich die Lieferung von Dingen wie Speicher aus Südkorea verzögert und die Produktion von Apples iPhone fällt, könnte dies einen Einfluss auf unsere Versorgung haben", sagte ein Vertreter eines großen japanischen Elektrogeräteherstellers.

Japan plant auch, Südkorea bis August von einer "weißen Liste" für den Export zu streichen, auf der sich 27 befreundete Ländern befinden, darunter die USA, Deutschland und Frankreich.

Dies bedeutet, dass der Versand von Produkten mit potenziellen militärischen Anwendungen der Genehmigung der Regierung bedarf. Kein Land wurde jemals von der dieser Liste gestrichen.

Tokio nannte als Grund für die Kontrollen eine sich verschlechternde Beziehung zu Seoul. Bereits im Juni begann Japan, die Inspektionen einiger südkoreanischer Meeresfrüchte zu verstärken.

Dies war angeblich eine Vergeltung für die anhaltenden Beschränkungen der Nahrungsmitteleinfuhren aus Gebieten, die von der japanischen Atomkatastrophe Fukushima Daiichi im Jahr 2011 betroffen sind.

Als Reaktion auf die plötzliche Handelsaggression hat der südkoreanische Vize-Außenminister Cho Sei-young den japanischen Botschafter Yasumasa Nakamine einberufen und eine Aufhebung der Exportkontrollen gefordert.

Das südkoreanische Ministerium für Handel, Industrie und Energie sagte auch, dass es mit "geeigneten Maßnahmen" reagieren werde, einschließlich der Einreichung einer Beschwerde bei der Welthandelsorganisation (WTO).

"Dies ist ein Bereich, in dem Japan selbstständig Entscheidungen treffen kann, so dass es wahrscheinlich kein Verstoß ist", sagte Keisuke Hanyuda, Partner bei Deloitte Tohmatsu Consulting in Japan.

Doch laut Yuka Fukunaga, einem Professor an der Waseda University in Tokio, könnten die Kontrollen sehr wohl gegen WTO-Abkommen verstoßen.

In jedem Fall wären die Folgen für den Welthandel verheerend, wenn die Handelsbeziehungen zwischen Japan und Südkorea zusammenbrechen würden, den beiden führenden Nationen in der globalen Halbleiter- und Technologieproduktion.


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